Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

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dem bürg. Recht ist hier nur der Satz zu er- 
örtern, ob und inwieweit ein Grundstückseigen- 
tümer berechtigt ist, die Benützung des Luftraums 
über seinem Grundst. uftf. zu untersagen. Hier 
hat § 905 BGB. für D. positives Recht geschaffen 
und die gemeinrechtl. Lehren vom unbeschr. Eigen- 
tumsrecht an der Luftsäule über dem Grundst. 
verlassen; es kann weder die Luft, noch ein ab- 
geteiltes Stück des Weltraums über der Erdrinde 
als Eigentumsobjekt gelten, weil hieran als Gan- 
zem eine bürgrechtl. Herrschaft unmöglich ist. Das 
Ges. verleiht dem Grundstückseigent. also keine 
Rechte am Luftraum, wohl aber im Luftraum, 
jedoch ebenf. nicht unbeschränkt, sondern nur in- 
soweit, als er an dessen Benützung oder Nicht- 
benützung durch Dritte ein tatsächliches Interesse 
hat; finden die fremden Einwirkungen aber in 
solcher Höhe über seinem Grundst. statt, daß er 
an deren Ausschließung kein tats. Interesse hat, 
so kann er fie nicht verbieten. Ein solches Inter- 
esse wäre z.B. beim Umkreisen eines Grundst. 
durch ein Luftfahrzeug in geringer Höhe als 
vorliegend anzusehen, wenn die Bewohner durch 
Geräusch, Einsichtnahme u. ähnl. gestört werden. 
Das Landen von Luftfahrz. und das Herabwerfen 
von Gegenständen aus solchen kann schon deshalb 
verboten werden, weil dadurch das Grundst. selbst 
in Mitleidenschaft gezogen wird. — Auch das 
öff. Recht hat die Lehre der Lufthoheit, d. h. die 
Behauptung einer Souveränität über den Teil der 
Atmosphäre, der über dem Grundstaat ruht, ver- 
lassen, da eine Beherrschung des Luftraums un- 
möglich ist und die Luft keine Grenzen hat. Die 
Luft ist frei wie das Meer; diese Freiheit ist aber 
keine schrankenlose, sondern durch das Selbst- 
erhaltungsrecht der Staaten beschränkt. Kein 
Staat kann also seinen Luftraum gegen den 
Luftverkehr vollständig abschließen, auch wenn er 
vielleicht tats. ein solches Verbot durchführen 
könnte; dagegen hat jeder Staat das Recht und 
die Pflicht, solche Einwirkungen auf seinen Luft- 
raum auszuschließen, die ihn in seiner Sicherheit 
bedrohen könnten; jedoch genügen bloße Verbote 
nicht, sondern der Staat muß auch tats. in der 
Lage sein, seine Anordnungen durchzusetzen. Hie- 
bei kommt vor allem die militärische Sicherheit, 
also Schutz gegen Spionage, in Betracht, sodann 
der Schutz der Zollgrenzen, wobei für den Luft- 
verkehr dasselbe gilt, wie für den Landverkehr, 
ferner Schutz gegen Einschleppung von Seuchen 
usw. Bei dem Wechselverkehr, in dem die Kultur- 
staaten miteinander stehen, sind aber einseitige 
Maßnahmen eines Staates auf diesem Gebiet 
entweder wirkungslos oder sie fordern den Nach- 
barstaat zu entspr. Gegenmaßregeln heraus, so 
sich wirksame Maßnahmen nur auf dem 
Weg gegenseitiger Vereinbarung erreichen lassen. 
— N II. Geltende Vorschriften: # MinErl. 22. 3. 
99, b. Abkommen zw. dem d. R. und Oester.-Ung. 
wegen Ueberschreitung der beiders. Grenzen mit 
Militärluftballons, Abl. 133; MinErl. 26. 2. 12, 
Abl. 127, 10. 11. 18, Abl. 917, u. 17. 6. 14, Abl. 347, 
b. Flugwesen und Luftschiffahrt; Bek. 29. 7. 13, 
b. Regelung des Luftverk. zw. D. und Frankrcich, 
  
