V. Reichsfinanzen. 6. Reichsschulden O. 19. März 00. 317
Die Umlaufszeit der zur vorübergehenden Verstärkung der ordentlichen
Betriebsmittel der Reichs-Hauptkasse bestimmten Schatzanweisungen darf den
Zeitraum von sechs Monaten nach dem Ablaufe des betreffenden Rechnungs-
jahrs nicht überschreiten.
Die Schatzanweisungen werden von der Reichsschuldenverwaltung aus-
gestellt; auf die Ausfertigung finden die Vorschriften des §. 4 Anwendung.
Die Ausgabe der Schatzanweisungen wird durch die Reichskasse bewirkt.
§. 8. Die für die Verzinsung und Tilgung der Anleihe sowie für die
Verzinsung und Einlösung der Schatzanweisungen erforderlichen Beträge
müssen der Reichsschuldenverwaltung zur Verfallzeit aus den bereitesten Ein-
künften des Reichs zur Verfügung gestellt werden.
Welche Theile der Anleihe getilgt werden sollen, bestimmt in Erman-
gelung besonderer gesetzlicher Vorschriften der Reichskanzler.
§. 9. Die Verwaltung der Reichsanleihe verbleibt bis auf Weiteres
der Preußischen Hauptverwaltung der Staatsschulden unter der Bezeichnung
„Reichsschuldenverwaltung“. Für die Verwaltung sind die Vorschriften des
preußischen Gesetzes vom 24. Februar 1850 (Gesetz-Samml. S. 57) 12) maß-
gebend. Die sich aus §. 6 des genannten Gesetzes ergebende unbedingte
Verantwortlichkeit der Reichsschuldenverwaltung erstreckt sich auch darauf,
daß eine Umwandlung der Schuldverschreibungen nur auf Grund eines sie
anordnenden oder zulassenden Gesetzes und nach Bewilligung der erforder-
lichen Mittel vorgenommen wird.
§. 10. Die obere Leitung steht dem Reichskanzler zu, soweit dies
mit der der Reichsschuldenverwaltung beigelegten Unabhängigkeit vereinbar ist.
§. 11. Der Präsident und die Mitglieder der Preußischen Haupt-
verwaltung der Staatsschulden haben zu Protokoll zu erklären, daß sie den
von ihnen gemäß §. 9 des preußischen Gesetzes vom 24. Februar 1850 und
§. 1 des preußischen Gesetzes vom 29. Januar 1879 (Gesetz-Samml. S. 10)
geleisteten Eid auch für die durch bundes= oder reichsgesetzliche Bestim-
mungen ihnen übertragene Verwaltung der Reichsschulden als maßgebend
anerkennen.
Das Protokoll ist dem Bundesrath und dem Reichstage vorzulegen.
8. 12. Die Geschäfte der im §. 1 des preußischen Gesetzes vom
24. Februar 1850 bezeichneten Staatsschulden-Kommission werden von einer
Reichsschulden-Kommission wahrgenomment).
Die Reichsschulden-Kommission besteht aus sechs Bevollmächtigten oder
stellvertretenden Bevollmächtigten zum Bundesrath, und zwar aus dem jedes-
12) Anlage A.
13) Die Kommission überwacht auch
die Verwaltung des Kriegsschatzes G.
11. Nov. 71 (Nr. 3) § 3 u. des Invali-
denfonds G. 23. Mai 73 (Nr. 4) § 13
nebst Anm. 9, sowie die An= und Aus-
fertigung, Einziehung u. Vernichtung der
Reichsbanknoten BankG. § 16 Abf. 2,
erg. RSchuld O. § 20 Abf. 2.