Gewerbefreiheit — Gewerbegerichte.
der Wagnermeister mit 1480 Mitgl. die größten
waren. Bechtle.
Gewerbefreiheit ist grundsätzlich durch § 1 Gew O.
festgelegt. Jedermann darf jedes Gew. beginnen
und betreiben, soweit nicht in der Gew O. selbst
Ausnahmen und Beschränkungen zugelassen oder
vorgeschrieben sind. Der gleichzeitige Betrieb ver-
schiedener Gew. sowie dess. Gew. in mehreren
Betriebstätten ist gestattet, 5 2. Das Geschlecht be-
gründet in Beziehung auf die Befugnis zum selb-
ständigen Betrieb eines Gew. keinen Unterschied,
§ 11. Gegen die schrankenlose GewFr. der Gew O.
von 1869 trat bald ein Rückschlag ein. Ausnahmen
und Beschränkungen sind jetzt in zahlreichen Para-
graphen teils vorgeschrieben, z. B. § 16, 24, 25, 33,
36 u. a., teils zugelassen, § 28, 30a, 33c u. a. —
Die Vorschr. über die Art der Ausübung eines
Gew. werden durch die GewFr. nicht berührt, § 137
Abs. 4 VV. 9. 11. 83. Wagner.
Gewerbegehilfen s. Gesellenprüfung.
Gewerbegerichte. I. Nachdem schon im § 108,
später 120a GewO. für Entscheidung von Streitig-
keiten selbständiger GewTreibender mit ihren
Hilfspersonen bes. Best. getroffen waren und das
G. v. 1881 den Innungen die Entsch. von gew.
Streit. zwischen Inn Mitgl. und ihren Lehrlingen
als obligatorische, zwischen Inn Mitgl. und ihren
Gehilfen als fakultative Aufgabe zugeteilt hatte,
Inn Spruchbeh. und JSchieds G., wurde die Recht-
sprechung in Gewerbestreitsachen grundlegend
geregelt durch RG. 29. 7. 90, das durch G. 80. 6. 01
mehrfach geändert wurde. Das nunmehrige Ge-
werbegerichtsgesetz (GG.) wurde in der v. 1. 1.
02 an g. F. durch Rchsk Bek. 29. 9. 01, Rö#l. 353,
veröffentlicht. Den als Sondergerichte, G. 514
Z. 4, zugelassenen G., deren Zuständigkeit gegen-
über den ordentl. G. eine ausschließliche ist,
liegt unabhängig vom Streitwert, ob die Entsch.
der in § 4 GG. erschöpfend aufgeführten gew.
Streitigkeiten zwischen Arbeitern und Arbeit-
gebern, sowie — bei Ansprüchen aus der Ueber-
nahme einer gemeinsamen Arbeit — zwischen Arb.
dess. Arb G. In Betracht kommen hauptsächlich
Str. über Antritt, Fortsetzung oder Auflösung des
Arbeitsverh., Leistungen aus diesem, Aushändi-
gung oder Inhalt gewisser Zeugnisse, Schaden-
ersatz oder Vertragstrafe, Berechn. und Anrechn.
von Krankenvers Beitr. Die Errichtung von GG. ist
obligatorisch für Gden von über 20 000 Einw. und
erfolgt durch ein von der höh. Verwaltungsbeh. zu
genehm. Statut. Mehrere Gden können sich zur
Errichtung eines gemeins. G. vereinigen, auch
kann ein GG. für den Bez. eines weiteren Kom-
munalverbands errichtet werden. Die Kosten sind
von der Gde oder dem weiteren Kommunalvbd zu
tragen; trotzdem sind die G. staatliche G. Für
jedes G. ist ein Vorsitzender, ein Stellvertreter,
sowie die erforderl. Zahl von je zur Hälfte aus
den Arb. und ArbG. zu entnehmenden Beisitzern
berufen. Der Vors. und Stellv. dürfen weder
rbG. noch Arb. sein; die Befähigung zum
Richteramt oder höheren Verwaltungsdienst, wie
bei den Kaufmanns G., ist nicht erforderlich. Die
Mitgl. des G. sollen das 80. Lebensj. vollendet
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haben; Personen, die zum Amt eines Schöffen
unfähig sind, können nicht berufen werden. Die
Wahl der Beisitzer ist unmittelbar und geheim, das
akt. Wahlrecht setzt Vollendung des 25. Lebensj.
