Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

Vermessungs- u. Vermarkungswesen. 
Kenntlichmachung und Kenntlicherhaltung der 
Grenzen dadurch Rechnung, daß in 8 919 BGB. 
jedem Eigentümer eines Grundstücks der gegebe- 
nenfalls auf dem Zivilrechtsweg verfolgbare An- 
spruch gegen den Eigentümer des Nachbargrund- 
stücks eingeräumt wurde, daß dieser zur Errich- 
tung fester Grenzzeichen und, wenn ein Grenz- 
zeichen verrückt oder unkenntlich geworden ist, 
zur Wiederherstellung mitzuwirken verpflich- 
tet sein soll. Zugleich wurde bestimmt, daß die 
Kosten der Abmarkung, soweit nicht aus einem 
zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsverhält- 
nisse sich ein anderes ergebe, von den Grund- 
eigentümern zu gleichen Teilen zu tragen seien. 
Von der Aufstellung bestimmter Regeln über das 
Verfahren bei der Abmarkung und über die Art 
der letzteren hat das BG. abgesehen, die Ent- 
scheidung in dieser Richtung vielmehr der Landes- 
gesetzgebung, und, soweit die letztere keine Vorschr. 
gibt, der Ortsüblichkeit überlassen. Unberührt 
endlich hat die Reichsges Geb. die Frage gelassen, 
ob und unter welchen Voraussetzungen eine öff. 
rechtl. Verpflichtung zur Abmarkung der Grenzen 
der Grundstücke, Ortsmarkungen und des Staats 
gegeben sein soll. — II. An landesrechtl. Best., 
die sich mit der Frage der Vermarkung der 
Grenzen der Grundstücke und der Ortsmarkungen 
sowie des Landes beschäftigen, kommen in W. in 
1. Linie die Kommunordnung 1. 7. 1758 und die 
V. Min Just., J. u. F., b. Erhaltung und Fort- 
führung der Flurkarten und Prlmärsataster 1. 9. 
99, Rabl. 667, in Betracht. Die Kommunordnung 
weist im 2. Kap., 15. Abschn. in § 1—12 die Er- 
richtung neuer Marksteine und die Ersetzung ab- 
gängiger und beschädigter Steine sowie die Sorge 
für die Erhaltung der Landes-, Orts-, Allmand- 
und Grundstücksgrenzsteine überhaupt als rechts- 
polizeiliche Aufgabe den Gden zu, ordnet wegen 
der Ueberwachung eines ordnungsmäßigen Stands 
der Vermarkungen zeitweilige Umgänge an und 
trifft Vorkehr, daß die Gden für den ihnen aus 
dem Steinsatz erwachsenden Aufwand seitens der 
Grundeigentümer schadlos gehalten werden. Nach- 
dem in der Folgezeit durch bes. Dekrete an die 
Oue. 15. 7. 1818, 6. 12. 1819 und 9. 3. 1824 
anläßlich der Durchführung der Landesvermessung 
die Berichtigung sämtlicher Feldmarken und ihre 
Bezeichnung durch gute und dauerhafte Grenz- 
steine verlangt worden war, ist in den derzeiti- 
gen Ausfbest. vom 1. 9. 1899 den Grundeigen- 
tümern eine Verpflichtung zur Neuvermarkung 
nur, soweit neu entstandene Eigentumsgrenzen 
vorliegen, und die Instandhaltung der Vermarkung 
nur insoweit auferlegt, als es sich um eine dieser 
Vorschrift gemäß vorgenommene Vermarkung 
handelt, § 26 Abs. 1. Die Vornahme der Ver- 
markungsarbeiten steht aber nicht den Grund- 
eigentümern selbst oder den von diesen damit be- 
trauten Personen zu; es sind die Grundeigentümer 
vielmehr, sobald ein Grenzstein umgefallen, von 
seiner richtigen Lage entfernt, abgegangen oder 
unkenntlich geworden ist, gehalten, dem Gde Rat, 
dessen Obhut die Erhaltung der Grenzmarken und 
die Vermarkung neu entstandener Grenzen unter- 
siellt ist, alsbald Anzeige zu erstatten, § 26 Abs. 2 
und § 33. Bei Straßen, Wegen und Eisenbahnen 
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licgt die Verpflichtung zur Herbeiführung der Ver- 
markung und zu ihrer Instandhaltung nicht gleich- 
mäßig den Eigentümern der betr. Grundflächen, 
sondern in erster Linie den Eigentümern der bez. 
