I. Reichsverfassung. 2. G. 16. April 71. 25
IX. Marine und Schiffahrt.
Art. 53117). Die Kriegsmarine des Reichs ist eine einheitliche unter
dem Oberbefehl des Kaisers. Die Organisation und Zusammensetzung der-
selben liegt dem Kaiser ob, welcher die Offiziere und Beamten 14) der
Marine ernennt, und für welchen dieselben nebst den Mannschaften eidlich
in Pflicht zu nehmen sind.
Der Kieler Hafen und der Jadehafen sind Reichskriegshäfen 118).
Der zur Gründung und Erhaltung der Kriegsflotte und der damit
zusammenhängenden Anstalten erforderliche Aufwand wird aus der Reichs-
kasse bestritten.
Die gesammte seemännische Bevölkerung des Reichs 112), einschließlich
des Maschinenpersonals und der Schiffshandwerker, ist vom Dienste im
Landheere befreit, dagegen zum Dienste in der Kaiserlichen Marine ver-
pflichtet 20).
(Abs. 5.) 1.
Art. 54122). Die Kauffahrteischiffe aller Bundesstaaten bilden eine
einheitliche Handelsmarine 123).
117) Art. 53, der den Art. 41 ergänzt,
erklärt die Marine zur ausschließlichen
Reichssache und unterstellt sie dem Ober-
befehle (Anm. 69) u. der Ordnungs-
gewalt des Kaisers. Für die Verwal-
tung bildet seit 1889 das Reichsmarine-
amt die oberste Behörde; den Oberbefehl
führt seit Aufhebung des Oberkomman-
dos (1899) der Kaiser selbst; die obe-
ren Kommandostellen (Marineinspektion,
Stationschefs der Ost= u. der Nordsee)
sind ihm unmittelbar unterstellt. Die
Marine führt den Titel „Kaiserlich“
Art. 53 Abs. 4; Kriegsflagge Art. 55.
— Die Ordnungsgewalt des Kaisers
erscheint nur insoweit eingeschränkt, als
Reichsgesetze ergangen sind. Solche be-
stehen insbesondere über die Wehrpflicht
(Art. 53 Abs. 4) u. über den Bestand
an Schiffen, der in der Zeit von
1901 bis 1907 auf 38 Linienschiffe,
14 große u. 38 kleine Kreuzer gebracht
werden soll Flotten G. 14. Juni 00
(RGB. 255).
118) In den Kriegshafengebieten
bedürfen Bauten, Anlagen u. Unter-
nehmungen, die das Fahrwasser oder
die Wassertiefe beeinträchtigen können,
der Genehmigung des Marinestations-
chefs, der auch die zur Sicherheit des
Kriegshafens u. der zugehörigen Werke
u. Anlagen erforderlichen Verordnungen
erlassen kann G. 19. Juni 83 (RGB.
105).
11J) Als Seeleute gelten Personen,
die mindestens ein Jahr auf deutschen
Handelsschiffen gedient oder die See-
fischerei berufsmäßig betrieben haben
Kriegsdienst G. (Anm. 132) § 132.
120) Die Verpflichtung bestimmt sich
nach Kr DG. (Anm. 132) § 6, 13 u. G.
11. März 88 (RGB. 11) Art. II 8 20 bis
22 1U. 35.
121!) Abs. 5, der die Vertheilung des
Ersatzbedarfs nach Maßgabe der see-
männischen Bevölkerung vorschrieb, ist
in der dem Art. 53 durch G. 26. Mai 93
(RG#B. 185) Art. 1I gegebenen Fassung
fortgefallen; dafür darf auf geeignete
Militärpflichtige der Landbevölkerung
hinübergegriffen werden, wenn der vom
preußischen Kriegsministerium nach Maß-
gabe der tauglichen Militärpflichtigen
der seemännischen Bevölkerung zu ver-
theilende Ersatzbedarf nicht gedeckt ist
das. Art. II § 1 Abf. 3.
122) Art. 54 ergänzt den das Reich
als Handelseinheit bezeichnenden Art. 55.
128) Die Zugehörigkeit (Nationalität),
für welche die Handelsflagge (Art. 55)
das Kennzeichen bildet, wird durch die
Reichsangehörigkeit der Eigenthümer u.