Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

Gewerbeförderung. 
richtsräume. — 3. Unterstützung einzel- 
ner Gew Tr. zu ihrer Ausbildung mittels 
Besuchs v. Fachschulen, Fachkursen u. dol. 
Bes. begabten und fleißigen Schülern der von der 
Zst. selbst unterhaltenen oder ihrer Aufsicht unter- 
stellten Fachschulen kann das Schulgeld nach- 
gelassen, u. U. auch ein Beitrag zu den Aus- 
bildungskosten gewährt werden; über Beiträge f. d. 
Meisterkurse s. o. IV. 1. Außerdem gewährt aber 
die Zst. an würdige, bedürftige und talentvolle 
Gew#Tr. w. Staatsangehkt auch zu dem mit größe- 
rem Aufwand verb. Besuch anderer w. und 
außerhalb W. gel., öff. und privater Fachschulen, 
Kunstgewoch., Baugewöch. und länger dauernder 
Fachkurse Unterstützungen. Zur Unterst. unbemit- 
telter w. Handwerksgehilfen und -Lehr- 
linge für ihre Ausbildung, bes. an ausw. 
Schulen, sind ferner die Erträgnisse des in Verw. 
der Zst. stehenden sog. „gew. Stiftungsfonds“ be- 
stimmt. — Steinbeisstiftung. Diese den 
Namen des früh. Präs. der Zst. tragende St. ist 
1869 in Anerkennung des Wirkens dieses Beamten 
von einer großen Zahl w. Industrieller zur 
dauernden Verfolgung höherer gew. Zwecke ins 
Leben gerufen worden. Zweck der St. ist, „die 
Förderung der höheren Ausbildung für eine ma- 
teriell-produzierende Arbeitstätigkeit durch gleich- 
zeitigen theoret. und prakt. Unterricht für solche, 
die innerh. oder außerh. W. als W. geb. sind und 
sich entw. in W. aufhalten oder wieder nach W. 
zurückgekehrt sind“. Er soll „angestrebt werden 
durch die Errichtung eines . gewerbl. Stifts, in 
dem nach erfolgtem öff. Aufruf der Bewerbung 
entweder männl. oder weibl. Studierende freie 
Wohnung, Verpflegung und Kleidung erhalten, da- 
bei aber gehalten sein sollen, einen mäßigen Teil 
des auf sie zu machenden Aufwands aus gleich- 
zeitigem Arbeitsverdienst in ihrem Fach zu er- 
setzen“. Es wird jährlich, bis das erforderl. Kapital 
zur Erstellung und Ausstattung dieses Stifts er- 
reicht ist, mind. 4/ des reinen Ertrags des Stif- 
tungskap. zum Grundstock geschlagen, während über 
den andern Teil des Zinsüberschusses nach Er- 
messen der Zst. für gew. Bildungszwecke verfügt 
wird. Das ursprünglich 10 000 fl. betragende, von 
Steinbeis selbst auf 11 000 fl. erhöhte Stiftungs- 
vermögen beträgt jetzt nahe zu 80 O00 A.— K V. Die 
Förderung der Handwerkslehre beim Meister. * 
1. Zuschüsse an Handwerker für die 
Ausbildung von Lehrlingen (Staat- 
lich unterstützte Lehrlingswerkstät- 
ten). Nach den Best. für die w. Lehrlingswerk- 
stätten 1. 4. 08 können zur Förderung einer all- 
seitigen beruflichen Ausbildung der Lehrl. im 
Handw. sowie ihrer körperl., geistigen und sittl. 
Entwicklung bes. tüchtigen Handwerkern, die zur 
Führung des Meistertitels (§ 133 GewO.) befugt 
sind und sich zur planmäßigen Unterweisung von 
Lehrl. in ihrem Gewerbe und zu deren Erziehung 
im häusl. Verband nach den aufgestellten Vorschr. 
vertragsmäßig verpflichten, staatl. Zuschüsse ge- 
währt werden. a) Als Lehrlinge werden für diese 
LehrlWerkst. nur solche junge Leute zugelassen, 
die ordnungsmäßig aus der Schule entlassen sind 
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und die für das betr. Handwerk notw. geistigen 
und körperlichen Eigenschaften besitzen. b) Der 
Lehrherr übernimmt f. Verpflichtungen: aa) Er 
hat den Lehrl. dem Zweck einer allseitigen Aus- 
bildung entspr. in allen Handfertigkeiten und 
Handwerksvorteilen zu unterweisen. bb) Der 
Lehrl. darf, abgesehen von gelegentlichen häusl. 
