Full text: Um den Kaiser.

den negativen Erfolg vorausgesehen haben und überließ es deshalb 
Sir Charles Hardinge, das Flottengespräch mit dem Kaiser zu führen. 
Das Ergebnis war so, wie es der belgische Bericht angibt. Tatsächlich 
war 1908 das Jahr, in dem die Entscheidung darüber fiel, ob 
das Wettrüsten zur See zwischen England und Deutschland fort- 
gesetzt oder zum Stillstand gebracht werden sollte. Welche Hoff- 
nungen das Kabinett von St. James auf eine Verständigung 
über den Flottenbau setzte, läßt sich aus einer Unterredung erkennen, 
die der Schatzkanzler Aoyd George zu gleicher Zeit mit der Friedrichs- 
bofer Begegnung der Monarchen einem Vertreter der Neuen Freien 
Presse gewährte und die diese am 12. August loos veröffentlichte. 
Er sagte über eine solche deutsch-englische Verständigung: Sie 
sei der einzige Weg, um der über Europa lagernden Spannung 
ein Ende zu machen, eigentlich gebe es bein Streitobjekt zwischen 
beiden Völkern, die Ubereinstimmung müßte sich allein darauf 
richten, den Bau von neuen Schiffen für die Zukunft zu beschränken. 
Dabei nannte er noch den Vorwurf, daß sich England für die Iso- 
lierung Deutschlands verschworen hätte, einen „empörenden Ver- 
dacht"“. Wenn man damit jene merkwürdige Rede desselben Aoyd 
George vom 29. Juli lgos vergleicht, in der er seinen eigenen Lands- 
leuten die Ungerechtigkeit des sog. Zweimächtestandards vor Augen 
hielt, so muß man an die Aufrichtigkeit seiner Ansicht glauben, 
daß nur die Flottenbaufrage einer ernsthaften politischen Verstän- 
digung im Wege stand. In der Rede bamen folgende Sätze vor: 
„Viel erklärlicher als das englische Mißtrauen gegen Deutschland 
ist das deutsche Mißtrauen gegen England. Wir hatten eine über- 
wältigende Übermacht zur See, trotzdem fingen wir an, Dread- 
noughts zu bauen. Wozu? Wir brauchen sie gar nicht. Sehen 
Sie die Ungerechtigkeit unseres sogenannten Zweimächtemaßstabes! 
Sehen Sie Deutschland an. Für Deutschland bedeutet die Armee 
dasselbe wie für England seine Flotte: den einzigen Schutz gegen 
feindliche Invasion. Trotzdem befolgt Deutschland keinen Zwei- 
mächtestandard, obgleich es zwischen zwei Militärmächten liegt, 
die seiner Armee eine weit überlegene Truppenzahl gegenüberstellen 
können.“ Auch hatte Sir Edward Grey im Sommer mit stärkerem 
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