Luftfahrtrecht. 
RGl. 601; zu erwähnen noch Min JBek. 18. 1. 04, 
b. Behandlung aufgef. Luftballons, Staatsanz. 
Nr. 18 Beil. Genaue Grenzen der für den Luft- 
verkehr verbotenen Zonen enthält für die Festung 
Ulm Min Ibl. 14 348. — Ges. Vorschr. über die 
Beschaffenheit und Ausrüstung der Luftfahrz. find 
noch nicht erlassen, ebensowenig solche über die 
Ausbildung und das Verhalten der Führer; die 
maßgeb. Verhältnisse sind noch zu mannigfaltig 
und wenig feststehend, um fie durch best. Vorschr. 
regeln zu können. W. hat sich daher nach dem Vor- 
gang von Preußen damit begnügt, für die PolBeh. 
allg. Regeln zur Verhinderung einer Beschäd. von 
Pers. oder Sachen aufzustellen, die im Einzelfall. 
zunächst im Weg gegenseitiger Verständigung und 
nötigenfalls durch pol. Auflage angewandt werden 
sollen. Allg. pol. Vorschr. in dieser Richtung 
könnten auf Grund von Art. 32 Z. 5 Polst G. er- 
lassen werden, es hat aber bis jetzt keine Beh. 
von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht. — 
Im allg. soll niemand fliegen, der sich nicht durch 
ein Zeugnis des D. Luftfahrerverbands (Berlin 
W9, Voßstr. 21) über seine Fähigkeit hiezu aus- 
weisen kann; bei Flugzeugen können für 
Flugversuche an besonders hergerichteten Plätzen 
oder ungefährlichen Orten Ausnahmen gemacht 
werden, nicht aber bei Schau= und Passagierflügen. 
Verboten ist das Ueberfliegen von Sprengstoff- 
fobriken, Petroleumanlagen, Gasanstalten u. a. 
feuergefährl. Anl., sowie von Grundstücken, die 
von elektr. Hochspannungsleitungen netzartig über- 
zogen find; zu warnen ist vor dem Ueberfliegen 
größerer Ortschaften. Flüge über Befestigungen 
find auch für Inl. ohne bes. milit. Erlaubnis in 
einem Umkreis von 10 km verboten. Die Fest- 
setzung der verbotenen Zonen erfolgt durch die 
Militärverw. Die Mitnahme von photogr. Appa- 
raten ist grundsätzlich verboten, kann aber mit 
Ausnahme von fernphotogr. Appar. zuverlässigen 
Pers. von der Ortspol Beh. gestattet werden. Flie- 
er, die sich hiegegen verfehlen, machen sich der 
pionage verdächtig, ihre Personalien sind fest- 
zustellen und es ist nachzuforschen, ob verdächtige 
photogr. Aufnahmen oder Zeichnungen gemacht 
worden sind. Anfragen über Flieger und deren 
Führungszeugnisse sind an das Pol Präsidium Ber- 
lin, Anfragen über Flieger und Flugzeuge an die 
Flug= und Sportplatzgesellschaft Berlin W 35, 
Lützowstr. 89, zu richten. — Beim Aufstieg von 
lenkk. Luftschiffen müssen nicht nur der 
Führer, sondern auch alle an der Führung des 
Schiffes beteiligte Pers. (Steuerleute usw.) das 
o. erwähnte Führerzeugnis besitzen; die mit 
Handhabung der Motore betraute Besatzung muß 
ihre Befähigung hiefür durch ein Zeugnis nach- 
weisen, das von einem Sachverständigen zur Prü- 
fung von Kraftfahrzeugen ausgestellt worden ist. 
Außerdem ist der Veranstalter von Fahrten mit 
Fahrgästen gehalten, ein Revisionsbuch nach näh. 
Best. zu führen. Bez. des Ueberfliegens von Be- 
festigungen gilt die o. angef. Best. — Für die 
Führer von Freiballonen genügt ein von 
einem Verein des D. Luftfahrerverbd. ausgest. 
Zeugnis, das vom Verbandsvorstand beglaubigt
	        
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