Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

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im Ges. genannt ist; wegen übermäßig schnellen 
JFahrens oder Reitens auf öff. W. (§ 366 Z. 2 
St GB.) kann also auch derj. bestraft werden, 
der es unterläßt, feurige oder durchgehende Pferde 
zurückzuhalten, obwohl er hiezu imstande wäre. 
Weiter ist zu den Strafvorschriften im 
einzelnen noch zu bemerken: unter „Aus- 
gießen“ (5 366 Z. 8 StGB.) wird auch das 
übermäßige Gießen von Blumentöpfen verstanden, 
so daß das Wasser von diesen auf die Straße 
läuft, ebenso unter „Auswerfen“ auch das 
Ausschütteln von Decken und Teppichen nach der 
Straße, auch wenn sich der Täter der Gefahr nicht 
bewußt ist, daß hiedurch eine Person beschädigt 
oder verunreinigt werden kann. Die Vorschr. des 
§ 366 Z. 9 St G. bezweckt, jede Verkehrstörung 
nach Möglichkeit auszuschließen und ist daher in 
erweiterndem Sinn auszulegen, go daß z. B. auch 
das Stehenlassen beweglicher Gegenstände, 
bes. von Wagen oder Ackergerätschaften, unter 
diese Best. fällt; dagegen wird man nicht so weit 
gehen können, auch ein Verkehrshindernis, das 
durch feste Verbindung eines Gegenstandes mit 
dem Boden gebildet wird, z. B. einen Zaun, dieser 
Best. zu unterstellen. Auch braucht der Verkehr 
nicht tatsächlich gestört worden zu sein, sondern es 
genügt, wenn der betr. Gegenstand eine solche 
Störung herbeiführen konnte. Dagegen findet diese 
Strafbest. keine Anwendung, wenn ein erlaubtes 
Privatinteresse die Verkehrshinderung, z. B. durch 
Auf= oder Abladen eines Wagens, notwendig 
machte. Als Täter macht sich auch strafbar, wer 
den Auftrag zur verkehrshindernden Aufstellung 
von Gegenständen gegeben hat. § 366 Z. 10 StGB. 
bietet die Grundlage zur Erlassung allg. poliz. 
Verordnungen; Anordn. im Einzelfall müssen sich 
auf eine solche allg. Verordn. stützen. Auch diese 
GesBest. ist ihrem Sinn nach erweiternd auszu- 
legen, so daß auch Handlungen, welche nur mittel- 
bar eine Störung der Sicherheit und Ruhe 
des Verkehrs auf öff. W. herbeizuführen geeignet 
find, auf Grund dieser Best. allg. verboten werden 
können, wie z. B. das Streikpostenstehen, 
das sog. „Anreißen“ (Aufforderung Vorüber- 
ehender durch Ladenbesitzer zum Kaufen) und 
sogar das Ausstellen von Bildern oder anderen 
Gegenständen im Innern von Häusern, wenn 
dadurch Menschenansammlungen hervorgerufen 
werden. Auch das öff. Ausrufen, unnötige Peit- 
schenknallen und das Aushängen von Waren in 
oberen Stockwerken können verboten werden, 
wenn diese Handlungen verkehrstörend wirken. 
Daß mit diesen Verboten auch eine Beschränk. 
in der Eigentumsausübung verbunden werden 
kann, ist selbstverständlich. Die erwähnte Ges.= 
Best. bietet aber nicht die Grundlage, um den 
Straßenanliegern oder den Grundeigentümern 
Auflagen bezüglich der Straßenreinigung zu 
machen; bezüglich der Gehwege können solche Auf- 
lagen im Weg der Ortsbausatzung auf Grund der 
8. erfolgen; für die Verpflichtung der Anlieger 
zur Straßenreinigung ist das örtl. Herkommen, 
s. d., maßgebend. Zur Straßenreinigung 
gehört die Beseitigung von Staub und Schmutz, 
sowie von Schnee und Eis, während die Beseitig- 
ung größerer Massen frischgefallenen Schnees zur 
Wegpolizei. 
