Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

Lehrvertrag. 
AbtUnterr. soll i. d. R. nicht weniger als 34 be- 
tragen. In diese Stunden kann der Fachunterr. 
(Religllnt. des Geistl., ganzjähriger Arbeits- 
unterr. u. dgl.) eingerechnet werden. Für jede 
Wochenstunde Abtünterr. ist eine jährl. Belohnung 
von mind. 60 MA zu gewähren, Art. 5 Ges. 14. 8. 
11, Rgbl. 502. Wird der Abtünterr. nicht das 
ganze Jahr hindurch, sondern nur in einem Teil 
desselben erteilt, so wird die Belohnung hiefür 
nach dem Verhältnis der Zahl der Schultage mit 
Abt Unterr. zu der Zahl der Schultage des ganzen 
Jahres (zus. 240 Schultage) berechnet, § 8 MV. 
11. 9. 99, Kons Abl. XI 5335. Dabei macht es 
keinen Unterschied, ob die Erteilung des Abt Unterr. 
von Anfang an nur für einen Teil des Jahres 
beschlossen war, oder ob der Unterricht im Lauf 
des Jahres eingestellt, Sommers und Winters 
nicht in gleicher Stundenzahl oder endlich von 
verschiedenen L. gegeben wurde, Kons Erl. 28. 10. 
02, Abl. XII 445. Diese Belohnung gehört nicht 
zum Einkommen der Schulstelle, sondern immer 
dem, welcher den Unterr. erteilt, Kons Erl. 29. 2. 
84, Abl. VIII 3354 Z. 7. Neben diesem ordentlichen 
gibt es noch einen sog. #stellvertretenden" 
Abtlnterr. Als solcher ist derj. Unterr. anzusehen, 
welcher von einem oder mehreren L. neben der 
Versehung der eigenen Schulkl. in einer anderen 
Kl., in Vertretung des fehlenden (etwa zum Mili- 
tär einberufenen) oder (z. B. durch Krankheit) 
verhinderten L. dieser Kl. erteilt wird. In diesem 
Fall erhält der Stellv. i. d. R. bei 32 Wochenstd. 
eine Belohnung von jährl. 240 A und für jede 
weitere Wochenstd. noch eine Belohnung von jährl. 
60 4. Doch darf diese Belohnung den Gehalt der 
vakanten Stelle bzw. den Unterlehrergehalt nicht 
übersteigen, Kons Erl. 26. 5. 00, Abl. XII 73. Die 
Einführung des Abt Unterr. muß von dem Ort- 
schulrat bei den bürgerl. Koll. beantragt und der 
Beschluß hierüber vom Gem. Oberamt in Schuls. 
dem Oöachh. vorgelegt werden, Kons Erl. 29. 2. 84, 
Abl. VIII 3354. W. Haller. 
Lehrvertrag. k I. Allgemeines. # Der L. ist 
i. S. der GewO. Tit. VII Abschn. III eine bes. 
Art des gewerbl. Arbeitsvertrags, s. d. Er unter- 
scheidet sich von dem gewöhnl. gew. Arbeitsvertrag 
dadurch, daß bei ihm das Entgelt für die dem 
Arbeitgeber (Lehrherrn) vom Arbeiter (Lehrling) 
geleisteten Arbeiten neben etwa vereinbarten weite- 
ren Gegenleistungen in der Ausbildung des Arb. 
für einen gew. Beruf besteht. Dieser bes. Zweck 
bedingt i. d. R. eine längere Vertragsdauer, er 
führt in manchen Fällen auch zu der Vereinbarung 
eines vom Lehrl. neben seiner Arbeit zu leistenden 
Lehrgelds. Die GewO. bezeichnet das durch den 
L. begründete Vertragsverhältnis als Lehr- 
verhältnis und gebraucht den Ausdruck Lehr- 
vertrag teils im gleichen Sinn, teils für die Ver- 
tragsurkunde. Sie kennt übrigens auch ein nicht 
auf Vertrag, sondern auf der elterlichen Gewalt 
(5 1617 BGB.) beruhendes Lehrverhältnis zwischen 
Eltern und Kindern, § 126b Abs. 2 GewO. Die 
voltswirtsch. Bedeutung einer guten Ausbildung 
und Erziehung des gewerbl. Nachwuchses, sowie 
Rücksichten auf das jugendl. Alter, in dem die 
