Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

Landtag. 
der von der einen K. verworfene Beschluß der 
andern kann auf demselben L. nicht wiederholt 
werden, § 183. Eine Ausnahme von diesen 
Vorschr., also eine Abweichung von dem Grundsatz 
der Gleichberecht. beider K. zugunsten der 2. K., 
enthält der § 181, der die Beratung und Be- 
schlußfassung über den HFéE. regelt. Da 
dieser tatsächlich zugleich eine Abgabenverwilligung 
in fsich schließt, so gelten hiefür f. Best.: Der HFE. 
muß immer zuerst bei der 2. K. eingebracht wer- 
den, § 178. Diese berät ihn, beschließt zunächst 
über die einzelnen Titel und teilt ihre Beschlüsse 
der 1. K. mit. Erklärt sich diese für Aend. eines 
von der 2. K. gefaßten Beschl., so hat letztere 
den Gegenstand nochmals zu beraten und über 
ihn zu beschließen. Faßt sie dabei einen von dem 
der 1. K. abweich. Beschl., so gilt dieser als Beschl. 
der Ständeversammlung. Eines übereinstimmen- 
den Beschl. beider K. bedarf es jedoch, wenn eine 
Steuer mit festen Steuersätzen (Wander Gewt., 
Liegenschaftsumsatzsteuer, Wirtschaftsabgaben von 
Wein und Obstmost, Sporteln und die auf w. Ges. 
beruhenden Gerichtskosten) in einem höheren Be- 
trag erhoben werden soll. Außerdem werden diese 
St., abges. vom Fall der Ablehnung des Etats im 
ganzen, in ihren im Weg der ordentl. Gesetz- 
gebung fest best. Sätzen solang und insoweit fort- 
erhoben, als nicht beide K. über die Ablehnung 
der St. oder die Ermäßigung des Steuersatzes 
einverstanden sind. Bez. der Einket. s. Art. 19 
Ekst G. Nach Beschlußfassung über die einzelnen 
Titel des H FE. wird über den letzteren im ganzen 
zuerst in der 2., dann in der 1. K. abgestimmt. 
Lehnt die 2. K. den HFE. im ganzen ab, so gilt 
er als von den Ständen abgelehnt. Wird da- 
gegen von der 1. K. der von der 2. K. angenom- 
mene HFE. abgelehnt, so werden die bejahenden 
und die verneinenden Stimmen beider K. zu- 
sammengezählt, und es wird alsdann nach der 
Mehreit der sämtl. Stimmen der Ständebeschluß 
abgefaßt; bei Stimmengleichheit hat der Präsident 
der 2. K. die Entscheidung. Bes. hervorzuheben 
ist noch, § 181 Abs. 2, daß bei der Beschlußfassung 
über Aufnahme von Anlehen und über Ver- 
außcerungen von Bestandteilen des Kammer- 
ts, auch wenn sie in Vbdg mit der Beschluß- 
assung über den HFE. erfolgt, beide Häuser 
gleichberechtigt sind, wie überhaubt die Aufnahme 
einer Angelegenheit in den H#F. nicht darüber 
entscheidet, ob sie nach § 181 zu behandeln ist, 
sondern die innere Natur des betr. Gegenstands. 
Kommt endlich bei Einberufung eines L. eine der 
beiden K. nicht in beschlußfähiger Zahl (VI., 5.) zu- 
sammen, so besteht der L. ausschl. aus der anderen, 
beschlußf. K., doch steht es den erschien. Mitgl. 
der unvollzähligen K. frei, den Sitzungen der 
andern mit Stimmrecht beizuwohnen, Vll. 8§ 161. 
— * III. Bildung der 1. und 2. Kammer s. 
Erste Kammer und Abgeordnetenkammer. — 
IV. Befugnisse des L. 1 find: 1. Zustim- 
mung zu Verfassungsänderungen 
und Gesetzen, s. Gesetzgebung. — 2. Zustimm. 
zum Abschluß von Staatsverträgen, 
s. d. — 38. Mitwirkungsrecht bei der Finanz- 
  
