Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

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Rußland, Oesterreich) ähnliche Verhältnisse ent- 
wickelt hatten und zum Teil noch höhere Ausfuhr- 
prämien gewährt wurden. Verschiedene Zucker- 
konferenzen zwischen Vertretern der beteiligten 
Staaten zur Abschaffung der Prämien hatten 
keinen Erfolg. In Deutschland war jedoch in- 
zwischen zur Verminderung der Prämien die 
Rübensteuer erhöht und der Vergütungsatz herab- 
gesetzt worden. Ferner wurde im Jahr 1887 eine 
Fabriksteuer (Verbrauchsabgabe) vom Zucker (12 A 
1 d2) eingeführt, unter gleichzeitiger Ermäßigung 
der Rübensteuer (von 85 auf 80 3 für 1 G32), 
wodurch eine weitere Ermäßigung der Ausfuhr- 
prämie erreicht wurde. Aber die Konkurrenz- 
staaten folgten nicht nach. 1891 wurde unter Er- 
höhung der Verbrauchsabg. auf 18.4 die Material= 
steuer ganz beseitigt, wodurch die indirekte Aus- 
fuhrprämie von selbst wegfiel; aber gleichzeitig 
wurden — als Uebergangsmaßregel gedachte — 
direkte Prämien eingeführt und später, um einen 
Druck auf die übrigen Länder auszuüben, durch 
das teilweise noch geltende G. 27. 5. 96 auf 3,55 4 
für 1 dz beste Raffinade erhöht. Die Mittel für 
diese Prämien wurden durch einen mit der Jahres- 
erzeugung der einzelnen Fabrik steigenden, mit 
10 3 für 1 dz Rohzucker beginnenden Zuschlag 
zur Zuckersteuer, die Betriebsteuer, auf- 
gebracht; daneben wurde für jede Fabrik entspr. 
ihrer bisherigen Erzeugung ein Kontingent fest- 
gesetzt, bei dessen Ueberschreitung sich die Betrieb- 
steuer um den Betrag der Ausfuhrprämie erhöhte. 
Auch diese Erhöhung der Prämien wurde von 
Frankreich und Oesterreich zunächst mitgemacht, 
aber die Geneigtheit der Staaten zur Abschaffung 
der Prämien wuchs, und als England, das selbst 
keinen Zucker erzeugt und durch das Prämien- 
system bes. billigen Zucker verbrauchte und ver- 
arbeitete, im Interesse seiner zuckererzeugenden 
Kolonien für die Abschaffung der Prämien ein- 
trat, führte endlich die Brüsseler Zucker- 
konvention zu dem Vertrag vom 5. 3. 02, 
RGl. 7, durch welchen die Abschaffung aller 
direkten und indirekten Ausfuhrprämien zwischen 
den vertragschließenden Staaten und die Schaffung 
gleicher Wettbewerbsbedingungen für den Z. der 
verschied. Länder vereinbart wurde. Zu dem 
gleichen Zweck darf ferner zur Verhütung von 
Kartellbildungen in zuckererzeugenden Ländern 
der Zoll für Z. die im Inland erhobene Steuer 
höchstens um 6 Frcs. für 1 dz raffin. Z. über- 
steigen (Surtaxe, Ueberzoll) und von 3. aus 
Staaten, welche Prämien gewähren, sind bes. Aus- 
leichszölle mind. in Höhe dieser Prämien zu er- 
heben, welche von der ständigen Zuckerkommission 
in Brüssel für eine Reihe von Staaten, so auch 
gegen Rußland, festgesetzt worden sind, s. RZ#l. 
— Die ursprüngl. Vertragstaaten waren Deutsch- 
land, OesterrUng., Belgien, Frankreich, Großbrit., 
Italien, Niederlande, Schweden, Norwegen; von 
Spanien wurde der Vertrag nicht ratifiziert. Nach- 
träglich sind noch beigetreten: Luxemburg, Peru 
und die Schweiz. Nach Ablauf der ersten fünf- 
jährigen Vertragsperiode konnte der Vertrag auf 
weitere 5 J. nur verlängert werden, indem Eng- 
land, der Hauptabnehmer für deutschen Z., von 
der Pflicht zur Erhebung von Ausgleichzöllen von 
  
