Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

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Außerdem ist in beiden Fällen der Antrag auf 
gerichtl. Entscheidung zulässig. — S. auch Ver- 
waltungsstrafverfahren. Haller. 
Strafkammer s. Gerichtsverfassung II, III. 
Strafverfügung, polizeiliche. — I. Nach § 458 
RStPO. sind die Polizeibeh. gemäß den 
Best. der Landesges. befugt, eine in den Strafges. 
angedrohte Strafe durch Verfügung festzu- 
setzen, wobei sich diese Befugnis nur auf Ueber- 
tretungen erstrecken darf. In Württ. ist von dieser 
Befugnis in Ges. 12. 8. 79, Rabl. 153, Ge- 
brauch gemacht. Gemäß Art. 9 sind die PolBeh. 
befugt, nach Maßgabe des § 453 RSt PO. und 
der Best. des angef. Ges. die in den Strafges. 
gegen Uebertretungen angedrohten Straf., 
sowie eine etwa verwirkte Einziehung, s. pol. 
Einz., durch Verfügung festzusetzen. Wird 
eine Geldstr. festgesetzt, so ist zugleich die Dauer 
der für den Fall, die Geldstr. nicht bei- 
etrieben werden kann, an deren Stelle tretenden 
Laft zu bestimmen. Dies hat zu unterbleiben, 
wenn die Geldstr. bar hinterlegt oder ihre Bei- 
treibung zweifellos sicher ist. — 1x II. Befugt ## 
zur Erlassung von Str V. sind in W. nicht alle 
PolBeh., sondern nach Art. 10—14 Ges. 12. 8. 79 
u. Art. 164, 166 Gde O. nur f.: 1. die Orts- 
vorsteher (nicht GdeRäte); 2. von den Eisen- 
bahnstellen die Betriebsinsp. und Bahn.= 
stationen l. Kl.; 3. der Hafendirektor 
in Friedrichshafen; 4. in allen übrigen Fällen die 
Oberämter. Durch VV. 25. 9.79, Rgbl. 383, 
und Erl. 6. 9. 80, Abl. 337, sind die in Betracht kom- 
menden PolBeh. angewiesen, von dieser Befug- 
nis regelmäßig dann Gebrauch zu machen, 
wenn die prozessualischen Mittel, s. polizeil. Un- 
tersuchungen, zur Erlassung einer Strafe aus- 
reichen oder nicht bes. Hindernisse im Weg stehen. 
Solche Hindernisse sind entweder in einem Ge- 
8 begründet (z. B. Art. 1 Ausf. Ges. zur St.- 
OSt., bei Anzeigen gegen Mitglieder des Kgl. 
Hauses usw. oder gegen Militärpersonen oder auf 
Grund des § 360 Z. 3 StGB.) oder sie sind 
wegen Beschränkung der Befugnisse der PolBeh. 
un statthaft (bei Ueberschreitung des in § 453 
St PO. bez. Strafmaßes, weiter soweit Gerichte 
oder Staatsanwaltschaften die Strafverfolgung 
übernommen haben, bei notwendiger Verfügung 
der Untersuchungshaft u. a.). — III. Die Hol 
Beh. kann gemäß § 453 Abs. 2 St PO. keine an- 
dere Str. als Haft bis zu 14 Tagen oder Geldstr. 
und diej. Haft, welche für den Fall, daß die Geldstr. 
nicht beigetrieben werden kann, an deren Stelle 
tritt, sowie eine etwa verwirkte Einziehung ver- 
hängen. Die Str V. muß außer der Festsetzung 
der Str. die strafbare Handlung, das angewen- 
dete Strafges. und die Beweismittel bezeichnen, 
auch die Eröffnung enthalten, daß der Beschul- 
digte, sofern er nicht eine nach den Ges. zugelas- 
sene Beschwerde an die PolBeh. ergreife, gegen 
die Str V. binnen 1 Woche nach der Bekannt- 
machung bei der PolBeh., welche die Str V. er- 
lassen hat oder bei dem zuständigen Amtsger. auf 
ger. Entscheidung antragen könne. Die Str V. 
wirkt in betreff der Unterbrechung der Verjähr- 
ung wie eine richterliche Handlung. — 4 IV. 
Die Befugnis der Ortsvorsteher 1 zur Erlassung 
  