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verwaltung in f. Richtungen: a) Zu- 
stimmung zur Steuererhebung, s. d.; b) Zustim- 
mung zur Aufnahme von Staatschulden, s. d.; 
c) die Verwaltung der Staatschulden ist ständisch; 
d) Zustimmung zur Feststellung des HFE., s. 
Etatswesen; e) die Regierung hat dem L. Rechen- 
schaft über die Finanzverwaltung zu geben, s. 
Staatshaushaltsetat. — 4. Klageerhebung wegen 
Verfassungsverletzung (. Staats- 
gerichtshof. — 5. Das Petitions= und Be- 
schwerderecht, sowie die allg. Kon- 
trolle der Staatsverwaltung. Nach 
§ 124 haben die St. das Recht, „in Be- 
ziehung auf Mängel oder Mißbräuche, die 
sich bei der Staatsverwaltung ergeben, ihre 
Wünsche, Vorstellungen und Beschwerden dem 
König vorzutragen" (Recht der Petitionen 
und Beschwerden, § 179). Das hieraus sich er- 
gebende Recht auf Kritik der Staatsverwaltung 
wird i. d. R. bei der Etatsberatung ausgeübt. 
Werden förml. Beschl. gefaßt, so geschieht dies den 
Min. gegenüber in der Form der Resolution, 
dem König gegenüber in der der Adresse. 
Zur Ausübung des Pet.= und Beschwr. ist jede 
K. auch einzeln berechtigt, § 179; veranlaßt kann 
die Ausübung des Rechts sein durch Anträge von 
Kammermitgliedern oder durch Bitten und 
Beschw., welche von einzelnen oder von Korpo- 
rationen dem L. überreicht werden, s. Beschwerde- 
recht, Petitionsrecht. Deputationen kann die 
Ständeversammlung weder annehmen, noch ohne 
Erlaubnis des Königs abordnen, § 170. Je nach 
der Bedeutung, die der L. einer Petition oder 
Beschwerde beimißt, geht sein Beschluß auf 
Uebergang zur Tagesordnung (Nichtberücksichti- 
gung), Kenntnisnahme, Erwägung oder endl. Be- 
rücksichtigung. Die Stellung der Reg. zu solchen 
Beschlüssen bestimmt sich aber nur nach politischen, 
nicht nach rechtl. Gesichtspunkten. Ueber Inter- 
pellations= und Engqueterecht s. d. — 6. Das 
Recht der Verwaltung der eigenen 
inneren Angelegenheiten, insbesondere 
a) Präsidentenwahl, VI., 4., abges. vom Präs. 
der 1. K.; b) Regelung der Geschäftsordnung, 
VI., 1.; c) Prüfung der Legitimation der Mitgl., 
VI., 2.; d) eigene Kasse zur Bestreit. des ständ. 
Aufwands, s. Ständische Sustentationskasse; 
e) Ernennung der ständ. Beamten, § 193, s. d. 
— & V. Einberufung, Eröffnung, Vertagung, 
Entlassung und Auflösung des L., Gesetzgebungs- 
perioden, Sitzungsperioden, Tagungen. 4 Eine 
Gesetzgebungsperiode, d. h. die Zeit, für welche 
die Abg. gewählt werden (Wahlperiode) 
dauert in W. 6 J.: „Je nach Ablauf von 6 J., 
gerechnet vom Tag der letzten allg. Hauptwahl 
der Abg. der Oez. und Städte zur 2. K. (§ 133 
Z. 1 u. 2) muß eine neue Wahl sämtl. durch 
Wahl berufener Mitgl. der Ständevers. angeord- 
net werden. Die bish. Mitgl. sind wieder wählbar“, 
§ 157. Einige Zeit nach der Wahl beruft der König 
den Landtag ein. § 127 schreibt vor, daß der K. 
alle 3 J. die St. einzuberufen hat (ordentl. 
L.), und außerdem, so oft es zur Erledigung wich- 
tiger oder dringender Landesangelegenheiten er-
	        
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