Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

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insoweit ausgeübt werden, als fie den Gemein- 
gebrauch des W. nicht wesentlich beschränkt, an- 
dernfalls müßte sie im Weg der freien Verein- 
barung oder der Zwangsenteignung abgelöst wer- 
den. Besteht ein solches Sonderrecht auf öff. 
rechtl. Grundlage und ist es nach Einbeziehung des 
Grundstücks in einen öff. W. dem Gemeingebrauch 
hinderlich, so kann es durch eine Verfügung der 
zust. VerwBeh. nach vorangegangener Entschädi- 
gung des Berechtigten auf das zulässige Maß zu- 
rückgeführt werden. Auch die hieraus entstehenden 
Streitigkeiten fallen unter die verwaltungsgerichtl. 
DZuständigkeit. Möglich ist auch, daß an demselben 
Grundstück eine öff.-rechtl. und eine privatrechtl. 
Grunddienstbarkeit besteht; dann geht die erstere 
der letzteren vor, da dingliche Rechte das Eigentum 
nur so ergreifen, wie sich dies unter Berücksichti- 
gung aller ges. Eigentumsbeschränkungen ergibt. 
Außer den Sonderrechten öff.-rechtl. Natur können 
aber auf Grund des Eigentumsrechts auch privat- 
rechtliche Nutzungsbefugnisse am Straßenkörper 
mit Zustimmung der zust. VerwBeh. begründet 
werden, welche sich nach privatrechtlichen Grund- 
sätzen regeln. Abweichend von den hier vor- 
etragenen Grundsätzen hat das Reichsgericht da- 
8 entschieden, daß die Ueberlassung eines 
traßenkörpers zum Einlegen der Schienen einer 
Straßenbahn nach den privatrechtl. Grundsätzen 
über Miete und Pacht zu beurteilen sei, während 
das w. Min AA. bei Genehm., der Ulmer Straßen- 
bahn die dich aus den Genehm Bedingungen er- 
ebenden Schwierigkeiten folgerichtig der Entsch. 
urch das Min. u. den VerwG#. überwiesen gat. 
Als bes. Titel des öff. Rechts, auf denen die Ver- 
pflichtung zur Wegunterhaltung beruhen kann, 
sind hervorzuheben der öff.-rechtl. Vertrag, sodann 
in den Fällen des Art. 174 Abs. 2 Gde O. die Be- 
schlüsse der Vertretung der Gesamt Gden, ferner 
statutarische Beschlüsse der Amtskörpersch., weiter 
unvordenkl. Gerzährung. dann Herkommen i 
vom örtl. Gewohnheitsrecht und endlich Ortsgesetz 
(Ortsbausatzung). Als bes. Rechtstitel kommen 
weiter in Betracht: polizeiliche Auflagen, z. B. in 
Anknüpfung an eine wasserpolizeiliche Verleihun 
oder Genehmigung, endlich freiw. Schaffung öff. 
W. durch den nicht kraft Gess Verpflichteten. Bei 
olcher auf bes. Titel des öff. Rechts beruhenden 
erpflichtung wird nicht bloß ein inneres Rechts- 
verhältnis zwischen dem kraft bes. Titels und dem 
kraft Ges. Verpflichteten geschaffen, vielmehr tritt 
der Sonderpflichtige vollständig und auch mit Wir- 
kung nach außen, bes. auch Hegenüber der Auf- 
sichtebe). als nach öff. Recht Verpflichteter an die 
telle des kraft Ges. Verpflichteten. Die Unter- 
haltungspflicht an öff. W. begreift die Vornahme 
größerer Verbesserungen, wie z. B. die Gewin- 
nung günstigerer teigungsverhältnisse, Ver- 
legung der Straße, Anlage einer Chaussierung und 
ähnl. nicht in sich, ebensowenig die Anlegung 
neuer Straßenstrecken, außer es bestände ein so 
weitgehendes Herkommen. Zu einer durchgreif. 
Wegverbesserung ist der Träger der Unterhal- 
tungslast nur verpflichtet, wenn nachgewiesen 
wird, daß den vorhandenen wesentl. Mängeln auf 
andere Weise nicht abgeholfen werden kann. Ob 
einem Weg die Eigenschaft eines öff. zukommt, 
  