Zuckersteuer. 
Prämienzucker befreit wurde; dafür aber wurde 
die Ausfuhr des neu eintretenden Rußlands über 
die westeuropäische Grenze, weil es durch eine 
Kontingentierung und Kartellier. seiner Fabriken 
versteckte Prämien gewährt, auf jährl. 200 000 
Tonnen beschränkt, ReBl. 08 135 u. 140. In 
Deutschland kam die Brüsseler Konvention zur 
Ausführung, indem durch G. 6. 1. 03, RG#l. 1, 
das Z3StG. entspr. geändert und dessen Best. über 
die Betriebst., die Kontingentierung und die Aus- 
fuhrzuschüsse aufgehoben wurden. Gleichzeitig 
wurde die ZSt. auf 14 4X für 1 dz herabgesetzt. — 
Die dritte Verlängerung auf 5 J. vom 1. 9. 13 ab 
ist durch Vertrag 17. 3. 12, Rl. 249, vereinbart 
worden, wobei Rußland zur Unterbringung seiner 
reichen Ernte 1911 (überall sonst Fehlernte) schon 
für das Betriebsjahr 1911/12 150 000 To., für die 
beiden f. J. je 50 000 To. Erhöhung seines Aus- 
fuhrkontingents bewilligt werden mußte. England 
ist aus den Vertragstaaten ausgeschieden, Italiens 
Verbleib noch unentschieden. — 1 II. Die Zucker- 
steuer in Deutschland. 1 Die 8Zt. ist eine Reichs- 
steuer. Zu dem G. 27. 5. 96, REl. 117, ab- 
geändert infolge der Brüsseler Konvention durch 
G. 6. 1. 03, RGBl. 1, hat der Bdrt. die geltenden 
ZSt AusfBest. (AB.) 18. 6. 03, R3Bl. 284, be- 
schlossem. 1. Der inländ. Rübenzucker unterliegt 
der Verbrauchsabgabe von 14 K für 1 qz. 
(Die gesetzl. vorgesehene Ermäßigung der Str. auf 
10 K ist nicht zu Stande gekommen. G. 3.7. 13 
RGBl. 521.) Als Zucker gilt der durch Be- 
arbeitung von Rüben oder Rübenprodukten 
(Sirup, Melasse) gewonnene feste oder flüs- 
sige Zucker, mit Ausnahme der Rübensäfte 
und Abläufe der Zuckerfabriken. Jedoch in 
der Bdri. ermächtigt, Zuckerabläufe und Rüben- 
säfte sowie Mischungen mit solchen (ausgen. 
für den eigenen Haushalt bereitete Rübensäfte) 
der Z St. zum vollen und zu einem ermäßigten 
Satz zu unterstellen und hat kraft dieser Ermäch- 
tigung die bei der Zuckererzeugung ursprünglich 
gewonnenen Abläufe (Sirnup, Melasse) und 
ihre weiteren Bearbeitungen, sofern ihr Quotient, 
d. h. deren Zuckergehalt in Prozenten der Trocken- 
masse, 70 oder mehr beträgt, der ZSt. mit 10 4 
für 1 dz Reingewicht unterstellt. Rübensäfte sind 
somit steuerfrei. Das sind im Gegensatz zu den 
Abläufen Säfte von Rüben, welche vor dem Aus- 
scheiden der Pflanzensäuren gekocht wurden, wo- 
durch der Rüben-(Frucht-)zucker in nicht kristalli- 
sationsfähigen Invertzucker verwandelt wird, G. 
„2; AB. 8 1. Für die Untersuch., der Abläufe 
durch Beamte und Chemiker sind eingeh. Vorschr. 
erlassen, AB. § 2, 58, und Anlagen A—C hiezu. — 
2. Die ZSt. ist zu entrichten, sobald der Zucker 
aus der Steuerkontrolle in den freien Verkehr 
tritt u. zwar vom Inhaber der Fabrik, vorbehält- 
lich der Ueberweisung des Steueranspruchs auf ein 
anderes Amt mit Zuckerbegleitschein II, wofür die 
Vorschr. für Zollbegleitscheine maßgebend sind, 
AB. § 55, 61 und Art. Begleitscheine. Die Zöt. 
ist gegen Sicherheitsleist, auf 6 Mon. zu stunden. 
Nach= und Rückforderungen verjähren in 1 J., 
hinsichtlich defraudierter Gefälle in 3 J., G. § 3, 4, 
AB. § 5—8. — 3. Befreit von der Z8t. 
bleibt Z., welcher unter Steuerkontrolle ausgeführt
	        
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