Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

Lehrlingswesen. 
tigt, nach Anhörung der HandwK. und der etwai- 
gen Inn. die Befugnis widerrufl. einz. Hand- 
werkern zu verleihen, § 129 Abs. 2 GewO., Min J.= 
B. 22. 9. 08, Rgbl. 224. Es liegt im Sinn des 
Ges., daß die Verkeihung im allg. nur ausnahms- 
weise erfolgt. Für die Verleihung in den Fällen 
des § 129 Abs. 2 ist eine Sp. von 30 4, Tar. 
Nr. 46,1 anzusetzen. Abweichend geregelte Ver- 
leihungsfälle sind: a) die Ermächtigung des Ol. 
bzw. der Kreisreg., einem zur Anleitung nicht be- 
gten Vertreter eines Lehrherrn aus bes. Billig- 
eitsrücksichten 8 3 MingV. 22. 9. 08; Rgbl. 224) 
vorübergehend die Erlaubnis zur Anleitung der 
Lehrl. zu erteilen (§ 129 Abs. 3, Sportel 0) und 
b) die Ermächtigung des Ol. einem Handwerker, 
der gleichzeitig mehrere nicht verwandte Gew. be- 
treibt, aber nur für eines derselben die AnleitBef. 
besitzt, diese auch für seine übr. Gew. zu verleihen, 
§ 129a Abs. 3, Sp. 5 X, Tar. Nr. 46, 2. Für die 
Uebergangszeit kommen außerdem noch die Best. 
in Art. II Nr. 1 d. Gew ONv. 80. 5. 08, Rl. 856, 
in Betracht, zufolge deren Handwerkern, die am 
1. 10. O8 nach den bis dahin in Geltung gewesenen 
Best. (Art. 2 u. 7 GewO Nov. 26. 7. 97, Rabl. 663) 
die Anleitungsbefugnis besessen haben, diese auf 
Antrag von den Ole. sportelfrei weiterverliehen 
werden kann und u. weiterverliehen werden 
muß, § 8 Min IV. 22. 9. 08, Rgbl. 224. Die Beh. 
haben über die Verleihungen den OrtspolBeh., 
Handwe., u. U. auch den Inn., Mitteilung zu 
machen, § 2 Min JV. 22. 9. 08, Robl. 224. — Zu 
bemerken ist noch, daß die durch Ablegung einer 
BPr. oder durch Verleihung für einen einzelnen 
Zweig eines Gew. erworbene Anleitef. auch für 
die übr. Zweige dieses Gew. und die für ein Gew. 
erworbene Bef. auch für die von der Handwé#t. 
als diesem verwandt erklärten Gew. gilt, § 129a 
Abs. 1 u. 2. — Der Besitz der Anleitungsbefugnis 
ist neben ihrer Bedeutung für das L. noch mit 
einigen weiteren gewerberechtlichen Vorteilen ver- 
knüpft. Er ist in gewissem Umfang Voraussetzung 
ür die Wählbarkeit in den Vorstand und in die 
usschüsse der Zwangsinnungen (8 100r) und un- 
bedingte Voraussetzung für die Wählbarkeit in die 
HandwK., § 1080b. Wer im Besitz der Befugnis ist, 
muß zur Meisterpr. zugelassen werden, auch wenn 
bei ihm die regelm. Zulassungsbedingungen nicht 
erfüllt sind. Nach landesrechtl. Verwaltungsvorschr. 
genießen Handw., die im Besitz der Bef. find, 
neben den zur Führung des Meistertitels befugten 
Handw. im Verdingungswesen, s. d., einen ge- 
wissen Vorzug vor andern Handw. — 1# IV. Zahl 
der Lehrl. Die Gen-Treib. sollen nicht mehr 
Lehrl. annehmen, als sie in ihrem Betrieb ord- 
nungsmäßig ausbilden können. Wenn ein Gew.= 
Treib. eine im Mißverhältnis zu dem Umfang oder 
der Art seines Betr. stehende Zahl von Lehrl. 
Eit und dadurch die Ausbildung der Lehrl. ge- 
ährdet erscheint (Lehrlingszüchterei), so kann dem 
Lehrherrn vom BezRat (5 1 Abs. 1 Min JV. 22. 9. 
08, Rabl. 224) die Entlassung eines entspr. Teils 
der Lehrl. auferlegt und die Annahme von Lehrl. 
über eine bestimmte Zahl hinaus untersagt werden, 
§ 128 Abs. 1. Für das Verfahren und den Rekurs 
Haller, Handwörterbuch. 