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Lehrl. gewöhnlich stehen, haben zu einer weit- 
gehenden Regelung des Lehrvertragsrechts und 
zur Festlegung der wichtigeren Rechte und Pflich- 
ten des Lehrh. und Lehrl. durch öff.-rechtl. Vorschr. 
in der GewO. geführt. Dabei ist den Bedürfnissen 
und Verhältnissen im Handwerk durch verschiedene 
Sondervorschr. und namentlich durch die den In- 
nungen in § 81a Nr. 3 und den Handw. in 
§ 103e Abs. 1 Nr. 3 eingeräumte Ermächtigung 
zur näheren Regelung des Lehrlingswesens Rech- 
nung getragen worden, s. auch Lehrlingswesen. Die 
Vorschr. des Tit. VII Abschn. III Gew O. gelten nicht 
für Handlungslehrl., s. d., und Apothekerlehrl. — 
X II. Bertragsabschluß. 1 Der Abschluß des L. 
erfolgt durch Vereinbarung zwischen dem Lehrh. 
und dem Lehrl. Minderj. Lehrl. bedürfen nach den 
Vorschr. des bürgerl. Rechts der Einwilligung bzw. 
Genehmigung ihres gesetzl. Vertreters (Vater, 
u. U. Mutter oder Vormund). Der Vormund 
(nicht auch Vater oder Mutter) bedarf zu einem L. 
von mehr als 1jähr. Dauer der Genehm. des Vor- 
mundschaftsgerichts, § 1822 Nr. 6 BGB. Zur ver- 
tragsmäßigen Festlegung eines Lehrverhältnisses 
mit ihren Eltern ist für minderj. Kinder die Mit- 
wirkung eines Pflegers erforderlich, § 181, 1909 
B. Zu L. für Fürsorgelehrl. ist nach Landes- 
recht (§ 15 Abs. 4 VV F EG. 14. 2. 00, Rabl. 120) 
Genehm. der L Beh. erforderlich. Die Gültigkeit 
des L. ist im übrigen von einer best. Form des 
Vertragsabschlusses nicht abhängig. Die Unter- 
lassung des vorgeschr. schriftl. Abschlusses, s. III., 
macht den L. an sich nicht ungültig. Ein Arbeits- 
vertrag ist auch ohne ausdrückl. Bezeichnung als 
L. und ohne ausdrückl. Verabredung des bes. 
Zwecks des L. als ein L. anzusehen, wenn nach 
Lage der Umstände (Gegenstand der Arbeitsleist., 
Höhe des Lohns, Art und Verhältnisse des Be- 
triebs und des betr. Gewerbes, Alter und Stand 
der gew. Ausbildung des Arb. u. dgl.) anzunehmen 
ist, daß der Arbeitsvertrag nicht bloß wegen der 
Arbeitsleist. und des etwaigen Lohns, sondern auch 
zum Zweck der Ausbildung für einen gew. Beruf 
eingegangen wurde. Andererseits wird ein gewöhn- 
licher Arbeitsvertrag nicht schon dadurch zum L., 
daß er als L. bezeichnet wird. Minderj. Lehrl. 
dürfen, wie andere minderj. Arb., in gew. Betr. 
nur beschäftigt werden, wenn sie mit einem 
Arbeitsbuch, s. d., versehen sind; der Mangel des 
Arbeitsb. macht aber den L. nicht ungültig. — 
III. Vertragsurkunde. 1 § 126 Gew-. schreibt 
vor, daß binnen 4 Wochen nach Beginn der Lehre 
der L. schriftlich abzufassen, und daß die Vertrags- 
urkunde vom Lehrh. oder seinem Stellv. und vom 
Lehrl. und seinem ges. Vertreter zu unterzeichnen 
ist und best. Angaben über den Vertragsinhalt, 
s. u., enthalten muß, vgl. auch § 126 BGB. 
  
Oeff. Beglaubigung ist nicht erforderlich. Bei 
minderjährigen Lehrl. muß eine Ausfertigung 
dem ges. Vertreter ausgehändigt werden. Die 
Erfüllung dieser Formvorschriften ist zwar kein 
Erfordernis für die Rechtsgültigkeit des L., der 
Lehrh. bleibt auch beim Fehlen eines schriftl. Ver- 
trags im allg. für die von ihm übernommenen oder 
ihm ges. obliegenden Pflichten privatrechtlich und
	        
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