Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

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Realgewerbeberechtigungen sind die mit dem 
Besitz eines Grundstücks verbundenen Berechtig- 
ungen zur Ausübung eines Gewerbes (z. B. Gast-, 
Schankwirtschaft, Apotheker, Abdecker), aber auch 
solche Berechtigungen ohne Verknüpfung mit einem 
bestimmten Grundstück, die als veräußerlich und 
vererblich gleich dingl. Rechten anerkannt wur- 
den. Schon Art. 18 des w. G. über Bannrechte 
und dingl. Gewerbsberechtigungen mit Aus- 
schließungsbefugnis 8. 6. 49, Rgbl. 159, hatte 
die R., soweit sie mit keiner Ausschließungsbefug- 
nis verbunden waren, als fortbestehend erklärt 
und auch durch die GewO. sind die z. Zt. des In- 
krafttretens des Ges. bereits begründeten R. nicht 
aufgehoben worden. Jedoch dürfen sie fortan nicht 
mehr neu begründet werden, § 10 Abs. 2 Gew. 
Die Uebertragung bereits bestehender R. von dem 
jeweiligen Inhaber auf Andere ist aber in jeder 
ges. überhaupt zulässigen Weise möglich, Gew O. 
§ 48. Sofern der Erwerber die Gewerbeberech- 
tigung für eigene Rechnung ausüben will, muß 
er zum Betrieb des betr. Gewerbes nach den 
Vorschr. der GewO. befähigt sein. — Die R. 
z. Zt. nur noch insoweit von Bedeutung, als 
bei dem betr. Gew. die volle Gewerbefreiheit 
nicht zur Anerkennung gekommen ist, also die 
Errichtung neuer Betriebe mehr oder minder ges. 
Beschränkungen unterliegt. Hins. des Be- 
standes, der Uebertragung und des Erlöschens 
von R. gilt Landesrecht, Art. 74 EGBGB. Strei- 
tigkeiten über ihren Bestand entscheiden in W. die 
GewpPol Beh. Soweit sie mit dem Besitz eines 
Grundstücks verbunden sind, gehen sie auf jeden 
Erwerber des Grundstücks über. Ist der Erwerber 
our Ausübung des betr. Gew. selbst nicht befähigt, 
so kann er dass. durch einen hiezu befähigten 
Stellvertreter betreiben lassen. Ist die Ausübung 
des Gew. (z. B. Gast-, Schankwirtschaft) an eine 
Konzession gebunden, so darf diese nur versagt 
werden bei mangelnder persönlicher Befähigung 
des Nachsuchenden, oder wenn die Lokalitäten den 
im öff. Interesse zu stellenden Anforderungen nicht 
entsprechen. Mangelndes Bedürfnis kann hier 
keinen Grund zur Versagung bilden, § 49 VV. 9. 
11. 83, Rgbl. 234, Min JErl. 20. 3. 07, Abl. 153. 
Eine Entziehung der Konzession kann nur gegen 
die Ausübung ders. durch den Realberechtigten ge- 
richtet werden, dem es alsdann freisteht, das Ge- 
werbe durch andere befähigte Personen ausüben 
zu lassen. — Aus dem Verbot der Neu- 
begründung von R. ergibt sich ohne wei- 
teres die Unzulässigkeit ihrer wesentlichen 
Erweiterung. Unzulässig ist daher die Aus- 
dehnung eines dingl. Wirtschaftsrechts auf an- 
stoßende (selbständige) Gebäude, vgl. Min JErl. 
3. 4. 95, Abl. 199, 10. 11. 98, Abl. 112, auch die 
Uebertragung eines auf einem Gartengrundstück 
ruhenden Rechts zum Wirtschaften im Freien auf 
einen unter teilweiser Benutzung der Area des 
Gartens erstellten Bau, Min JErl. 1. 10. 94, 
Abl. 383. Möglich sind allerdings unwesentliche 
Erweiterungen, so die Ausdehnung dingl. Wirt- 
schaftsrechte auf unselbständige, für sich allein 
nicht benützbare Anbauten, Min Erl. 28. 4. 86, 
Abl. 158, 8. 6. 06, Abl. 285. Ausgeschlossen ist 
Realgewerbeberechtigungen — Rebenbveredlung. 
