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tungsverfahren Nährpflichtsäumigen die Verpflich-
tung zur Arbeitsleistung innerhalb oder außerhalb
einer Armenanstalt für den Genuß öff. All. auf-
zuerlegen. Nach Art. 14 des Ges. v. 2. 7. 89 kön-
nen Personen, welche für sich selbst oder in der
Person ihrer Ehefrau oder ihrer noch nicht vier-
zehn Jahre alten Kinder öff. U. empfangen, durch
Beschluß der die U. gewährenden Aehörde ver-
pflichtet werden, hiefür nach dem Maß ihrer Kräfte
die Arbeiten zu verrichten, welche ihnen von der
Ahehörde innerhalb oder außerhalb einer öff. A.-=
Anstalt angewiesen werden. Die Erfahrungen, die
in W. und sonst mit diesem Verfahren gemacht
wurden, sind äußerst günstig, sofern in vielen
Fällen schon die Androhung des Arbeitszwangs
genügt, um das säumige Familienhaupt zur Er-
füllung seiner Ernährerpflicht zurückzuführen. Der
Deutsche Verein für Armenpflege und Wohltätig-
keit ist darum auch seit Jahren mit Erfolg be-
müht, diesem Verfahren auch in den übrigen
deutschen Staaten Eingang zu bverschaffen.
s) onstige Maßnahmen. Neben Vor-
stehendem sind zu erwähnen die Bestimmungen des
Art. 10 Z. 2, 3 und 4 des W. Polst G. Danach
wird mit Haft bzw. Arbeitszwang bestraft, wer
aus Mutwillen oder Bosheit in die Lage sich ver-
setzt, ööff. U. ansprechen zu müssen, insbesondere
wer durch unwahres Vorgeben oder Hintanhaltung
der Wahrheit von öff. Behörden oder von Wohl-
tätigkeitsvereinen U. erschleicht, sofern nicht die
Handlung den Tatbestand des Betrugs oder der
Fälschung begründet, endlich wer die aus öff.
Kassen oder von Wohltätigkeitsver. erhaltene U.
mißbraucht oder vergeudet, namentl. die ihm über-
gebenen Kleider, Arbeitsstoffe, Werkzeuge u. dgl.
veräußert. Eine Ergänzung zu den Bestimmungen
über die Armenpolizei bildet sodann Art. 23
AGUWG., der die Organe der öff. Apfl. ermächtigt,
mit Genehmigung des Min J. für die (Orts= oder
Land-) Armenanstalten Hausordnungen zu er-
lassen, durch welche den Vorgesetzten eine Disszi-
plinarstrafgewalt bis zu 2 Tagen Haft übertragen
werden kann. g) Minderung der politi-
schen Rechte. Das Reichstags-Wahlgesetz vom
31. 5. 69 bestimmt in § 3 und 4, daß von der
Berechtigung zum Wählen wie von der Wahlbar-
keit ausgeschlossen ist, wer eine U. aus öff. oder
Gemeindemitteln bezieht oder im letzten der Wahl
vorhergegangenen Jahre bezogen hat. Aehnliche
reichsgesetzl. Bestimmungen enthalten das GVG.
für die Berufung zum Schöffen und Geschwore-
nen, das Ges. betr. die Untersuchung von See-
unfällen für die Befähigung zum Belisitzer des
Seeamts und das Gewerbegerichts-Ges., sowie das
Ges. betr. die Kaufmannsgerichte für die Berufung
zum Mitgliede eines Gewerbe= und Kaufmanns-
gerichts. Nach dem RG. v. 15. 8. 09, RE#Bl. 819,
sind, soweit in Reichsgesetzen der Verlust öffentl.
