Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

Lehrvertrag. 
ist ohne Einfluß auf den Bestand des L., ebenso 
eine von der Handwkl. nach § 130a GewO. etwa 
gewährte Entbindung von der Einhaltung der im 
Handwerk vorgeschr. Lehrzeit, s. Lehrlingswesen. 
Durch den Tod des Lehrl. erlischt der L., nicht 
aber auch ohne weiteres durch den Tod des Lehrh. 
127b Abs. 4) oder durch die Einstellung oder 
eräußerung des GewBetr. 5 127b u. 127e GewO. 
stellen in verbindlicher Weise die Voraussetzungen 
auf, unter denen die Auflösung des L. einseitig er- 
folgen kann; ob die Festleczung weiterer Auf- 
lösungsgründe durch Vertrag zulässig ist, ist be- 
stritten. Die ges. Voraussetz. find f.; a) während 
der Probezeit kann jeder Teil nach Belieben vom 
Vertr. einseitig zurücktreten. Die Probezeit dauert 
4 Woch. vom Beginn der Lehre an; sie kann durch 
Bertrag nicht abgekürzt und höchstens auf 3 Mon. 
verlängert werden; b) durch den Tod des Lehrh. 
gilt der L. als aufgehoben, wenn die Aufhebung 
binnen 4 Woch. von der einen oder andern Seite 
geltend gemacht wird; c) die in § 123, 124 GewO. 
aufgestellten Voraussetzungen für den einseitigen 
Rücktritt vom gewöhnl. gew. Arbeitsvertra 
(s. Arbeitsvertrag) gelten auch für den L., jedo 
mit der Einschränkung, daß die durch den Lehrh. 
oder seinen Vertreter gegen den Lehrl. verübten 
Tätlichkeiten oder Beleidigungen nur dann den 
Lehrl. zum Rücktritt berechtigen, wenn sie sich als 
ein Mißbrauch des diesem zustehenden Rechts der 
väterlichen Zucht (§ 127a) darftellen; d) der Lehrh. 
kann den L. auflösen, wenn der Lehrl. die ihm ob- 
liegende Pflicht zu Folgsamkeit, Treue, Fleiß oder 
anständigem Betragen wiederholt verletzt oder den 
Besuch der Fortbildungs= oder Fachschule vernach- 
lässigt; ee) der Lehrl. kann einseitig zurücktreten, 
wenn der Lehrh. seinen ges. Verpflichtungen gegen 
den Lehrl. in einer die Gesundbeit, die Sittlichkeit 
oder die Ausbildung des Lehrl. gefährdenden Weise 
vernachlässigt oder das Recht der väterlichen Zucht 
mißbraucht oder zur Erfüllung der ihm vertrags- 
mäßig obliegenden Verpflichtungen unfähig wird; 
t) wenn der * Vertreter des Lehrl. oder der voll- 
jährige Lehrl. selbst dem Lehrh. die schriftl. Er- 
klärung abgibt, daß der Lehrl. zu einem anderen 
Gewerbe oder Beruf übergehen werde, so gilt der 
L., wenn der L. nicht früher entlassen wird, nach 
Ablauf von 4 Woch. als aufgelöst. — Der Verlust 
der Befugnis zum Halten oder Anleiten von Lehrl., 
sowie Anordnungen der Beh. zur Entlassung von 
Lehrl. auf Grund der Best. in § 128 u. 144a 
Gew. (s. Lehrlingswesen) heben nicht selbst den 
L. auf, sie verpflichten aber den Lehrh. zu seiner 
Auflösung auch gegen den Willen des Lehrl. — 
1 VI. Vertragsverletzungen. 1 Die allg. Grund- 
sätze des bürgerl. Rechts über die Folgen von Ver- 
tragsverletzungen werden für den L. durch die 
Gew O. zum Teil abgeändert und durch poliz. Best. 
ergänzt. Ein vertragswidriges Verhalten ist zwar 
als solches nicht strafbar; es werden aber der 
Lehrh. und seine Vertr. bestraft, wenn sie die 
ihnen durch das Ges. auferlegten Pflichten gegen 
die ihnen anvertrauten Lehrl. verletzen, § 148 
Abs. 1 Nr. 9 GewO. Eine entspr. Strafbest. gegen 
kl. besteht nicht; es kann aber beim Vorliegen 
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eines schriftl. L. nach § 1274 Gew„O. die Pol Beh. 
