Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

68 
tungsverfahren Nährpflichtsäumigen die Verpflich- 
tung zur Arbeitsleistung innerhalb oder außerhalb 
einer Armenanstalt für den Genuß öff. All. auf- 
zuerlegen. Nach Art. 14 des Ges. v. 2. 7. 89 kön- 
nen Personen, welche für sich selbst oder in der 
Person ihrer Ehefrau oder ihrer noch nicht vier- 
zehn Jahre alten Kinder öff. U. empfangen, durch 
Beschluß der die U. gewährenden Aehörde ver- 
pflichtet werden, hiefür nach dem Maß ihrer Kräfte 
die Arbeiten zu verrichten, welche ihnen von der 
Ahehörde innerhalb oder außerhalb einer öff. A.-= 
Anstalt angewiesen werden. Die Erfahrungen, die 
in W. und sonst mit diesem Verfahren gemacht 
wurden, sind äußerst günstig, sofern in vielen 
Fällen schon die Androhung des Arbeitszwangs 
genügt, um das säumige Familienhaupt zur Er- 
füllung seiner Ernährerpflicht zurückzuführen. Der 
Deutsche Verein für Armenpflege und Wohltätig- 
keit ist darum auch seit Jahren mit Erfolg be- 
müht, diesem Verfahren auch in den übrigen 
deutschen Staaten Eingang zu bverschaffen. 
s) onstige Maßnahmen. Neben Vor- 
stehendem sind zu erwähnen die Bestimmungen des 
Art. 10 Z. 2, 3 und 4 des W. Polst G. Danach 
wird mit Haft bzw. Arbeitszwang bestraft, wer 
aus Mutwillen oder Bosheit in die Lage sich ver- 
setzt, ööff. U. ansprechen zu müssen, insbesondere 
wer durch unwahres Vorgeben oder Hintanhaltung 
der Wahrheit von öff. Behörden oder von Wohl- 
tätigkeitsvereinen U. erschleicht, sofern nicht die 
Handlung den Tatbestand des Betrugs oder der 
Fälschung begründet, endlich wer die aus öff. 
Kassen oder von Wohltätigkeitsver. erhaltene U. 
mißbraucht oder vergeudet, namentl. die ihm über- 
gebenen Kleider, Arbeitsstoffe, Werkzeuge u. dgl. 
veräußert. Eine Ergänzung zu den Bestimmungen 
über die Armenpolizei bildet sodann Art. 23 
AGUWG., der die Organe der öff. Apfl. ermächtigt, 
mit Genehmigung des Min J. für die (Orts= oder 
Land-) Armenanstalten Hausordnungen zu er- 
lassen, durch welche den Vorgesetzten eine Disszi- 
plinarstrafgewalt bis zu 2 Tagen Haft übertragen 
werden kann. g) Minderung der politi- 
schen Rechte. Das Reichstags-Wahlgesetz vom 
31. 5. 69 bestimmt in § 3 und 4, daß von der 
Berechtigung zum Wählen wie von der Wahlbar- 
keit ausgeschlossen ist, wer eine U. aus öff. oder 
Gemeindemitteln bezieht oder im letzten der Wahl 
vorhergegangenen Jahre bezogen hat. Aehnliche 
reichsgesetzl. Bestimmungen enthalten das GVG. 
für die Berufung zum Schöffen und Geschwore- 
nen, das Ges. betr. die Untersuchung von See- 
unfällen für die Befähigung zum Belisitzer des 
Seeamts und das Gewerbegerichts-Ges., sowie das 
Ges. betr. die Kaufmannsgerichte für die Berufung 
zum Mitgliede eines Gewerbe= und Kaufmanns- 
gerichts. Nach dem RG. v. 15. 8. 09, RE#Bl. 819, 
sind, soweit in Reichsgesetzen der Verlust öffentl. 