Dienstleistungen, nur zu Arbeiten verwendet wer- 
den, die seiner gew. Ausbildung dienen; letztere 
darf durch die häusl. Geschäfte in keiner Weise 
notleiden. Arbeitsverrichtungen, die seinen körper- 
lichen Kräften nicht angemessen sind, dürfen dem 
Lehrl. nicht zugewiesen werden. cc) Der Lehrherr 
hat dem Lehrl. Kost und Wohnung in seinem eige- 
nen Haushalt zu gewähren. Er muß ihn zur 
Arbeitsamkeit und zu guten Sitten anhalten, vor 
Ausschweifungen bewahren und gegen Mißhand- 
lungen seitens der Arbeits= und Hausgenossen 
schützen. Er hat dafür zu sorgen, daß der Lehrl. 
die für das betr. Handwerk besteh. gew. Fortbild.= 
Sch. oder sonst. gew. Bildungsanst. besucht; er hat 
den Schulbesuch zu überwachen und den Lehrl. an 
Sonn= und Festtagen zum Besuch des Gottesdiensts 
und relig. Fortbildungsunterrichts anzuhalten; er 
ist verpflichtet, dafür zu sorgen, daß der Lehrl. sich 
rechtzeitig f. d. Teilnahme an der Gesellenprüfung 
anmeldet und an dieser teilnimmt. dd) Der Lehr- 
berr ist verbunden, über die Dauer des mit der 
Zst. abgeschl. Vertrags die vereinbarte Zahl von 
Lehrl. zur Ausbildg einzustellen; die Annahme von 
mehr Lehrl. ist von der Gen. der Zst. abhängig. 
c) Die Höhe des an den Lehrmeister für Zeit- 
verlust und Mühe gew. Zuschusses wird im allg. 
nach den Verhältnissen des betr. Orts und Gew. 
bemessen; sie beträgt meist 150—200 4. d) Um 
die Werkstätteneinrichtungen bes. tüchtiger Lehr- 
meister, die sich durch gediegene Unterweisung 
ihrer Lehrl. auszeichnen, auf die Höhe der Zeit 
zu bringen und dadurch zweckentspr. Ausbildung 
zu sichern, gewährt die Zst. u. U. Geldbeitr. zur 
Anschaffung von Werkzeugen und Werkzeug- 
maschinen, e) Um Meister und Lehrl. zur Ein- 
setzung der vollen Kraft anzuregen, über die Er- 
folge der Lehrl Werkst. einen Ueberblick zu ge- 
winnen, und einen Einblick in die Erg. der Aus- 
bildung in den einz. Werkst. zu ermöglichen, 
haben die Lehrl. Probearbeiten zu fertigen 
und zu den von der Zst. jährl. veranstal- 
teten Ausstellungen, s. V. 2, einzusenden. Außer- 
dem werden die Lehrl Werkst. jährl. 1—2mal von 
dem staatl. Wanderlehrer, s. VII. 1, besucht. f) Bei 
fortges. Vernachlässigung oder Nichterfüllung der 
von dem Lehrherrn übernommenen Verpflich- 
tungen ist der Zst. ein einseitiges Rücktrittsrecht 
von dem Vertrag vorbehalten. Streitigkeiten über 
die dem Lehrmeister obl. Verpflichtungen ent- 
scheidet ein Schiedsger., als welches der Vorstand 
der Handwerksk. gilt, in deren Bez. der Betrieb 
des Lehrherrn sich befindet. k) Bei Auswahl der 
Handwerker, die i. d. R. nach Anhörung des Vor- 
stands der Handwerksk. erfolgt, wird vor allem 
auf berufl. und sittl. Tüchtigkeit und Fähigkeit 
zu planmäßiger Ausbildung der Lehrl. sowie auf 
die bisherige Betätigung in der Lehrl Ausbildung,
	        
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