Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

Sonntagsruhe im Gewerbe. 
gemeines. 1 Die Regelung der Sonn= und Fest- 
tagsarbeit im Gew. ist vom Gesichtspunkt des 
Arbeiterschutzes, des billigen Ausgleichs der wirt- 
schaftlichen Interessen der Gew= Treib. und der 
bürgerl. Feier der Sonn= und Festtage erfolgt. 
Die Gew. hat zur Regelung der Sonn= und Fest- 
tagsarbeit der Arbeiter neben öff.-rechtl. Vorschr. 
auch solche privatrechtl. Natur erlassen. Allein 
auf privatrechtl. Weg hat sie die Beschäftigung 
von Arbeitern im irtschafts-, Verkehrs- und 
Luftbarkeitsgewerbe, § 105i, geordnet. Sie be- 
stimmt, daß die Ge# reib. die Arbeiter in diesen 
Gew. nur zu solchen Arbeiten an Sonn- und 
Festtagen verpflichten können, die nach der Natur 
des Gewetr. einen Aufschub oder eine Unter- 
brechung nicht gestatten. Streitigkeiten über das 
Vorliegen dieser Voraussetzungen entscheiden die 
Gerichte. Privatrechtlich gilt weiter, daß Ver- 
träge, durch die Gewreib. Arbeiter (abgesehen 
von Gehilfen und Lehrl. in Apotheken, § 154) zu 
Arbeiten an Sonn= und Fest. verpflichten, inso- 
weit nichtig sind, als die Arbeiten nicht nach den 
öff.-rechtl. Best. der GewO. oder der auf Grund 
derselben erlass. VollzBest. des Bdrts. oder der 
Landesbeh. vorgenommen werden dürfen. Unter 
„Arbeiten“"“ find nur die unter die GewO. 
fallenden Arbeiten zu verstehen, also nicht häus- 
liche Arbeiten, Arbeiten im Betrieb der Land= und 
Forstwirtschaft, des Gartenbaus, des Weinbaus, 
der Viehzucht u. a., vgl. auch § 6 GewO. — 
Arbeiter i. d. S. ist, wer auf Grund eines Ar- 
beitsvertrags für einen andern zum Zweck 
eines Gew. unselbst. gegen Lohn Arbeit verrichtet, 
wie Taglöhner, Hausdiener, Ausläufer, Gesellen, 
Gehilfen, Lehrlinge, Betriebsbeamte, Werkmeister, 
Techniker, Fabrikarbeiter. Geschlecht, Alter, 
Staatsangehörigkeit, Dauer der Arbeit, Art der 
Lohnzahlung beeinflussen den Begriff nicht. — 
Als Festte gelten in W. Weihnachtsfest und 
der darauf folgende Feiertag, Neujahrsf., Er- 
scheinungsf., Karfreitag, Himmelfahrtsf., Oster- 
und Pfingstmontag; für Orte mit überwiegend 
kathol. Bevölkerung außerdem Fronleichnam und 
Mariä Himmelfahrt. — II. Die üff.“rechtl. 
Vorschriften über die Sonn= und Festtagsarbeit 
der Arbeiter, s. auch Z. IV. — 1. Für das 
Produktions-, Verarbeitungs- und 
Bearbeitungsgewerbe (§ 105b, 1) gilt 
als Regel, daß Arbeiter in diesen Betrieben, 
d. h. bei den diesen Betrieben eigentümlichen 
Arbeitsverrichtungen an Sonn= und Feste. nicht 
beschäftigt werden dürfen. Den Arbeitern ist eine 
Mindestpause für jeden S.= und FT. von 24, für 
wei aufeinander f. S.= u. FT. von 36, für 
eihnachts-, Oster= und PfingstF. von 48 Std. 
zu gewähren. Die Ruhezeit ist von 12 Uhr nachts 
zu rechnen und muß bei 2 aufeinander f. S.= und 
Fr. bis 6 Uhr abends des 2. T. dauern. In 
Betr. mit regelmäß. Tag= und Nachtschicht ist 
eine andere Festsetzung der Ruhezeit möglich. Als 
die in Betracht komm. Betr. zählt die GewO. er- 
schöpfend auf Bergwerke, Salinen, Aufbereitungs- 
anstalten, Brüche und Gruben, Hüttenwerke, 
Fooriten und Werkstätten (d. h. Handwerksbetr.), 
immerplätze u. a. Bauhöfe, Werften, Ziegeleien, 
Vauten aller Art. — Ausnahmen sind in weit- 
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gehendem Maß zugelassen: a) Kraft Ges. 
