22 I. Reichsverfassung. 2. G. 16. April 71.
2) daß die möglichste Gleichmäßigkeit und Herabsetzung der Tarife
erzielt, insbesondere, daß bei größeren Entfernungen für den
Transport von Kohlen, Koaks, Holz, Erzen, Steinen, Salz, Roh-
eisen, Düngungsmitteln und ähnlichen Gegenständen ein dem Be-
dürfniß der Landwirthschaft und Industrie entsprechender ermäßigter
Tarif, und zwar zunächst thunlichst der Einpfennig-Tarif eingeführt
werde 108).
Art. 46. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhn-
licher Theuerung der Lebensmittel, sind die Eisenbahnverwaltungen ver-
pflichtet, für den Transport, namentlich von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten
und Kartoffeln, zeitweise einen dem Bedürfniß entsprechenden, von dem
Kaiser auf Vorschlag des betreffenden Bundesraths-Ausschusses festzustellenden,
niedrigen Spezialtarif einzuführen, welcher jedoch nicht unter den niedrigsten
auf der betreffenden Bahn für Rohprodukte geltenden Satz herabgehen darf.
Die vorstehend, sowie die in den Artikeln 42. bis 45. getroffenen
Bestimmungen sind auf Bayern nicht anwendbar.
Dem Reiche steht jedoch auch Bayern gegenüber das Recht zu, im
Wege der Gesetzgebung einheitliche Normen für die Konstruktion und Aus-
rüstung der für die Landesvertheidigung wichtigen Eisenbahnen aufzustellen.
Art. 47. Den Anforderungen der Behörden des Reichs in Betreff
der Benutzung der Eisenbahnen zum Zweck der Vertheidigung Deutschlands
haben sämmtliche Eisenbahnverwaltungen unweigerlich Folge zu leisten. Ins-
besondere ist das Militair und alles Kriegsmaterial zu gleichen ermäßigten
Sätzen zu befördernco#).
VIII. Post= und Telegraphenwesen u10).
Art. 48. Das Postwesen und das Telegraphenwesen werden für das
gesammte Gebiet des Deutschen Reichs als einheitliche Staatsverkehrs-An-
stalten eingerichtet und verwaltet 111).
108) Auf den württembergischen Bahnen
brauchen nicht alle aufgeführten Gegen-
stände in allen Gattungen von Verkehren
zum Einpfennigsatze befördert zu werden
Vtr. 26. Nov. 70 (BGl. 656) Nr. 2.
109) Friedensleistungs G. (Anm. 137)
§ 15, Kriegsleistungs G. (das.) § 28—31,
Mil TranspO. u. Tarif 18. Jan. 99
(Rö. 15, 108, 156, 392 u. 1901
3
S. 36).
110) Nach Art. 4 10 ist das Post= u.
Telegraphenwesen auf das Reich
übergegangen, dem die Gesetzgebung
(Art. 48) u. Verwaltung (Art. 50) zu-
steht u. die Ueberschüsse zufließen (Art.
49). Die Bestimmungen sind auf Bayern
u. Württemberg nicht anwendbar Art. 52.
— Im Anschluß ergingen an Gesetzen:
Post G. 28. Okt. 71 (RB. 347), erg.
G. 20. Dez. 75 (RGB. 318) u. 20. Dez.
99 (RGB. 715); Posttax G. 28. Okt. 71
(R. 358), erg. G. 17. Mai 73 (RB.
107), 3. Nov. 74 (RB. 127 u. 134)
u. 20. Dez. 99 (oben) nebst Portofrei-
heits G. 5. Juni 69 (BGBl. 141, R.
gem. Anm. 2); ferner für Telegraphen= u.
Fernsprechanlagen G. betr. das aus-
schließliche Recht des Reiches zur Er-
richtung 6. April 92 (RB. 467), G.
betr. Mitbenutzung öffentlicher Wege
18. Dez. 99 (RB. 705) u. Fernsprech-
gebühren O. 20. Dez. 99 (RB. 711).