Full text: Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Das Deutsche Reich. (1)

76 II. Reichsangehörigkeit. 4. Auswanderungs G. 9. Juni 97. 
Grund des §. 36 erlassenen Vorschriften zuwiderhandeln, ohne Unterschied, 
ob die Zuwiderhandlung im Inland oder im Auslande begangen istsz). 
§. 44. Agenten (§. 11), welche den Bestimmungen der §#§. 15, 16, 
17, 22 Absatz 2, 23 und 25 oder den für die Ausübung ihres Geschäfts- 
betriebs von den zuständigen Behörden erlassenen Vorschriften 7) zuwider- 
handeln, werden mit Geldstrafe von dreißig bis zu dreitausend Mark oder 
mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft. 
§. 45. Wer ohne die nach §§. 1 und 11 erforderliche Erlaubniß die 
Beförderung von Auswanderern betreibt oder bei einem solchen Betriebe 
gewerbsmäßig mitwirkt, wird mit Gefängniß bis zu einem Jahre und mit 
Geldstrafe bis zu sechstausend Mark oder mit einer dieser Strafen bestraft. 
Die gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher sich zum Geschäfte macht, 
zur Auswanderung anzuwerben. 
§. 46. Wer der Vorschrift des §. 26 Absatz 1 zuwiderhandelt, wird 
mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft bestraft. 
§. 47. Wer den auf Grund des §. 42 erlassenen Vorschriften zu- 
widerhandelt, wird mit Geldstrafe von einhundertfünfzig bis zu sechstausend 
Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. 
§. 48. Wer eine Frauensperson zu dem Zmecke, sie der gewerbs- 
mäßigen Unzucht zuzuführen, mittelst arglistiger Verschweigung dieses Zweckes 
zur Auswanderung verleitet, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. 
Neben der Zuchthausstrafe ist der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte aus- 
zusprechen; auch kann zugleich auf Geldstrafe von einhundertfünfzig bis zu 
sechstausend Mark sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. 
Dieselben Strafvorschriften finden auf denjenigen Anwendung, welcher 
mit Kenntniß des vom Thäter in solcher Weise verfolgten Zweckes die Aus- 
wanderung der Frauensperson vorsätzlich befördert; sind mildernde Umstände 
vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein, neben 
welcher auf Geldstrafe von einhundertfünfzig bis zu sechstausend Mark erkannt 
werden kann 0). 
55) Die Gleichstellung ist in Hinblick 
auf StGGB. § 4 erfolgt, wonach wegen 
der im Auslande begangenen Verbrechen 
u. Vergehen in der Regel keine Ver- 
folgung stattfindet. 
59) Anwerbung ist das Hervorrufen 
des Entschlusses zur Auswanderung; die 
Bekanntmachung der Bedingungen u. 
Gelegenheiten der Beförderung u. die 
Ertheilung von Auskunft u. Rath fällt 
nicht darunter Begr. (Anm. 1) S. 51. 
— Die betrügerische Verleitung zur 
  
Auswanderung wird nach StGB. s§ 144 
u., wenn sie zum Zwecke der Unzucht 
erfolgt, nach Ausw G. § 48 bestraft. 
60) Diese — außerhalb des Rahmens 
des Ausw. liegende — Strafrechts- 
vorschrift gegen den internationalen 
Mädchenhandel ist vom Reichstage hin- 
zugefügt St B. (Anm. 1) S. 5831. 
Gleichem Zwecke dienen Btr. mit den 
Niederlanden 15. Nov. 89 (RG. 91 
Sbt u. Belgien 4. Sept. 90 (das.
	        
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