Wehrbeitrag. 
bestimmt sich nach objektiven Gesichtspunkten; die 
pers. Ansicht der Anlieger über seine rechtliche 
Eigenschaft ist gleichgültig. Soll is die Eigenschaft 
eines öff. W. entzogen werden, so kann dies nur 
durch die zust. VerwBeh. geschehen, nicht etwa 
durch Verbietungsakte eines Interessenten, auch 
wenn dieselben tatsächlich den beabsichtigten Zweck 
erreicht haben sollten. Wenn für einen Weg die 
Eigenschaft eines öff. Nachbarschaftswegs in An- 
spruch genommen wird, so ist der Umstand nicht 
für sich allein beweiskräftig, daß die Fortsetzung 
des Wegs auf der anstoßenden Markung als Nach- 
barschaftsweg anerkannt wird, wenn diese Fort- 
setzung zugleich einen Teil einer anderen Nach- 
barschaftstr. bildet und so die Verbindung auch 
noch mit andern Orten herstellt. Ebenso genügt 
die Benützung eines öff. Güterwegs als Nachbar- 
schaftsweg für sich allein nicht als Nachweis da- 
für, daß dem betr. W. die Eigenschaft eines Nach- 
barschaftswegs zukommt, da eine solche Benützung 
nicht selten geduldet wird. Wenn ein W. nicht 
bloß von den Güterbesitzern, sondern wie ein Nach- 
barschaftsweg auch von anderen Personen benützt 
wird, so kann mit dieser Tatsache allein nicht die 
Eigenschaft eines öff. Nachbarschaftswegs bewiesen 
werden und der für die Unterhaltung beanspruch- 
ten Person kann diese Verpflichtung nicht mit der 
Begründung auferlegt werden, daß er gegen die 
allg. Benützung des W. keinen Widerspruch er- 
boben habe, wenn er vorher nie etwas zur Unter- 
altung des W. leistete und daher auch kein Inter- 
esse an der Art und Weise der Benützung hatte. 
Ebenso beweist die Aufführung eines *5 im 
Primärkataster unter den öff. W. für sich allein 
noch nichts für die Eigenschaft eines Nachbar- 
schaftswegs, da unter den öff. W. die ständigen 
öff. Feld- und Güterwege ebenfalls einbegriffen 
sind. Ueberhaupt sind die Bezeichnungen der W. 
in den öff. Büchern für ihren rechtl. Charakter 
nicht ausschlaggebend, sondern begründen nur eine 
Rechtsvermutung; von der Eintragung im Grund- 
buch sind die öff. W. überhaupt befreit. Der Nach- 
weis für das Bestehen eines öff. W. gründet sich 
häufig auf die unvordenkliche Verjährung (s. Her- 
mmen), welche den Nachweis ordnungsmäßiger 
Widmung stets zu ersetzen verm Voraussetzung 
ist dabei, daß die allg. und offene Benützung 
eines W. als eines öff. ohne Widerspruch seitens 
der Eigentümer der begangenen und befahrenen 
Grundstücke innerhalb derj. Zeit befstanden hatte, 
welche die eigene Wahrnehmung des jetzt lebenden 
Geschlechts umfaßt und daß das jett lebende Ge- 
schlecht auch durch die Mitteilung der Vorfahren 
von dem Nichtbestehen dieses Zustands keine 
Kenntnis gehabt habe. Dabei ist die Absicht der 
Rechtsausübung i. d. R. aus der Allgemeinheit 
der Benützung ohne weiteres zu folgern. Gegen- 
beweis gegen die Behauptung der unvordenk- 
lichen Verjährung ist erbracht, wenn der bean- 
spruchte Zufstand zu einer Zeit, die innerhalb der 
letzten zwei Menschenalter liegt, nicht bestanden 
hat. Eine umfassende ges. Regelung unseres Weg- 
rechts wird durch die den Ständen vorliegende 
Wegordnung erfolgen. Zahn. 
Wehrbeitrag, R. 8. 7. 13, ReBl. 505; Ausf.= 
Best. des Bdrts. 6. 11. 18, R ZBl. 1087, St Koll Abl. 
 
	        
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