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gelten § 20 u. 21 Gem O. und Min IV. 30. 10. 07, 
Robl. 747. Außerdem ist zum Zweck der Be- 
kämpfung der Lehrl Züchterei dem Bdrt., u. U. der 
Landeszentralbeh. (Min J.) die Befugnis ein- 
geräumt, für einzelne Gewerbszweige Vorschr. 
über die höchste Zahl der Lehrl. zu erlassen, 8 128 
Abs. 2. Soweit diese keinen Gebrauch von dieser 
Befugnis machen, können solche Vorschr. von den 
HandwK. oder Inn. für einzelne Zweige des 
Handwerks erlassen werden, § 180. Weder der 
Rdrt., noch das Min. haben bis jetzt selbst Vorschr. 
erlassen, wohl aber die Handw K. Stuttgart, Bek. 
12. 10. 12, Gew Bl. 885. Zuwiderhandlungen gegen 
die Verfügung des BezRats und gegen etwaige 
Vorschr. des Bdrts., des Min J., der Handw#. oder 
der Inn. sind strafbar, § 148 Abs. 1 Nr. 9b. Die 
Entlassung der vorschriftswidrig gehaltenen Lehrl. 
kann durch Ungehorsamstr. auf Grund §5 144a 
GewO. bzw. Art. 2 w. G. 12. 8. 79 erzwu 
werden. — V. Lehrzeit. ## Die Festsetzung der 
Dauer der L3. ist, von den bes. Vorschr. für das 
Handwerk abgesehen, der Vereinbarung des Lehr- 
herrn und des Lehrl. bzw. seines Vertreters über- 
lassen, s. Lehrvertrag. Die Vereinbarung einer 
allzu langen, durch den Ausbildungs- und Er- 
ziehungszweck des Lehrverhältnisses nicht bedingten 
Dauer der L3. kann als gegen die guten Sitten 
verstoßend privatrechtl. nichtig sein, 5 138 BGB., 
auch § 624 BG#B. wird u. U. anwendbar sein. Für 
das Handwerk ist die Dauer der L3. durch öff. 
rechtl. Vorschr. geregelt und zwar soll sie i. d. R. 
nicht weniger als 8 Jahre dauern, keinesfalls darf 
sie 4 J. überschreiten, § 180a Abs. 1 GewO. Dabei 
ist den Handwk. die Befugnis eingeräumt, die 
Dauer der L3. für die einzelnen Gew. oder Ge- 
werbszweige mit Genehmig. der höh. VerwaltBeh. 
(Zentralst. f. G. H.) und nach Anhörung der In- 
nungen und sonst. gew. Vereinigungen anderweitig 
festzusetzen, wobei jedoch die Festsetzung einer 
Dauer von mehr als 4 J. nicht zulässig ist, § 180a 
Abs. 2. Die w. Handw K. haben die zulässige Mind.- 
Dauer der 2L3. für weibl. Lehrl. in der Näherei, 
Stickerei und Putzmacherei auf 2 J. ermäßigt, 
Bek. 7. 1. 18, GewBl. 10, für Buchpruckerlehrl. 
auf 4 J. erhöht, Bek. 25. 11. 11, Gew Bl. 879, für 
alle übr. Handw. aber auf 8 J. festgesetzt, § 12 
Abs. 1 Bek. 11. 12. 09, Gewl. 406. Bei Lehr- 
vertragsabschlüssen sind diese Festsetzungen zu 
berücksichtigen. Den Handwäs. ist durch 
§ 180a Abs. 8 GewO. das Recht eingeräumt, 
einzelne Lehrl. von der Einhaltung der fest- 
gesetzten LZ. zu entbinden. Die L3Z. kann mit 
Wirkung für das Handwerk auch in einem dem 
betr. Gew. angehörenden Großbetrieb erfolgen und 
durch den Besuch einer staatl., staatl. unterstützten 
aber vom Staat anerkannten (zuständig ist das 
Min J., 5 4 Min W. 22. 9. 08, Rabl. 224) Lehr- 
werkstätte oder sonst. gew. Unterrichtsanstalt er- 
setzt werden. Die Nichtbeachtung der Vorschr. über 
die Dauer der L3. hat, abgesehen von etwaigen 
privatrechtl. Wirkungen, § 184 BGB., für den 
Lehrherrn Bestrafung (§5 150a Nr. 4 und § 1031 
Abs. 2 GewO.) und für den Lehrl. handwerker- 
rechtliche Nachteile zur Folge. Letztere be- 
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