II. Reichsangehörigkeit. 4. Auswanderungs G. 9. Juni 97. 67
à) an Reichsangehörige, welche ihre gewerbliche Niederlassung im
Reichsgebiete haben;
b) an Handelsgesellschaften, eingetragene Genossenschaften und juristi-
sche Personen, welche im Reichsgebiete ihren Sitz haben?); an
offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Kom-
manditgesellschaften auf Aktien jedoch nur, wenn ihre persönlich
haftenden Gesellschafter sämmtlich Reichsangehörige sind.
§. 4. Ausländischen Personen oder Gesellschaften, sowie solchen Reichs-
angehörigen, welche ihre gewerbliche Niederlassung nicht im Reichsgebiete
haben, darf die Erlaubniß nur ertheilt werden, wenn sie
a) einen im Reichsgebiete wohnhaften Reichsangehörigen zu ihrem
Bevollmächtigten bestellen, welcher sie in den auf die Beförderung
der Auswanderer bezüglichen Angelegenheiten Behörden und Pri-
vaten gegenüber rechtsverbindlich zu vertreten hat,
b) wegen der aus der Annahme und Beförderung der Auswanderer
erwachsenden Rechtsstreitigkeiten dem deutschen Rechte und den
deutschen Gerichten sich unterwerfen.
§. 5. Vor Ertheilung der Erlaubniß hat der Nachsuchende eine
Sicherheit im Mindestbetrage von fünfzigtausend Mark zu bestellen 10) und
im Falle beabsichtigter überseeischer Beförderung den Nachweis zu führen
daß er Rheder istt.).
§. 6. Die Erlaubniß ist nur für bestimmte Länder, Theile von
solchen oder bestimmte Orte und im Falle überseeischer Beförderung nur für
bestimmte Einschiffungshäfen zu ertheilen 1).
§. 7. Bei Ertheilung der Erlaubniß an solche deutsche Gesellschaften,
welche sich die Besiedelung eines von ihnen in überseeischen Ländern er-
worbenen Gebiets zur Aufgabe machen, ist der Reichskanzler an die Vor-
schriften des §. 5 nicht gebundent).
5) Sitz ist regelmäßig der Ort der
Verwaltung CPO. 19.
10) Umfang der Haftung § 20, Be-
stellung § 215. Die Sicherheiten sind
bei der RHauptbank, Kontor für Werth-
papiere zu hinterlegen Bek. 16. Juli 00
(MB. 231).
11) Ausnahmen §7. — Durch die
Beschränkung auf Rheder sind binnen-
ländische Unternehmer ausgeschlossen Begr.
(Anm. 1) S. 27, KB. S. 5. — Rheder
ist der Eigenthümer eines ihm zum Er-
werbe durch die Seeschiffahrt dienenden
Schiffes HGB. § 484. Beförderung mit
gecharterten Schiffen Anl. B § 15.
12) Die dadurch gebotene Prüfung der
Einzelfälle (Spezialisirung) soll die-
jenigen Auswanderungsziele ausschließen,
an denen der nöthige Schutz nicht gewährt
werden kann oder die Aussicht auf ge-
sichertes Fortkommen fehlt. Die Frei-
heit nach anderen Orten auszuwandern
wird damit nicht beschränkt; doch müssen
alsdann andere als die durch die obrig-
keitliche Erlaubniß gebotenen Beförde-
rungsgelegenheiten aufgesucht werden
Begr. (Anm. 1) S. 27. — Bei der —
meist über England gehenden — mittel-
baren Auswanderung (§ 25 Abf. 2) ist
die Erlaubniß für bestimmte Zwischen-
häfen zu ertheilen.
13) Siedelungsgesellschaften be-
dürfen der Erlaubniß nur, wenn sie
als Auswanderungsunternehmerauftreten
(Anhörung des Beiraths § 39 Abs. 1);
sonst unterliegen sie nur dem § 35 der
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