voraus. Näheres über das Wahlverf. setzt das
Statut fest; Verhältniswahl zulässig. Verhandl.
und Entsch. erfolgt, soweit nicht, wie dies bei dem
ersten auf die Klage angesetzten Termin der Fall
ist, die Beiziehung der Beis. unterbleiben darf, in
der Besetzung von 3 Mitgliedern. Durch Statut
kann jedoch allg. oder für gewisse Streitigk. die
Zuziehung einer größeren Zahl von Beis. bestimmt
werden, wonach vielfach, namentlich in größeren
Orten, neben dem Vors. 4 Beisitzer fungieren. Das
von dem Offizialprinzip (Prozeßbetrieb durch das
Gericht) beherrschte Verfahren lehnt sich mit eini-
gen Abweichungen an das amtsgerichtl. an; auf
gütliche Erledigung des Rechtstr. soll hingewirkt
werden. Rechtsanwälte und Personen, die das
Verhandeln vor G. geschäftsmäßig betreiben, sind
nicht zugelassen. Berufungs= und Beschwerde G. ist
das LG., in dessen Bezirk das GG. seinen Sitz hat;
Berufung ist nur bei einem Streitwert von über
100 A zulässig. Neben der rechtsprechenden Tätig-
keit kann das GG. als # Einigungsamt #x bei
Str. zwischen Arb G. und Arb. über die Bedingun-
gen der Fortsetzung oder Wiederaufnahme des
Arbeitsverhältnisses angerufen werden, auch ist es
verpflichtet, auf Ansuchen von Staatsbeh. oder des
Vorstands des Kommunalverbands, für die es er-
richtet ist, Hutachten über gewerbl. Fragen ab-
zugeben, und seinerseits berechtigt, in solchen
Fragen Anträge an Beh., Kommunal V. und ge-
setzgebende Körperschaften zu richten. Ist ein zu-
ständiges GG. nicht vorhanden, so kann für gewisse
Fälle der vor die G. gehörigen Str. eine vorl.
Verfügung des Gde Vorstehers erwirkt werden. Un-
berührt bleibt die Zust. der Innungen und Inn.-=
Schieds G. — II. In W. bestehen zurzeit (März
1914) 27 GG.: Aalen, Biberach, Ebingen, Eßlingen,
zugleich für Obereßl., Geislingen mit Kuchen,
Giengen a. F. und Kleinsüßen, Gmünd, Göp-
pingen mit Ebersbach, Faurndau, Großeißlingen,
Holzheim, Kleineislingen, Salach und Uhingen,
Hall, Heidenheim, Heilbronn mit Bäöckingen
und Neckargartach, Kirchheim u. T., Laupheim,
Ludwigsburg, Metzingen, Neckarsulm, Nürtingen,
Ravensburg, Reutlingen mit Pfullingen und
Eningen, Rottweil, Schramberg, Schwenningen,
Stuttgart mit Feuerbach und Vaihingen a. F.,
Tailfingen, Tübingen zugl. f. d. Gden Derendingen
und Lustnau, Tuttlingen, Ulm und Zuffenhausen.
Zu dem RG. 29. 7. 90 über die GG. erging die VV.
Min J. 17. 9. 90, Rgbl. 226. Hienach ist in W.
Landeszentralbeh. i. S. d. Ges. das Min J.; die
Verrichtungen der höh. Verwaltungsbeh. sind teils
von den Kreisreg., so hinsichtlich der Genehm. der
Statuten, teils von den Oue., wahrzunehmen; als
Magistrat gilt der Gde Rat, als Gde Vertretung der
Gde Rat und Bürgerausschuß, als weiterer Kom-
munalverband die Amtskörperschaft. Nähere Anl.
über Errichtung von GG. gibt Min JErl. 18. 9. 90,
Abl. 266. Ueber die Beisitzerwahlen nach dem Ver-
hältniswahlverfahren s. MinI Abl. 04 465 u. 501.