Wiederherstellung des Verkehrs eine Last der 
Markungsgde ## endlich das Besprengen der 
Straße im Sommer und das Streuen bei Glatt- 
eis. Alle diese Arbeiten bilden einen Teil der 
Straßenunterhaltung, liegen also grundsätzlich 
dem Unterhaltungspflichtigen ob, also innerhalb 
Etters den Gden, s. Wegrecht, von denen aber 
diese Pflicht größtenteils ganz oder teilweise kraft 
Herkommens oder Ortbaustatuts nach der alten 
BoO. auf die anstoßenden Grundeigentümer 
oder Anwohner übergegangen ist. Das Streuen 
fällt ohnedem, da es sich als eine für Leben und 
Gesundheit der Bürger notwendige Vorkehrung 
darstellt. unter die poliz. Aufgaben der Gde, und 
es kann diese, wie auch die übrigen Aufgaben der 
Straßenreinigung, auf eine bestimmte Klasse der 
Einwohnerschaft auch ohne ortspol. Verfügung 
übergehen, wenn diese Geschefte seit einer Reihe 
von Jahren in der Annahme, einer Rechtspflicht 
u genügen, von den Einwohnern besorgt worden 
sines Natürlich muß den mit der Streupflicht be- 
lasteten Personen eine gewisse Frist nach der Bil- 
dung von Glatteis gelassen werden, damit sie 
ihrer Verpflichtung nachkommen können, bes. kann 
nicht verlangt werden, daß die Streupflicht auch 
bei Nacht ausgeübt wird. Es kann auch nicht ver- 
langt werden, daß die verpflichteten Personen selbst 
diese Geschäfte besorgen; sie können und vielfach 
müssen sie (juristische Personen) sich hiezu Beauf- 
tragter bedienen, doch genügt es zu ihrer straf- 
und privatrechtlichen Entlastung nicht, daß fie bei 
deren Auswahl die erforderliche Sorgfalt be- 
obachtet haben, sie find vielmehr auch zu deren Be- 
aufsichtigung verpflichtet. Dabei können die durch 
ortspol. Vorschr. gemachten Auflagen natürlich 
nicht willkürlich gesteigert werden, so daß z. B. 
die Entfernung von Geröll, mit dem eine Ort- 
straße durch ein Naturereignis überdeckt worden 
ist, ebensowenig zur Reini ungs lict gehört, wie 
das bereits erwähnte Schneebahnen. Auch die 
Unterhaltungslast der Gden kann, wie hier bei- 
läufig bemerkt sei, ohne rechtlichen Grund nicht 
ausgedehnt werden, so daß eine Verbindlichkeit der 
Gden zum Schneebahnen auf den im Eigentum 
der Eisenbahnverw. stehenden Bahnhofzufahrt- 
straßen im allg. nicht besteht. Dagegen ist der 
Eigentümer einer Straße, die er dem öff. Verkehr 
frei gibt, verpflichtet, die erforderlichen Sicher- 
heitsvorkehrungen für einen geregelten Verkehr zu 
treffen, also etwa notwendige Abschranrungen und 
nächtliche Beleuchtung anzubringen. Auf öff. W. 
ist die Gde zur Anbringung und Unterhaltung 
der erforderlichen Sicherheitsthranken verpflichtet. 
— Wenn eine Gde ihren Verpflichtungen bezüglich 
der Straßenreinigung nicht nachkommt, 
so können allerdings weder der Ortsvorsteher oder 
der Pol Beamte noch die Mitglieder des Gde Rats 
strafrechtlich für diese Unterlassung verantwortlich 
gemacht werden, dagegen kommt für die Gden eine 
weitgehende privatrechtliche Haftpflicht 
in Betracht, wenn eine Person oder eine Sache 
durch eine solche Unterlassung zu Schaden kommt. 
Dasselbe ist bezüglich der Unterhaltungspflicht der 
Gden der Fall, und die Rechtsprechung zeigt die 
Reigung, die Anforderungen an die Gden in dieser 
Richtung immer mehr zu steigern, so daß die erste-
	        
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