852
zusammen aus dem in offenen Gerinnen (Gräben,
Bächen, Flüssen, im Hochgebirge in Gletschern)
und aus dem versickerten und unterirdisch ab-
fließenden Wasser, das als Grund-= und Quell-
wasser in die offenen Gerinne oder unmittelbar in
das Meer übertritt. Verschiedene Erscheinungen,
wie z. B. das Vorkommen von Grundwasser und
Quellen auf hohen Bergen ohne größeres Nieder-
schlagsgebiet, oder die Entstehung des Wüsten-
grundwassers lassen sich mit der Sickertheorie nicht
vereinbaren und nur aus unterirdischen Nieder-
schlägen erklären, wobei entweder die in feucht-
warmem Zustand eingedrungene Außenluft oder
etwa von unten aufsteigende Dämpfe in dem
kuhlen Untergrund hochgelegener Orte nieder-
eeschlagen werden. Die Beschaffenheit und Lage
der wasserführenden Schichten, in denen sich das
Grundwasser abwärts bewegt, entzieht sich
der äußeren Beurteilung und wird entweder in
ofsenen Brunnen oder in bes. Standröhren von
ctwa 10 cm lichter Weite mit Schwimmermaß-
stäben vorgenommen. Die Geschwindigkeit des
Grundwassers ist gering, eine solche von 1 m in
der Stunde ist schon als reichlich anzusehen, häufig
beträgt sie kaum 1 m täglich, in den muldenförmi-
gen Erweiterungen der durchlässigen Schichten,
den sog. Grundwasserbecken, findet eine eigentliche
Strömung ebensowenig statt, wie in den ober-
irdischen Seen. Das Schwanken des Grund-
wasserspiegels ist zweifellos von großer Bedeutung
für die gesundheitlichen Verhältnisse. Durch
Ueberschwemmungen gelangen alle möglichen schäd-
lichen Stoffe in den Grundwasserstrom, die An-
laß zu Epidemien geben können. Während das
Grundwasser gewöhnlich in die Bäche und Flüsse
absließt und daher höher als deren Wasserspiegel
liegt, kommt auch der umgekehrte Fall vor, daß
Bäche und Flüsse streckenweise hoch über dem
Spiegel des Grundwassers fließen und, anstatt
durch Grundwasser gespeist zu werden, Sicker-
wasser an letzteres abgeben. Durch Entnahme von
Grundwasser, z. B. aus Pumpbrunnen, wird eine
örtliche Senkung herbeigeführt. Näherungsweise
läßt sich die Menge des in einer geschlossenen Kies-
schicht abfließenden Grundwassers aus seiner Ge-
schwindigkeit, dem Querprofil des Grundwasser-
trägers und der Verhältniszahl der darin ent-
haltenen Hohlräume, die etwa 20—25 v. H. be-
tragen, einschätzen. Das Grundwasser enthält
meist Beimischungen von Stickstoff, Kohlensäure,
Kalk, Magnesia, Eisenverbindungen u. ähnl., sowie
von organischen Stoffen. Das Zutagetreten eines
Grundwasserstroms wird Quelle genannt. — Das
QOuellwasser (s. auch Quellen, Quellen-
schutz) zeigt daher die näml. Beschaffenheit wie
das Grundw. Erfolgt das Zutagetreten unter
lebhafter Vertikalbewegung, so hat man einen
Sprudel, bei künstlicher Erbohrung einen artesi-
schen Brunnen. Sehr häufig bildet die QOuelle
nur den Ueberlauf eines Grundwasserstroms,
der sichtbare Abfluß versiegt alsdann bei an-
haltender Trockenheit, und man spricht von einem
Hungerbrunnen. Das QOuellwasser kommt oft
aus sehr bedeutenden Tiefen. Das Aufsteigen
wird entweder durch den Druck höher liegender
Wassermassen, durch Entwicklung von Kohlensäure
Wasser.