Strafkammer — Strafverfügung. 
von Str V. erstreckt sich in den großen und mitt- 
leren Städten (über 50 000 Einw. u. 10 000 bis 
50 000 Einw.) bis zu 6 Tagen Haft und Geldstr. 
von 30 4, in sonst. Gden 1. Kl. (4000—10 000 
Einw.) bis zu 4 T. Haft und 20 Geldstr., in 
Gden 2. Kl. (1000—4000 E.) bis zu 3 T. H. 
und 15 MK Geldstr., in Gden 3. Kl. (unter 
1000 E.) bis zu 2 T. H. und 10 44 Geldstr. 
Haft von längerer Dauer kann durch Str V. des 
rtsvorst. auch nicht an Stelle einer nicht bei- 
zutreibenden Geldstr. festgesetzt werden, Art. 164 
Gde O. Der Anwalt (in Teilgden) ist befugt an 
Stelle des Ortsvorst. wegen geringerer Polleber- 
tretungen, namentlich Verfehlungen durchreisender 
fremder Personen gegen die Straßen-= und Feld- 
polizei, auf Geldstr. bis 5 4+ und für den Fall 
der Uneinbringlichkeit auf 1 Tag Haft erkennen. 
Im Fall der Realkonkurrenz von Uebertr. kann 
der Ortsvorst. auch dann StrV. erlassen, wenn 
der Gesamtbetrag der Strafen für die einzelnen 
abzuurteilenden Uebertr. die Grenze der Straf- 
gewalt des Ortsvorst. überschreiten würde. Dies 
ilt auch für die Strafgewalt der Oberämter. 
Im übrigen ist der Ortsvorst. nur für die in 
Art. 10 PStG. aufgeführten oder durch andere 
Ges. ihm zur Abrügung überwiesenen Uebertr. zur 
Erlassung von StrV. befugt. Wenn er in diesen 
Fällen eine seine Strafbefugnis überschreitende 
Str. für begründet erachtet, so hat er die Anzeige 
dem Oberamt vorzulegen. Dieses darf, auch wenn 
es hinsichtlich der verwirkten Strafe anderer An- 
sicht ist, die Sache nicht an den Ortsvorst. zurück- 
weisen. Wenn aus dem gleichen Grund oder, 
wenn sie Bedenken tragen, die Str. durch Verf. 
festsusetzen, das Oberamt, die Eisenbahnstellen oder 
der Hafendirektor die Sache an den Amts- 
an walt abgegeben haben, so muß der Fall von 
diesem erledigt werden. Lehnt dieser die Er- 
hevung der öff. Klage ab, so kann die PolBeh. 
von sich aus, soweit eine solche statthaft ist, mit 
Str V. einschreiten. Dagegen können Str V. wegen 
solcher Uebertr. nicht erlassen werden, wegen deren 
nach § 211 StPO. zur Hauptverhandlung vor dem 
Schöffen= besw. Amtsgericht Esschritten wird. 
Wenn nach Erlassung, aber vor dem Eintritt der 
Vollstreckbarkeit der Str V. von dem Staatsanwalt 
oder dem Gericht in der oben bez. Weise ein- 
geschritten wird, so tritt die StrV. außer Wirk- 
ung. Bezügl. der örtl. Zuständigkeit der 
Pol Beh. findet § 7 f. St PO. entsprechende An- 
wendung. Zur Vorbereitung der Str#. 
stehen den PolBeh. die in § 159 St#O. der 
Staatsanwaltschaft eingeräumten Befugnisse zu, 
s. pol. Untersuchung. — V. Die Str. ist dem Be- 
schuldigten entw. mündlich zur amtl. Nieder- 
schrift zu eröffnen oder in Abschrift zuzustellen. 
Dem Besch. steht gegen die Str. außer dem 
Antrag auf ger. Entscheidung einmalige Be- 
schwerde u. zwar gegen die Entscheidung der 
Ortsvorst. an die Oemter, gegen Entsch. der 
CAemter und des Hafendirektors an die Kreisreg. 
und gegen die Entsch. einer Eisenbahnstelle an die 
höhere Eisenbahnstelle zu. Die Beschw. muß bin- 
nen 1 Woche nach der Eröffnung bei der PolBeh., 
welche die Str V. erlassen hat, mündl. zur amtl. 
Niederschrift oder schriftl. angebracht und sofort
	        
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