(§ 31 Min V. 28. 8. 09, Rabl. 59) auf einen 
binnen 1 Woche gestellten Antrag des Lehrh. 
einen entlaufenen Lehrl. durch Ungehorsam- 
strafen zur Rückkehr und zum Verbleiben in der 
Lehre anhalten und ihn auch zwangsweise zurück- 
sühren, solang nicht das Lehrverhältnis durch Ge- 
richtsurteil für aufgelöst erklärt oder dem Lehrl. 
das Fernbleiben durch einstweilige gerichtl. Ver- 
fügung Estattet ist. Im bürgerl. Rechtsweg können 
nach 8 Abs. 2 ZPrO. Dienstleistungen des 
Lehrl. nicht erzwungen werden. Der Lehrh. kann 
die Herausgabe des Arbeitsbuchs, s. d., verweigern, 
solang der L. nicht gelöst ist. Ist der Lehrh. vom 
L. mit dem unbefugt entlaufenen Lehrl. zurück- 
getreten, wozu er nach § 127b Abs. 2, § 123 Abs. 1 
GewO. berechtigt ist, so kann ihm poliz. Hilfe nicht 
gewährt werden, und er kann auch das Arbeitsbuch 
nicht zurückbehalten; es steht ihm aber auch ohne 
Nachweis eines Schadens ein ges. Entschädigungs- 
anspruch zu, § 12789 GewO. Das vertragswidrige 
Verhalten des einen Teils berechtigt den andern 
Teil nur dann zu einer einseitigen Auflösung des 
L., wenn durch dasselbe eine der ges. Voraussetz. 
für das Recht zur einseitigen Vertragsauflösung 
8 127b Abs. 2 GewO.) erfüllt ist; andererseits 
ann die Berechtigung zur einseitigen Auflösung 
auch gegeben sein, ohne daß ein vertragswidr. Ver- 
halten des andern Teils vorliegt. Ob und welche 
Entschädigung im Fall vorzeitiger Auflösung des 
L. der eine oder andere Teil anzusprechen hat, be- 
stimmt sich, soweit die GewO. keine Sonderbest. 
getroffen hat, nach den allg. Regeln des bürgerl. 
Rechts, § 327, 346 f., 628 BG. Die Entschädi- 
gungspflicht trifft danach i. d. R. den Vertragsteil, 
der die Umstände zu vertreten hat, die die Berechti- 
gung zur Vertragsauflösung herbeiführten. Es 
können über die Entschädigungen auch Best. im L. 
getroffen werden; sie dürfen aber nicht gegen die 
Ges. oder guten Sitten verstoßen. Die für gewöhnl. 
gen. Arbeiter durch die Gew O. eingef. Beschränk. 
er Schadenersatzansprüche bei Kontraktbruch, 
n d., gelten für das Lehrverhältnis nicht. Dagegen 
at die GewO. für die Entschädigungen im Fall 
vorzeitiger Auflösung des L. einige bes. Best. ge- 
troffen. Falls der Lehrherr den Vertrag wegen 
unbefugten Verlassens der Lehre durch den Lehrl. 
aufgelöst hat, steht ihm nach § 1278 GewO. ges. 
eine Entschädigung zu, die, wenn kein geringerer 
Betrag ausbedungen ist, für jeden Tag der rest- 
lichen Lehrzeit, höchstens aber für 6 Mon., die 
Hälfte des orts= und gewerbeüblichen Gesellen- 
lohns beträgt. Dabei macht die GewO. für die 
Entschädigung als Gesamtschuldner den Lehrl., 
seinen Vater (nicht auch Mutter und Vormund) 
und gegebenenfalls den Arbeitgeber, der den Lehrl. 
zum Verlassen der Lehre verleitet oder trotz Kennt- 
nis seiner anderweitigen Verpflichtung in Arbeit 
genommen hat, haftbar. Weiterhin besteht die 
Best., daß bei Rücktritt im Fall des Todes des 
Lehrh. und während der Probezeit eine Entschädi- 
gung nur beansprucht werden kann, wenn sie nach 
Art und Höhe im L. festgesetzt ist, 5 127f GewO. 
In allen Fällen einer vorzeitigen Auflösung des 
 
	        
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