Full text: Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Das Deutsche Reich. (1)

III. Reichstag. 2. Geschäftsordnung. 175 
tages gestellten Anträge und die zur Erörterung im Plenum gelangenden 
Petitionen erledigt werden. 
Die von Mitgliedern des Reichstages gestellten Anträge kommen in 
der Reihenfolge zur Verhandlung, in welcher sie eingegangen sind. Alle 
Anträge, welche innerhalb der ersten zehn Tage einer Session eingegangen 
sind, gelten als gleichzeitig eingebracht. Ueber die Reihenfolge der Be- 
rathung gleichzeitig eingebrachter Anträge hat der Präsident sich mit dem 
Hause zu verständigen. Erfolgt eine Verständigung nicht, so entscheidet das 
durch den Präsidenten zu ziehende Loos. Gesetzentwürfe behalten ihre 
Priorität bis zu ihrer Schlußberathung; die zweite und dritte Berathung 
hat mithin, soweit sie zur Verhandlung im Plenum vorbereitet ist, vor den- 
jenigen Anträgen stattzufinden, welche in der Reihenfolge der ersten Be- 
rathung diesen Gesetzentwürfen nachgestanden haben. Die Petitionen ge- 
langen in derjenigen Reihenfolge zur Berathung, in welcher sie zur Ver- 
handlung im Plenum vorbereitet sind. Eine Entfernung von der Stelle 
der Tagesordnung, welche den von Mitgliedern des Reichstages gestellten 
Anträgen und den Petitionen nach der Priorität gebührt, kann nur be- 
schlossen werden, wenn nicht bei Anträgen von dem Antragsteller und bei 
Petitionen von 30 Mitgliedern widersprochen wird). 
b) Die Sitzungen des Reichstages. 
§. 36. Die Sitzungen des Reichstages sind öffentlich. Der Reichs- 
tag tritt auf den Antrag seines Präsidenten, oder von zehn Mitgliedern zu 
einer geheimen Sitzung zusammen, in welcher dann zunächst über den An- 
trag auf Ausschluß der Oeffentlichkeit zu beschließen ist). 
§. 37. Der Präsident eröffnet und schließt die Sitzung; er verkündet 
Tag und Stunde der nächsten Sitzung. 
c) Sitzungs-Protokolle. 
§. 38. Das Protokoll jeder Sitzung liegt während der nächsten 
Sitzung zur Einsicht aus und wird, wenn dagegen bis zum Schluß der 
Sitzung kein Einspruch erhoben ist, als genehmigt erachtet. 
§. 39. Das Protokoll muß enthalten: 
1. die gefaßten Beschlüsse in wörtlicher Anführung; 
2. die Interpellationen in wörtlicher Fassung, nebst der Bemerkung, 
ob sie beantwortet sind; 
3. die amtlichen Anzeigen des Präsidenten. 
§. 40. Wird gegen die Fassung des Protokolls Einspruch erhoben, 
welcher sich durch die Erklärung der darüber zu hörenden Schriftführer nicht 
heben läßt, so befragt der Präsident die Versammlung; im Fall der Ein- 
„) Abs. 3 beruht auf Beschl. 5. Feb. # 9) Nr. I 2 Anm. 75. 
95 (StB. 669).
	        
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