Full text: Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Das Deutsche Reich. (1)

46 II. Reichsangehörigkeit. 2. G. üb. Erwerbung u. Verlust 1. Juni 70. 
§ 7. Die Aufnahme-Urkunde wird jedem Angehörigen eines anderen 
Bundesstaates 12) ertheilt, welcher um dieselbe nachsucht und nachweist, daß 
er in dem Bundesstaate, in welchem er die Aufnahme nachsucht, sich nieder- 
gelassen habe 13), sofern kein Grund vorliegt, welcher nach den 88. 2. bis 5. 
des Gesetzes über die Freizügigkeit vom 1. November 1867. (Bundesgesetzbl. 
S. 55) die Abweisung eines Neuanziehenden oder die Versagung der Fort- 
setzung des Aufenthalts rechtfertigt 14). 
§ä. S. Die Naturalisations-Urkunde darft5) Ausländern16) nur dann 
ertheilt werden, wenn sie 
1) nach den Gesetzen ihrer bisherigen Heimath dispositionsfähig sind, 
es sei denn, daß der Mangel der Dispositionsfähigkeit durch die 
Gegen den Bescheid des Regierungs- 
präsidenten, durch welchen Angehöri- 
gen eines anderen Deutschen Bundes- 
staats oder einem früheren Reichs- 
angehörigen die Ertheilung der Auf- 
nahmeurkunde, oder einem Preußischen 
Staatsangehörigen die Ertheilung der 
Entlassungsurkunde in Friedenszeiten 
versagt worden ist (§. 7, 15, 17 und 
21 letzter Absatz a. a. O.), findet 
innerhalb zwei Wochen die Klage bei 
dem Oberverwaltungsgerichte statt. 
Für Berlin ist der Polizeipräsident 
zuständig LV G. § 42 Abs. 2. Zur Klage 
wegen Landesverweisung sind nur Reichs- 
angehörige berechtigt das. § 130 Abs. 3; 
auch wo sie von der Ortspolizeibehörde 
verfügt ist UO V. 18. Feb. 88 (XVI 
381). 
11) Form der Naturalisations-, Re- 
naturalisations-, Aufnahme= und Ent- 
lassungsurkunden Vf. 9. Dez. 99 (MB. 
00 S. 43); Jahresübersichten Vf. 11 
März 83 (MB. 41). — Die Aufnahme 
und die Entlassung ist, wenn es sich um 
einen Bundesstaat handelt (§ 7 u. 15 
Abs. 2), kostenfrei § 24 Abs. 1; sonft 
beträgt der Stempel in Preußen für 
Entlassungen 1,50 M. G. 31. Juli 95 
(GS. 413) Tarif Nr. 10, für Naturali- 
sationen 50 M., bei Bedürftigkeit 5 M. 
das. Nr. 43. 
12) Auch ohne Entlassung; eine mehr- 
fache Staatsangehörigkeit ist somit nicht 
ausgeschlossen Vf. 3. Okt. 72 (MB. 249). 
  
13) Niederlassung ist Besitz einer eige- 
nen Wohnung oder eines Unterkommens 
(Obdachs) Freiz G. (Nr. 3) F 11. 
14) Die Vorschrift entspricht der RVerf. 
Art. 3 u. gilt auch für solche aus der 
Staatsangehörigkeit entlassenen Reichs- 
angehörige, die innerhalb 6 Monaten 
ohne Wohnsitznahme im Reichsauslande 
die Aufnahme in einem anderen Bundes- 
staate nachsuchen Vf. 8. Feb. 96 (MB. 
22) 
12) Verweigerung ist auch aus anderen 
Gründen zulässig Begr. (Anm. 1). 
16) Vertragsmäßig ist die Ent- 
lassung aus der bisherigen 
Staatsangehörigkeit erforderlich 
für Oesterreicher BBeschl. 14. Juni 
84 (Prot. § 323), in Preußen auch für 
Ungarn VfP. 3. Mai 99 (MB. 74); für 
Unterthanen der Türkei Vf. 11. Juli 84, 
Persiens Vtr. 11. Juni 73 (Re. 351) 
Art. 17 und Marokkos Konv. 3. Juli 80 
(RGB. 81 S. 103) Art. 15. Diese Verein- 
barungen sollen der mehrfachen Staats- 
angehörigkeit — wie sie unter den Bun- 
desstaaten zugelassen ist (Anm. 12) — 
den außerdeutschen Staaten gegenüber 
vorbeugen; gleiche Absicht verfolgt § 21 
Abs. 3. Russische Staatsangehörige sollen 
vor Aushändigung der Naturalisations- 
urkunde auf die strafrechtlichen Folgen 
des unerlaubten Eintritts in einen fremden 
Staatsverband hingewiesen werden Vf. 
16. Juli 90 (MB. 200). Nach französ. 
Rechte (Code civil Art. 17) erlischt die 
seitherige Staatsangehörigkeit mit der 
Naturalisation in einem fremden Staate. 
— Renaturalisationen § 21 Abs. 4 u. 5. 
Vor der Naturalisation früherer Reichs-
	        
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