(§ 1050) find ohne weitere Erlaubnis gestattet 
rbeiten, die in Notfällen oder im öff. Interesse 
unverzüglich vorgenommen werden müssen; für 
einen Sonntag im Jahr Arbeiten zur Durch- 
führung einer ges. vorgeschrieb. Inventur. Zulässig 
ist weiter die Bewachung der Betriebsanl., Arbei- 
ten zur Reinigung und Instandhaltung, durch die 
der regelmäßige Fortgang eines eigenen oder 
eines fremden Betr. bedingt ist; Arbeiten, von 
denen die Wiederaufnahme des vollen werttätigen 
Betr. abhängig ist oder die zur Verhütung des 
Verderbens von Rohstoffen oder des Mißratens 
von Arbeitserzeugnissen erforderlich sind, soweit 
diese Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen 
werden können; dauern diese Arbeiten länger als 
3 Std. oder hindern sie die Arbeiter am Besuch 
des Gottesdienstes, so ist jeder Arbeiter entweder 
an jedem 3. Sonnt. volle 36 Std. oder jedem 
2. Sonnt. mind. in der Zeit von 6 Uhr morgens 
bis 6 Uhr abends von der Arbeit freizulassen; 
Ausn. durch den Ortsvorsteher möglich. Weiter ist 
es. zulässig die Verwendung von Arbeitern au 
bie eaufsichtigung des Betr., soweit er na 
obigem an S.= u. FT. stattfinden darf. Die 
Prüfung, ob die Voraussetzungen zu diesen Arbei- 
ten vorliegen, steht dem Unternehmer zu. Er 
muß aber über diese Arbeiten ein genaues Ver- 
zeichnis führen, das er auf Verlangen jederzeit der 
OrtspolBeh. oder den Gew Aufsichtsbeamten zur 
Einsicht vorzulegen hat. — b) Durch Be- 
schluß des Bdrts (§ 1054) können für be- 
stimmte Gew., bes. für Betr., in denen Arbeiten 
vorkommen, die ihrer Natur nach eine Unter- 
brechung oder einen Aufschub nicht gestatten, sowie 
für Betr., die ihrer Natur nach auf bestimmte 
Jahreszeiten beschränkt sind, Campagnobetriebe, 
oder die in gewissen Zeiten des Jahres zu einer 
außergewöhnl. verstärkten Tätigkeit genötigt sind, 
Saisonbetriebe, Ausn. ugelassen werden. Die 
betr. BdrtsVO. zählen die begünstigten Betr. der 
Gattung nach auf, bezeichnen genau die zugelass. 
Arbeiten, ebenso die Bedingungen. unter denen die 
Arbeiten gestattet werden. So darf in chem. 
Wäschereien und Schönfärbereien für Kleidung- 
stücke, Kürschnereien, Putzmachereien, Schneide- 
reien und Schuhmachereien mit handwerksmäß. 
Betr., sowie zur Anfertigung von Spielwaren an 
6, zur Herstellung von Strohhüten an 4 S. u. Fx. 
im IJ., ausg. Weihnachts-, Neujahrs--, Oster--, 
Himmelfahrts-= und Pfingstfest, die Beschäftigung 
von Arbeitern bis mittats 12 Uhr stattfinden. Die 
betr. Tage können von der OrtspolBeh. festgesetzt 
werden; ist das nicht geschehen, muß ihr die Be- 
schäftigung vor dem Beginn angezeigt werden. 
Weiter sind in best. Umfang und unter best. Be- 
dingungen Ausn. zugelassen zur Herstellung von 
Schokolade, Honigkuchen, Zuckerwaren, Bisquit, für 
die Betriebe der Glashütten, Kalk= und Gips- 
brennereien, Mälzereien, Molkereien, Salinen, 
Spiritusraffinerien, Zichorienwaren, Zuckerfabr., 
zur Herstellung elektrischer Maschinen und Appa- 
rate, flüssiger Kohlensäure, Lackleder, Papier und 
Pappe, Zement, zur Gewinnung von Leim, Soda 
und Pottasche u. a. — c) Durch Verfügung 
des Ol. können für das Bedürfnisgew., 
 
	        
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