II. Reichsangehörigkeit. 4. Auswanderungs G. 9. Juni 97. 71
Aufenthaltsorts oder ihrer Beschäftigung im Bestimmungslande beschränkt
werden 30).
§. 23. Verboten 2) ist die Beförderung sowie der Abschluß von Ver-
trägen über die Beförderung:
a) von Wehrpflichtigen im Alter vom vollendeten siebzehnten bis zum
vollendeten fünfundzwanzigsten Lebensjahre, bevor sie eine Ent-
lassungsurkunde (§. 14 des Gesetzes über die Erwerbung und den Ver-
lust der Bundes= und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870) oder ein
Zeugniß der Ersatzkommission darüber beigebracht haben, daß ihrer
Auswanderung aus dem Grunde der Wehrpflicht kein Hinderniß
entgegensteht 3);
b) von Personen, deren Verhaftung oder Festnahme von einer Ge-
richts= oder Polizeibehörde1) angeordnet ist;
c) von Reichsangehörigen, für welche von fremden Regierungen oder
von Kolonisationsgesellschaften oder ähnlichen Unternehmungen der
Beförderungspreis ganz oder theilweise bezahlt wird oder Vor-
schüsse geleistet werden; Ausnahmen von dieser Bestimmung kann
der Reichskanzler zulassen 3).
§. 24. Auswanderer, welche sich nicht im Besitze der nach §. 23,
erforderlichen Urkunde befinden, oder welche zu den im §. 23 unter b undc
bezeichneten Personen gehören, können durch die Polizeibehörden 2#1) am Ver-
lassen des Reichsgebiets verhindert werden.
Die Polizeibehörden?) in den Hafenorten sind befugt, die Unternehmer
an der Einschiffung von Personen zu verhindern, deren Beförderung auf
Grund dieses Gesetzes verboten ist.
V. Besondere Bestimmungen für die überseeische Auswanderung nach
außereuropäischen Ländern 35.
§. 2531). Verträge über die überseeische Beförderung von Auswan-
derern 30) müssen auf Beförderung und Verpflegung bis zur Landung im
außereuropäischen Ausschiffungshafen gerichtet sein. Sie sind auf die Weiter-
31) Strafe § 43 Abs. 1 u. 44.
32) Verhinderung § 24; Strafe § 43
Abs. 1 u. 44; liegt eine nach dem StGB.
strafbare Handlung (Beihilfe zur Wehr-
pflichtverletzung § 140, vorsätzliche Be-
förderung der Fahnenflucht § 141, straf-
barer Begünstigung § 257) vor, so kommt
das St GB. zur Anwendung. — Ver-
boten ist daneben die Beförderung seuchen-
oder schwer kranker Personen § 36 Abs. 1
u. Anl. B 8 55.
33) Nr. 2 § 15 d. W.
31) Anm. 1. — In Deutschland zu-
gelassene Auswanderungsunternehmer u.
Vorschüsse Ausgewanderter an ihre An-
zehörigen in Deutschland (prepaids)
z-sr en nicht darunter Begr. (Anm. 1)
S. 39.
25 Wegen der durch die längere See—
reise herbeigeführten Abhängigkeit u. Ge—
fährdung sind die Auswanderer besonders
geschützt (privatrechtliche Ansprüche § 26
bis 32, persönliche Sicherheit § 33—35).
Das Nähere bestimmen die AusfVorschr.
(§ 36) u. die Verträge (Anm. 30, 36, 37).