Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

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gungsämter) Es liegt in der Natur der Sache, 
aß einerseits mit der wachsenden Organisation 
der Arbeitn. und Arbeitg., andererseits mit der 
jeweiligen Besserung des Arbeitsmarktes und der 
Geschäftskonjunkturen Lohnbewegungen und 
Arbeiterausstände sich mehren und die Str.= und 
Aussperrungsziffern in die Höhe gehen. An Er- 
mittlungen über Str. und Aussperrungen laufen 
zwei große örtlich auf das ganze Reich berechnete 
Statistiken nebeneinander her, eine amtl. von 
dem Kais. Stat. Amt. in Berlin und eine private 
von der Generalkommission der Gewerkschaften. 
Die amtl. beruht auf BdrtsBeschl. 10. 6. 98. Da- 
nach werden seit dem 1. 1. 99 im d. Reich die in 
Gewerbebetr. vorkomm. Str. und Aussperr. zum 
Gegenstand fortl. Erhebungen gemacht; die Er- 
hebung des Materials erfolgt in einheitlicher 
Weise. Nähere Vorschr. für W. enthält Min JBek. 
4. 7. 98, Abl. 273. Die Statistik der General- 
kommission der Gewerksch erfaßt nicht nur 
Arbeitseinstellungen, sondern auch die Beweg., bei 
denen es zu keinem Ausbruch eines Str. gekom- 
men ist, andererseits ist sie beschränkt auf solche 
Vorgänge, an denen die Gewerksch. beteiligt sind. 
Eingehende Angaben über Zahl der jährl. in W. 
vorgek. Str. bietet jeder Jahrgang des Stat. 
Handb. f. d. Kgr. W. Schott. 
Streunutzung. 1. In Staatswaldun- 
gen: Seit Ablösung der Streurechte (s. Forst- 
rechte) regelmäßige Nutz. von Laubstreu nur auf 
Wegen, Schneißen dder sonst. der Holz- 
zucht dauernd entzogenen Flächen. Verkauf des 
Laubes von solchen Fl. allj. meist im Herbsft, u. U. 
im Frühj. zur Gewinnung durch die Empfänger 
im Aufstreich. Die Forst Ae. sind angewiesen, der- 
artige Anfälle allenthalben rechtzeitig zu verwerten. 
Außerordentl. Abgaben von Laub-, Moos-, Heidel- 
beer- und Heidestr. aus dem Innern von Be-— 
ständen bei Streu- und Futternot. Diesfalls 
Genehm. der Forstdir. erforderlich, die auf Antrag 
der Forst Ae. in den Streuregistern entscheidet, und 
die Bestimmung, daß die Gewinnung der Streu 
innerh. der Bestände stets durch von der Forst- 
verwaltung aufgest. Arbeiter zu erfolgen habe, so- 
fern nicht im Einzelfall anders verfügt wird. Ver- 
wertung im öff. Aufstreich die Regel, u. U. 
unter Beschränkung des letzteren auf die Vieh- 
besitzer einzelner Gden. Ausnahmsweise da und 
dort, bes. im Schwarzwald Abgabe von Heide= und 
Heidelbeerstreu als Kulturmaßregel und zur 
Selbstaufbereitung durch die Empfänger. In 
Nadelholzgebieten wird seitens der Forstverwalt. 
überall die Verwendung der Nadelreis- 
streu, auch von Torfstreu als Ersatzmittel für 
Laub= und Moosstreu tunlich gefördert. — 2. In 
Korperschaftswaldungen. In der Mehr- 
zahl der Fälle regelmäß. Streunutz. in Beständen, 
soweit solche nicht im Wirtschaftsplan ausdrückl. 
auf Notfälle beschränkt sind. Daher und zugleich, 
um die Nutzung auf dasj. Maß zurückzuführen, 
bei dem die Erhaltung der standortsgemäßen Holz- 
und Betriebsart nicht gefährdet wird, Art. 3 Abs. 2 
K FG., sind periodische und jährl. Streu- 
nutzungsplane aufzustellen. Vorschr. hiefür 
in § 8 u. 14 VV. KFG. 1902, Rgbl. 45; für die 
Art der Nutz Ausführung in § 27 das. Bes. Best. 