ferner eine Teilung bestehender R. nach ein- 
zelnen Bedürfnissen; da hierdurch in Wirklichkeit 
neue R. begründet werden würden. So kann bei 
einer Teilung des Eigentums an der Grundfläche 
das auf der letzteren ruhende Realrecht nicht auf 
jeden der selbständig gewordenen Teile übergehen, 
sondern fernerhin nur auf einem der Teile aus- 
geübt werden, Min JIErl. 5. 10. 97, Abl. 98 70; 
auch kann ein reales Wirtschaftsgewerbe durch 
mehrere, auf selbständige Rechnung wirtschaftende 
Personen gleichzeitig nicht betrieben werden, Min.= 
JErl. 20. 4. 00, Abl. 247. — Die Uebertrag- 
ung von R. auf andere Grundstücke ist in W. 
hins. der Wirtschaftsrechte geregelt durch den — 
noch gültigen, vgl. Art. 18 Abs. 2 SpG. — Art. 7 
Abs. 1 des G. 3. 11. 55, Rgbl. 269. Hienach ist 
eine solche Uebertragung auf das Eigentum eines 
Dritten ausgeschlossen, auf ein demselben Berech- 
tigten zugehöriges anderes Gebäude von bes. Ge- 
nahmigung der Kreisreg., Min JErl. 1. 2. 87, 
Abl. 109, abhängig. Dieselbe wird nicht erteilt, 
wenn die Uebertragung nach Lage der Verhält- 
nisse in ihrer Wirkung der Neubegründung einer 
Realgerechtigkeit gleichkkommen würde, Min JFrl-. 
31. 12. 98, Abl. 99 114. Eine Uebertragung auf 
ein anderes Gebäude des bisherigen Berechtigten 
kann nach erfolgter Veräußerung des Gebäudes, 
auf welchem das Recht ruht, nicht mehr erfolgen, 
Min JErl. 3. 4. 95, Abl. 200, vgl. auch VGS. 
19. 1. 98, Abl. 70. — Erlöschen von R. in 
W. Nach Art. 12 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 
des G. 3. 11. 55, vgl. auch Art. 18 Abs. 2 SpG., 
gehen dingliche Wirtschaftsrechte infolge fünf- 
jähr. Nichtgebrauchs durch Verjährung verloren, 
doch kann eine Verlängerung der Verjährungs- 
frist, wenn vor deren Ablauf nachgesucht, auf 
weitere 10 Jahre durch die Oue. gewährt wer- 
den, s. auch Min JAbl. 88 216, 217. Für das 
Erlöschen dingl. Apothekenberechtigungen gelten 
in W. § 7 f. der KVO. 4. 1. 43, s. Apotheken- 
wesen II B. Brenner. 
Realgymnasium s. Höhere Schulen § 6. 
Realkredit s. landw. Kredit. 
Reallasten s. BGB. § 1105—1112. Die Neu- 
bestellung solcher Reallasten, die durch die w. 
Ablösungsgesetzgebung aufgehoben sind, s. Grund- 
lastenablösung, ist unstatthaft, Mandry, W. Priv.= 
R. I. 210; Schneidler, W. PrivR. 117. Haller. 
Realprogymnasium s. Höhere Schulen § 6. 
Realschulen s. Höhere Schulen § 6. 
Rebenveredlung dient dem Zweck, reblauswider- 
standsfähige Reben zu gewinnen; es geschieht dies 
in der Weise, daß auf Amerikaner-Grundlage 
unsere einheimischen Rebsorten gezogen werden. 
Die passenden Sorten auszuprobieren ist Aufgabe 
der i. J. 1907 in Offenau, O. Neckarsulm, er- 
richteten, unter Aufsicht des Vorstands der Wein- 
bauschule Weinsberg stehenden staatl. Reben- 
veredlungsanstalt. Von dieser werden alljährlich 
eine größere Zahl Veredelungen an die einzelnen 
Weinbaugebiete abgegeben, damit Erfahrungen 
darüber gesammelt werden, wie sich die veredelten 
Reben für die verschiedenen Bodenarten eignen 
und welche Sorten sich im besonderen als wider-
	        
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