Rechte von dem Bezug einer All. abhängig ge- 
macht wird, als A. nicht anzusehen: die Kranken- 
unterstützung; die einem Angehörigen wegen kör- 
perlicher oder geistiger Gebrechen gewährte An- 
staltspflege; U. zum Zwecke der Jugendfürsorges 
der Erziehung oder der Ausbildung für einen Be- 
Armenwesen. 
ruf; sonstige U., wenn sie nur in der Form ver- 
einzelter Leistungen zur Hebung einer augenblick- 
lichen Notlage gewährt sind; U., die erstattet 
sind. Aehnliche Best. wie das Reichstags-Wahl- 
gesetz enthalten auch die meisten Landtags- 
Wahlgesetze und Gemeindeordnungen usw. In W. 
kommen für das Landtagswahlrecht § 135 Abs. 4 
Vl. i. F. d. Verf G. 16. 7. 06, Rgbl. 164, und 
* 142 Abs. 2 Z. 3 Vl. i. F. d. VerfG. 23. 7. 10, 
Rabl. 411, sowie § 38 Abs. 2 Z. 3 VV. 5. 12. 10, 
Rabl. 578, für das Gdewahlrecht Art. 14 Z. 5 
GV. i. F. 23. 7. 10, Rgbl. 412, vgl. mit Art. 13 
Abs. 2 Gd O. und Art. 20 Abs. 1 BezO., für das 
Kirchen Gde Wahlrecht Art. 17 Abs. 3, Art. 19 Abs. 2 
ev. Kede G. i. F. 23. 7. 10, Rgbl. 412, bzw. 22. 7. 
06, Rgbl. 255, und Art. 4 Abs. 8, Art. 6 Absl. 2 
kath. Pfarr Gde G. i. F. 23. 7. 10, Rgbl. 412, bzw. 
22. 7. 06, Rgbl. 294, in Betracht. 1 V. Be- 
streitung der Kosten der öff. Apfl. # Die gesetzlich 
zur öff. AFürsorge verpflichteten öff. Körper- 
schaften, die Träger der Armenlast (O#bde und 
L Mbde, aushilfsw. der Staat) bestreiten die Kosten 
der APfl. gleichwie ihre sonstigen Ausgaben regel- 
mäßig durch Verwendung öff., soweit nötig mittels 
Steuererhebung aufzubringender Mittel. Die öff. 
Armenlast bildet einen Teil der kommunalen Fi- 
nanzwirtschaft. Während aber sonst im allgemeinen 
die Ausgaben den Einnahmen angepaßt werden, 
ist die öff. (Zwangs-) Armenpflege gehalten, so 
viele Mittel zu beschaffen, als zur Erfüllung der 
ihr gesetzmäßig obliegenden Aufgaben erforderlich 
sind. Von wesentlichem Einfluß auf den tatsäch- 
lichen Umfang der Armenlast ist hiebei neben den 
am Ort der Unterstützung herrschenden allgemeinen 
Lebensverhältnissen, insbesondere die Art und 
Weise, wie das gesamte Armenwesen organisiert 
und von der Möglichkeit der Heranziehung größe- 
rer Verbände (zu vgl. oben II. A. Z. 2) Gebrauch 
gemacht ist. Daneben kommt in Betracht der Um- 
fang der der Armenverwaltung anderweitig aus 
Armenfonds, Armenstiftungen usw. zu Gebote 
stehenden Mittel. Wie die A#bde die Mittel zur 
Bestreitung des Bedarfs der öff. AsPfl. aufzu- 
bringen haben, bestimmen die Landesges. In W. 
sind die von den OAlbden aufgewendeten Kosten, 
insoweit die Einnahmen aus AFonds, A tiftungen 
usw. nicht ausreichen, von den bürgerlichen Ge- 
meinden zu bestreiten. Die Aufbringung der nöti- 
gen Mittel erfolgt nach Maßgabe der allgemeinen. 
Gesetze über Gde Besteuerung, A#Gu . Art. 29 
und 30. Außerdem werden nach Art. 174 Abs. 4 
A#G#BGB. die Geldstrafen wegen Zuwiderhand- 
lungen gegen das Verbot stückweiser Veräußerung 
von Grundstücken der Armenkasse der Gemeinde 
der gelegenen Sache überwiesen, ebenso wird u. U. 
das durch unerlaubtes Kollektieren gesammelte 
Geld und der Erlös für unbef. gefangenes Wild, 
Fische, Krebse der Armenkasse überlassen, PStT G. 
Art. 13 Abs. 2, 39 Abs. 7. Der Aufwand der L MWöbde, 
soweit er nicht aus eigenen Einnahmen (Vermögen, 
Ersatzleist. von andern A#bden, von Unterst. und 
von Dritten usw.) gedeckt werden kann, oder aus der 
Staatskasse ersetzt wird, wird nach demselben Ver- 
hältnis auf die dem LAVbd angehörigen Oberamts-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.