Rechte von dem Bezug einer All. abhängig ge-
macht wird, als A. nicht anzusehen: die Kranken-
unterstützung; die einem Angehörigen wegen kör-
perlicher oder geistiger Gebrechen gewährte An-
staltspflege; U. zum Zwecke der Jugendfürsorges
der Erziehung oder der Ausbildung für einen Be-
Armenwesen.
ruf; sonstige U., wenn sie nur in der Form ver-
einzelter Leistungen zur Hebung einer augenblick-
lichen Notlage gewährt sind; U., die erstattet
sind. Aehnliche Best. wie das Reichstags-Wahl-
gesetz enthalten auch die meisten Landtags-
Wahlgesetze und Gemeindeordnungen usw. In W.
kommen für das Landtagswahlrecht § 135 Abs. 4
Vl. i. F. d. Verf G. 16. 7. 06, Rgbl. 164, und
* 142 Abs. 2 Z. 3 Vl. i. F. d. VerfG. 23. 7. 10,
Rabl. 411, sowie § 38 Abs. 2 Z. 3 VV. 5. 12. 10,
Rabl. 578, für das Gdewahlrecht Art. 14 Z. 5
GV. i. F. 23. 7. 10, Rgbl. 412, vgl. mit Art. 13
Abs. 2 Gd O. und Art. 20 Abs. 1 BezO., für das
Kirchen Gde Wahlrecht Art. 17 Abs. 3, Art. 19 Abs. 2
ev. Kede G. i. F. 23. 7. 10, Rgbl. 412, bzw. 22. 7.
06, Rgbl. 255, und Art. 4 Abs. 8, Art. 6 Absl. 2
kath. Pfarr Gde G. i. F. 23. 7. 10, Rgbl. 412, bzw.
22. 7. 06, Rgbl. 294, in Betracht. 1 V. Be-
streitung der Kosten der öff. Apfl. # Die gesetzlich
zur öff. AFürsorge verpflichteten öff. Körper-
schaften, die Träger der Armenlast (O#bde und
L Mbde, aushilfsw. der Staat) bestreiten die Kosten
der APfl. gleichwie ihre sonstigen Ausgaben regel-
mäßig durch Verwendung öff., soweit nötig mittels
Steuererhebung aufzubringender Mittel. Die öff.
Armenlast bildet einen Teil der kommunalen Fi-
nanzwirtschaft. Während aber sonst im allgemeinen
die Ausgaben den Einnahmen angepaßt werden,
ist die öff. (Zwangs-) Armenpflege gehalten, so
viele Mittel zu beschaffen, als zur Erfüllung der
ihr gesetzmäßig obliegenden Aufgaben erforderlich
sind. Von wesentlichem Einfluß auf den tatsäch-
lichen Umfang der Armenlast ist hiebei neben den
am Ort der Unterstützung herrschenden allgemeinen
Lebensverhältnissen, insbesondere die Art und
Weise, wie das gesamte Armenwesen organisiert
und von der Möglichkeit der Heranziehung größe-
rer Verbände (zu vgl. oben II. A. Z. 2) Gebrauch
gemacht ist. Daneben kommt in Betracht der Um-
fang der der Armenverwaltung anderweitig aus
Armenfonds, Armenstiftungen usw. zu Gebote
stehenden Mittel. Wie die A#bde die Mittel zur
Bestreitung des Bedarfs der öff. AsPfl. aufzu-
bringen haben, bestimmen die Landesges. In W.
sind die von den OAlbden aufgewendeten Kosten,
insoweit die Einnahmen aus AFonds, A tiftungen
usw. nicht ausreichen, von den bürgerlichen Ge-
meinden zu bestreiten. Die Aufbringung der nöti-
gen Mittel erfolgt nach Maßgabe der allgemeinen.
Gesetze über Gde Besteuerung, A#Gu . Art. 29
und 30. Außerdem werden nach Art. 174 Abs. 4
A#G#BGB. die Geldstrafen wegen Zuwiderhand-
lungen gegen das Verbot stückweiser Veräußerung
von Grundstücken der Armenkasse der Gemeinde
der gelegenen Sache überwiesen, ebenso wird u. U.
das durch unerlaubtes Kollektieren gesammelte
Geld und der Erlös für unbef. gefangenes Wild,
Fische, Krebse der Armenkasse überlassen, PStT G.
Art. 13 Abs. 2, 39 Abs. 7. Der Aufwand der L MWöbde,
soweit er nicht aus eigenen Einnahmen (Vermögen,
Ersatzleist. von andern A#bden, von Unterst. und
von Dritten usw.) gedeckt werden kann, oder aus der
Staatskasse ersetzt wird, wird nach demselben Ver-
hältnis auf die dem LAVbd angehörigen Oberamts-