längern, womit eine ununterbrochene Verbindung zwischen Wien
über Agram—Sarajewo—Mitrowitza—lsküb bis Saloniki hergestellt
werden würde. Obgleich sich Aehrenthal dabei auf ein für Österreich-
Ungarn im Berliner Vertrage von 1878 vorbehaltenes Recht be-
rufen konnte, erhob sich doch ein großer Lärm, namentlich in der
russischen und englischen Presse, gegen den Plan. Das Recht konnte
nicht bestritten werden, ebenso auch nicht die wirtschaftliche Be-
deutung, die einer solchen durchgehenden Linie zukam. Aber der
Geist eines internationalen Zusammenarbeitens sei verletzt — so
wandten die russischen und englischen Gegner ein — und der wirt-
schaftliche Vorteil werde sich bald in ein politisches Übergewicht
verwandeln. Die Serben schäumten natürlich, aber auch in Italien
war man wegen des adriatischen Handels und des Verkehrs mit der
Levante beunruhigt.
Der nächste russische Gegenzug war der Vorschlag, eine ost-
westliche Linie über Nisch—lsküb bis zur Adria bei San Giovanni
di Medua zu bauen. Aehrenthal erklärte sich grundsätzlich mit der
Adrialinie einverstanden, wohl wissend, daß die Verständigung über
eine solche Linie sehr langwierig sein würde, und tatsächlich führten
auch die bis 1911 dauernden Verhandlungen zu beinem Ergebnis.
In Reval war jedoch nichts Schriftliches vereinbart worden.
England hatte sich wenigstens nicht in dem Grade und dem Tempo
festgelegt, in dem es Rußland bei Wahrnehmung seiner Interessen
im nahen Orient beistehen würde. Noch gab es eine Möglichkeit,
ein aktives Auftreten Englands Schulter an Schulter mit Rußland
im nahen Orient gegen Österreich-Ungarn und infolgedessen auch
gegen Deutschland zu vermeiden. Sie lag in einer Verständigung
zwischen England und Deutschland über den beiderseitigen Flot-
tenbau. Für das liberale Kabinett bildete das fortgesetzte, nach
englischer Ansicht trotz aller deutschen Gegenversicherungen für be-
drohlich gehaltene Wachstum der deutschen Flotte den größten Stein
des Ansioßes, um wieder zu den alten freundlichen Beziehungen zu#
gelangen, und gerade in die Zeit zwischen Reval und dem Auc-
bruch der sogenannten bosnischen Krisis fiel ein wirklicher Versuch,
dieses Hindernis hiwegzuschaffen.
Hamma, Um den Kalser 43