oder durch den Druck des entstandenen Wasser-
dampfs hervorgebracht. Quellen mit konstanter
Temperatur gibt es nicht. Quellen, die eine
größere als die mittlere Jahrestemperatur zeigen,
heißen Thermen, kochendheiße Quellen oder Koch-
brunnen kommen hauptsächlich in vulkanischen
Gegenden vor. Absolut chemisch reines Quell-
wasser wird nirgends angetroffen, weil schon das
Regenwasser stets Beimischungen aufgelöst ent-
hält, solche sind außer auersteff und Stickstoff
vornehmlich Kohlensäure. Chemische und mechan.
Arbeit des in die Bodenschichten eindringenden
Wassers und Wasserdampfs laugen die Gestein-
schichten aus, die aufgelösten Stoffe werden im
W. zutage gefördert, wird eine größere Konzen-
tration erzielt, so spricht man von Mineralquellen.
Am häufigsten sind die eisenhaltigen Wasser. Je
nach seinem Gehalt an Kalk oder Magnesia nennt
man das W. hart oder weich. Der Gehalt von
1 Gewichtsteil Kalk (oder 0,7 Teilen Magnesia)
in 100 000 Gewichtsteilen W. oder 10 g Kalk
(79 Magnesia) in 1 chm Wasser entspricht einem
Härtegrad. Weiches W. hat unter 10, hartes über
20 Härtegrade. —e) Gutes Trinkwasser muß
18—20 Härtegrade, 9—12° C. Wärme haben und
etwas Sauerstoff und Kohlensäure enthalten. Der
Cisengehalt macht das W. wegen der sich bildenden
rotbraunen Niederschläge für viele Benutzungs-
zwecke unbrauchbar, s. Wasserversorgung. Die
schwebenden Teilchen der Sinkstoffe geben dem W.
ein trübes Aussehen. Schon 1g# geschlämmter Ton
in 1 chm trübt das Wasser. Bei Hochwasser
machen sich die von den Uferabhängen herstam-
menden Geschiebemassen, bei Niederwasser die
Verunreinigungen durch Abwässer in industrie-
reichen Gegenden oft sehr unangenehm bemerkbar.
Besonders nachteilig sind die in Fäulnis über-
gehenden Schmutzstoffe, wobei sich Schwefelwasser-
stoff, Ammoniak u. a. giftige Zersetzungsprodukte,
die dem W. den Sauerstoff entziehen, bilden. Auf
der innigen Berührung des W. mit der atmosphäri-
schen Luft beruht die Selbstreinigung des Fluß-
wassers. — f) Da der Wasserreichtum des ober-
und unterirdischen Wasserabflusses je nach
den Witterungserscheinungen (Niederschlägen und
Temperaturen) verschieden ist, so unterliegt er
einem steten Wechsel, der selbstverständlich in der
Wasserabführung der Flüsse zum Aus-
druck kommt und sich in dem wechselnden Stand
ihrer Oberfläche sichtbar macht. Die Beobacht-
ung der Wasserstände und die Ermittlung
der Wassermengen bei verschiedenen Wasserstands-
höhen an verschiedenen Stellen der Flüsse ist eine
Hauptaufgabe der hydrographischen Anstalten und
der mit der Wasserbauverwaltung betrauten
Acmter. Die an der Oberfläche vorhandenen
offenen Wasseransammlungen werden Gewässer
oder Wasserläufe genannt. Die regelmäßig vom
Basser bedeckten Teile der Bodenoberfläche bilden
das Bett, die seitlichen Teile die Ufer des Ge-
wässers, der untere Teil heißt Sohle. Die Grenze
zwischen dem Bett und den Ufern, die Uferlinie,
wird durch denjenigen Wasserstand bestimmt,
welcher der regelmäßig wiederkehrenden Anschwel-
lung der Gewässer entspricht, WG. Art. 7 III.
Außer den natürlichen Wasserläufen gibt es auch