Streunutzung — Stromertum. 
in letzterer Hinsicht für die außerord. Streu- 
nutzungen, die in Notfällen bewilligt werden und 
der Genehm. der Körpersch Forstdir. unterliegen, 
§ 27 das., Z. 5. — 3. In Privatwaldungen. 
Str. steht dem Eigentümer frei zu, kann jedoch 
von Forstpolizei wegen beschränkt werden, wenn 
sie eine übermäßige ist, so daß der Fortbestand 
des Waldes gefährdet erscheint. Das Forstamt hat 
hier unter schriftl. Belehrung und Verwarnung 
des Waldbesitzers die auf Beseitigung jener Gefahr 
erichteten Anordnungen zu treffen, Art. 11 u. 20 
Z. 4 FP#G. Werden diese nicht beachtet, zeitliche 
Beschränkung des Waldbesitzers in der freien Be- 
wirtschaftung des Waldes usw. zulässig, Art. 11 
Abs. 2 das. E. Speidel. 
Strohpapierstoffabriken sind Anst., in denen 
das Stroh zunächst auf einer Art Häckselmaschine 
auf bestimmte Länge geschnitten, dann in Dampf= 
kochern unter Druck mit Natronlauge von den dic 
Cellulose überkrustenden Stoffen befreit, dann 
meist noch mit Chlorkalk gebleicht, mit viel Wasser 
ausgewaschen und entwässert wird, preuß. techn. 
Anl. II 30, Schicker, GewO. 1297. Sie sind ge- 
nehmigungspflichtig, § 16 GewO. i. d. F. der 
Rchsk Bek. 20. 7. 73, RE#l. 299, bzw. d. RG. 
2. 5. 74, Rel. 19. Zuständig zur Genehm. ist 
das OA. bzw. der Bezirksrat, § 64 VVBezO. Ueber 
das Verfahren s. Verf. in Gewerbesachen u. An- 
lagen, gew. II 3. Strafbest. § 147 Abs. 1 Z. 2, 
auch Abs. 3 Gew O. Brenner. 
Stromertum. Das in der Hauptsache aus 
Landstreichern und gewohnheitsmäß. Bettlern (s. 
Landstreicherei und Bettel) sich zusammensetzende 
Str. bildet eine schwere Belastung für die Be- 
völkerung, bes. auf dem flachen Lande, und u. U 
eine ernste Gefahr für die öff. Sicherheit. Seine 
Bekämpfung ist eine wichtige Aufgabe des Staats 
und sonst. öff.-rechtl. Körpersch. (Gden, Amts- 
körpersch.), deren Maßnahmen durch zahlreiche 
private Einrichtungen charitativer Art (Herbergen, 
Gesellenhäuser, Arbeiterkolonien u. dgl.) ergänzt 
werden. Der Bekämpfung dienen auf seiten des 
Staats usw. neben der Bereitstellung einer aus- 
reichenden Armenpflege einmal rein polizei- 
liche Maßnahmen, namentlich die Sorge für 
das Vorhandensein eines brauchbaren Sicherheits- 
polizeipersonals, sachgemäße Anwendung der 
fremdenpol. Vorschr. wegen des Ausweises über 
die Person, § 3 Paß G. 12. 10. 67, Rgbl. 71 Nr. 1 
Anl. S. 19, s. Paßwesen u. Meldewesen, polizei- 
liches, Verhängung von Strafen wegen Bettels, 
Landstreicherei usw., Ausweisung aus Staat und 
Gde, Anwendung des Arbeitszwangs und die 
Ueberweisung an die Landespolizeibehörde, Maß- 
nahmen, deren strenge Durchführung den Polizci- 
beh. in Min Erl. 21. 3. 88, Abl. 115, zur 
Pflicht gemacht wurde. Die ausschl. Anwendung 
der angeführten polizeil. Mittel hat sich indessen 
nicht als ausreichend erwiesen. Diese Erkennt- 
nis hat zur Begründung und staatlichen För- 
derung von Fürsorgeeinrichtungen für 
Wanderarme geführt. Als solche kommen 
in W., nachdem sich das frühere Naturalver- 
pflegungssystem (zu vgl. Min JErl. 2. 2. 84, Abl. 
65, und Entwurf einer Bezirksatzung 83 das.) 
nicht bewährt hat, die nach westfälischem Vorbild
	        
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