Verkehrswege ob. — Im einzelnen ist noch 
nachstehendes hervorzuheben: 1. Zustän- 
digkeit zur Vornahme der Vermark- 
un gsarbeiten. Die Besorgung des Stein- 
satzes erfolgt durch die vom Gde Rat bestellten 
Felduntergänger und den Katastergeometer. Unter 
dem letzteren ist, wie schon unter „Landesvermes- 
sung lI. 27“ bemerkt, der vom Gde Rat selbst oder 
von der Amtskörperschaft für jede Gde aus der 
Zahl der geprüften und verpflichteten Geometer 
zur Besorgung der Katastervermessungsgeschäfte 
eigens bestellte Feldm. zu verstehen. Die Unter- 
gänger sind Gde Beamte: es finden also auf 
sie bezüglich ihrer Anstellung, ihrer Verdflich= 
tungen und Belohnung die Vorschr. der Gde O. 
Anwendung, val. Art. 68, 70, 98 Gde O. u. § 84 f. 
VV. 6. 10. 07, Rabl. 438. Bei jedem Vermarkungs- 
geschäft haben 2 Felduntergänger mitzuwirken. 
Außerdem ist der Katastergeometer in allen Fällen 
zum Steinsatz beizuziehen, in denen es sich um 
die Vermarkung einer neu entstandenen Grenze 
handelt oder der Standort eines zu ersetzenden 
oder wiedereinzustellenden Steins zweifelhaft er- 
scheint. Die Felduntergänger allein dürfen mit 
Zustimmung der Anlieger nur umgefallene, auf 
den Flurkarten verzeichnete Grenzmarken, über 
deren richtigen Standort ein Zweifel nicht besteht, 
wieder aufrichten, § 30. Die Voraussetzung einer 
jeden Vermarkungsarbeit ist, daß über den Ver- 
lauf der Grenzlinie, um deren Kenntlichmachung 
es sich handelt, unter den Beteiligten eine Mei- 
nungsverschiedenheit nicht besteht. — 2. Art der 
Vermarkung und Beschaffenheit der 
Grenzzeichen. Die Vermarkung besteht regel- 
mäßig in der Anbringung best. Zeichen an den 
Grenzlinien; hievon darf nur bei natürlichen 
Grenzen, wie bei Flüssen und Bächen, abgesehen 
werden. Wo sich Lagerfelsen oder feste Mauern 
auf einer Grenze befinden, dürfen an Stelle der 
Anbringung bes. Grenzmarken entspr. Grenz- 
zeichen (Winkelrute, Kreuz usw.) in die Felsen 
oder Mauern eingehauen werden. Im übr. sollen 
zu Grenzzeichen vorwiegend Steine von dauer- 
haftem Material und entspr. Größe, über die in 
der MV. 1. 9. 99 nähere Best. gegeben sind, ver- 
wendet werden. Der Gebrauch eines anderen 
Materials, bes. von Holzpfählen, ist nur aus- 
nahmsweise, bes. für mooriges Gelände, zugelass. 
Um die Verwendung eines tunlichst gleichmäßigen 
Materials zu ermöglichen und die Kontrolle der 
fortdauernden Erhaltung der Vermarkungen zu 
erleichtern, sollen die Gden eine ausreichende An- 
zahl vorschriftsmäßiger Grenzsteine auf Lager 
halten. Für die Zahl der an einer Grenzlinie zur 
Aufstellung kommenden Steine ist im allg. die 
Erwägung bestimmend, daß der Grenzzug von 
dem einen zum andern Stein übersehen werden 
kann; bei geraden Grenzen von mehr als 150 m 
Länge müssen Zwischenpunkte mit sog. Läufer- 
steinen bezeichnet werden. Im übr. sollen die 
Steine in regelmäßigen Feldlagen in „Stein- 
linien“ gesetzt werden. Wenn in einem umfassen-
	        
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