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die Thronfolge noch die Pflicht zum Gehorsam
gegen die Staatsgewalt. Ueber den Huldigungs-
eid s. d. Auch die Vorschr. des § 5 Vul., wonach
der K. sich zu einer der christlichen Kirchen be-
kennt, wobei das Bekenntnis zu einer Sekte ge-
nügt, ist nicht Bedingung des Erbfolgerechts,
sondern eine verfassungsmäßige Pflicht des K.
Der Sitz der Regierung kann in keinem Fall
außerhalb des Königreichs verlegt werden, Vl.
# 6; es genügt aber, daß die verantwortlichen
Stellen im Land sind; der K. kann sich auswärts
aufhalten. Mit dem Tod des K. endigt seine Re-
gierung. Bei seinen Lebzeiten ist sie möglich durch
freiw. Abdankung, wozu, da der Verzicht auf die
Krone ein Regierungsakt ist, Gegenzeichnung eines
Ministers erforderlich ist. Eine Absetzung wegen
Mißbrauchs der Staatsgewalt ist staatsrechtlich
unmöglich. — 1# VII. Reichsverwesung, K VI. § 11
bis 17. — 1. Voraussetzungen. Doa einer-
seits die Regierungsunfähigkeit vom Thron nicht
ausschließt, andererseits der Staat geordneter Re-
gierung nicht entbehren kann, so hat die w. Verf.,
wie übrigens auch die sonstigen d. Verf., in der
„Reichsverwesung“ (Regentschaft) eine Einrich-
tung getroffen, welche die Ausübung der könig-
lichen Rechte von ihrem Besitz scheidet. Auch ein
regierungsunfähiger Monarch bleibt K., seine
Rechte aber werden von einem Stellvertreter, dem
„Reichsverweser“ ausgeübt. Wie das d. Staats-
recht, so unterscheidet auch das w. VerfRecht die
Fälle der ordentl. Reichsverwesung
von denen der außerordentl. Die ordentl.
Reichsverwesung tritt bei der bis zur Vollendung
des 18. Lebensj. dauernden (Vl. § 9) Minder-
jährigkeit des K. ein, und zwar ohne weiteres;
ebenso endigt sie von selbst mit Eintritt der Voll-
jährigkeit des K. Ist der K. „aus einer anderen
Ursache an der eigenen Ausübung der Regierung
verhindert“", so tritt die außerordentl. Reichs-
verwesung ein. Aus den möglichen Fällen der
Regierungsunfähigkeit hebt die Vlu. den Fall
geistiger oder körperl. Unfähigkeit hervor, für den
sie nachf. bes. Best. gibt: a) Zeigt sich bei dem
zunächst nach dem regierenden K. zur Erbfolge
bestimmten Familienglied diese Unfähigkeit, so ist
noch unter der Regierung des K. durch ein förm-
liches Staatsgesetz über den künftigen Eintritt
der Reichsverwesung zu entscheiden. b) Würde da-
gegen der K. selbst während seiner Regierung
oder beim Anfall der Thronfolge wegen körper-
licher oder geistiger Beschaffenheit regierungs-
unfähig werden, ohne daß die Regelung nach a
bereits getroffen ist, so soll längstens binnen
Jahresfrist in einer vom Staatsministerium einzu-
berufenden Versammlung sämtlicher im Kgr. an-
wesenden volljährigen, nicht mehr unter väterlicher
Gewalt stehenden Prinzen des K. Hauses mit
Ausschluß des zunächst zur Regentschaft berufenen,
auf vorgängiges Gutachten des Staatsmin. durch
einen nach absoluter Stimmenmehrheit zu fassen-
den Beschluß mit Zustimmung der Stände über
den Eintritt der Regentschaft entschieden werden.
Sobald die Regierungsunfähigkeit weggefallen ist,
hört die Reichsverwesung auf. Mangels bes. Vor-
König, Königliches Haus.
schriften wird wohl das Ende der außerordentl.
Reichsverwesung in derselben Weise, wie ihre Ein-
setzung zu bestimmen sein. — 2. Person und
Rechte des Reichsverwesers. Die R.=
Verwes. wird von dem der Erbfolge nach nächsten
Agnaten geführt. Wenn kein dazu fähiger Agnat
vorhanden ist, so fällt die Regentschaft an die
Mutter und nach dieser an die Großmutter des
K. von väterlicher Seite. Dem RVerwes. gebühren
alle Regierungsrechte des K., auch die Episkopal-
rechte und die Rechte des Oberhaupts des K.
Hauses, Art. 8 Haus G., jedoch mit f. Ausnahmen:
Er kann keine Standeserhöhungen vornehmen und
keine neuen Ritterorden und Hofämter errichten;
jedde während einer RVerwes. vorgenommene Ver-
fassungsänderung gilt nur auf die Dauer der
Regentschaft; endlich können während der RVerwes.
die heimgefallenen Lehen nicht wieder verliehen
werden; nach G. 8. 10. 74, Rgbl. 223, betr. Auf-
hebung des Lehensverbands, kommen als Lehen
nur noch die kronlehenbaren Erbämter, s. Hofämter,
in Betracht. Der Regent hat wie der König die ver-
fassungsmäßige Pflicht, den Ständen die Beob-
achtung der Landesverfassung zu versprechen. Für
seine Regierungshandlungen ist er unverantwort-
lich. Titulatur und Insignien des K. stehen ihm
nicht zu. Auch strafrechtlich genießt er einen min-
deren Schutz als der K., § 96, 97, 100, 101 St G.
Bezüglich seiner ffnanziellen Stellung f. u.
X. 3. — BS. Die Erziehung des minder-
jährigen Königs. Mangels einer vom K.
getroffenen, dem Staatsmin. bekannt gegebenen
Anordnung gebührt die Erziehung des minderj.
K. der Mutter, und wenn diese nicht mehr lebt,
der Großmutter von väterlicher Seite. Doch kann
die Ernennung der Erzieher und Lehrer und die
Festsetzung des Erziehungsplans nur unter Rück-
sprache mit dem Vormundschaftsrat geschehen,
welcher aus den Mitgliedern des Staatsmin. unter
dem Vorsitz des RVerwes. besteht; letzterer hat bei
den Beschlüssen eine mitzuzählende und im Fall
der Stimmengleichheit die entscheidende Stimme.
Bei einer Verschiedenheit der Ansichten hat der
Vormundschaftsrat die Entscheidung; auch liegt
diesem nach dem Tod der Mutter und der Groß-
mutter die Sorge für die Erziehung des minder-
jährigen K. allein ob. — 1 VIII. Die Regierung-
stellvertretung 1 ist etwas anderes als die R.=
Verwes. Zunächst kann der K. nach einem im d.
Staatsrecht anerkannten Grundsatz durch eine mit
ministerieller Gegenzeichnung versehene Delegation
(Ermächtigung) die Besorgung einzelner Geschäfte
an andere übertragen. Außerdem kann er für die
Fälle kürzerer Verhinderung durch Krankkheit,
Reisen u. dgl. auf dieselbe Weise einen Stell-
vertreter ernennen. Die Wahl derselben, wie der
Umfang seiner Vollmacht hängt vom K. ab; in
den letzten Jahren wurde stets das Staatsmin.
mit der Stellvertretung betraut. — # IX. Die
Vorrechte der Mitglieder des K. Hauses. *
1. Thronfolgerecht s. V.; — 2. Recht auf
Führung der Reichsverwes. f. VII.; — 3. Mit-
wirkung bei Einsetzung einer außerordenll.
RVerwez .. k. VII.; — 4. Sitz und Stimme in der