Full text: Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Das Deutsche Reich. (1)

182 IV. 2. G. betr. Stellvertretung des Reichskanzlers 17. März 78. 
schuldenkommission 5), die Verwaltung der Reichseisenbahnen 2) und das Reichsbank= 
direktorium 40). 
Die Verhältnisse der in den Reichsbehörden beschäftigten Reichsbeamten 
regelt ein besonderes Gesetz, Nr. 4. 
2. Gesetz, betreffend die Stellvertretung des Reichskanzlers. 
Vom 17. März 1878. (RG#. 7)70. 
§. 1. Die zur Gültigkeit der Anordnungen und Verfügungen des 
Kaisers erforderliche Gegenzeichnung des Reichskanzlers, sowie die sonstigen 
demselben durch die Verfassung und die Gesetze des Reichs übertragenen 
Obliegenheiten können nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen durch 
Stellvertreter wahrgenommen werden, welche der Kaiser auf Antrag des 
Reichskanzlers in Fällen der Behinderung2) desselben ernennt. 
§. 2. Es kann ein Stellvertreter allgemein für den gesammten Um- 
fang der Geschäfte und Obliegenheiten des Reichskanzlers ernannt werden3). 
Auch können für diejenigen einzelnen Amtszweige, welche sich in der eigenen 
und unmittelbaren Verwaltung des Reichs befinden"), die Vorstände der dem 
Reichskanzler untergeordneten obersten Reichsbehörden mit der Stellvertretung 
desselben im ganzen Umfang oder in einzelnen Theilen ihres Geschäftskreises 
beauftragt werden. 
§. 3. Dem Reichskanzler ist vorbehalten, jede Amtshandlung auch 
während der Dauer einer Stellvertretung selbst vorzunehmen. 
§. 4. Die Bestimmung des Artikel 15 der Reichsverfassung wird 
durch dieses Gesetz nicht berührt. 
8) Reichsschulden O. (Nr. V6) 5 12bis 5. 
9) Nr. I 2 Anm. 106. 
10) Bank G. 14. März 75 (RB. 177) 
826, 27. 
1) Das G. giebt der Befugniß des 
Reichskanzlers zur Einsetzung von Stell- 
vertretern die gesetzliche Grundlage § 1, 
wie sie namentlich zur Gültigkeit der 
Gegenzeichnung nothwendig geworden 
war. Die Vertretung erfolgt allgemein 
oder als Sondervertretung für einzelne 
Amtszweige § 2 und schließt das Ein- 
greifen des Reichskanzlers nicht aus § 3. 
— Quellen: Verh. d. Reichst. 78. 
Drucks. Nr. 36 (Entw. u. Begr.); St B. 
S. 321, 401, 431. 
2) Behinderung ist nicht nur die (vor- 
übergehende) persönliche, sondern auch 
die sachlich durch Ueberhäufung mit Ge- 
schäften veranlaßte. 
3) Den Vorsitz im Bundesrathe hat 
der allgemeine Stellvertreter nicht als 
  
solcher, sondern nur, wenn er Mitglied 
des Bundesraths u. gemäß RVerf. Art. 
15 Abs. 2 besonders schriftlich als Ver- 
treter bestellt ist § 4. 
4) Die Sondervertretung ist persönlich 
und sachlich beschränkt. Als in der 
eigenen unmittelbaren Verwaltung des 
Reichs befindlich führt die Begründung 
die auswärtigen Angelegenheiten, Marine, 
Post u. Telegraph, Reichsfinanzen und 
Elsaß-Lothringen auf. Außerdem werden 
die Rechtspflege bezüglich des Reichs- 
gerichts, das Reichseisenbahnwesen und 
die Reichsbank dazu gerechnet. Mit der 
Stellvertretung im Bereiche der Militär= 
justizuerwaltung ist der Präsident des 
Reichsmilitärgerichts betraut. — Wo 
die Verwaltung zwischen Reich u. Einzel- 
staaten getheilt ist, soll die Stellvertretung 
zulässig sein, wenn die Verwaltung sich 
vorwiegend in den Händen des Reichs 
befindet Begr. (Anm. 1).
	        
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