6 2. Verfassungsurkunde 31. Jan. 50.
Art. 8. Strafen können nur in Gemäßheit des Gesetzes angedroht oder
verhängt werden 18).
Art. 9. Das Eigenthum ist unverletzlich. Es kann nur aus Gründen
des öffentlichen Wohles gegen vorgängige in dringenden Fällen wenigstens
vorläufig festzustellende Entschädigung nach Maßgabe des Gesetzes entzogen
oder beschränkt werden 19).
Art. 10. Der bürgerliche Tod und die Strafe der Vermögenseinziehung
finden nicht statt20).
Art. 11.
Die Freiheit der Auswanderung kann von Staatswegen
nur in Bezug auf die Webrypflicht beschränkt werden.
Abzugsgelder dürfen nicht erhoben werden #1).
Art. 12. Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, der Vereinigung zu
Religionsgesellschaften (Art. 30 und 31) und der gemeinsamen häuslichen und
öffentlichen Religionsübung wird gewährleistet ). Der Genuss der bürger-
Nach dem Schlußsatze besteht die Mög-
lichkeit der Außerkraftsetzung (Art. 111)
fort.
158) Art. 8 enthält eine Einschränkung
der königlichen (vollziehenden) Gewalt,
während die Vorschrift des St G. § 2
Abs. 1 „Eine Handlung kann nur dann
mit einer Strafe belegt werden, wenn
diese Strafe gesetzlich bestimmt war, be-
vor die Handlung begangen wurde“ nur
die rückwirkende Kraft u. die gewohnheits-
rechtliche Bildung der Strafgesetze aus-
schließen soll. — Der Ausdruck „in Ge-
mäßheit des Gesetzes“ gestattet neben den
unmittelbaren Strafgesetzen auch die ge-
setzliche Ermächtigung der Behörden zum
Erlaß von Strafverordnungen (G. 11. März
50 GS. 265 5— 17) u. zur Festsetzung
von Zwangsstrafen (LVG. 8 132).
½) Neben dem allgemeinen Enteignungs-
G. 11. Juni 74 (GS. 221) bestehen
Sondervorschriften für Beschränkungen in
der Umgebung von Festungen R.
21. Dez. 71 (RB. 459) § 34—45, für
die Landesvermessung Anl. A, für den
Bergbau BergG. 5. Juni 65 (GS. 705)
§ 135—147 u. für die Beschaffung der
Vorfluth Ed. 15. Nov. 11 (GS. 352)
§ 11—15. Die Entziehung beweglicher
Gegenstände findet nur in einzelnen Fällen
statt, Friedens= u. Kriegsleistungen G.
98 (REB. 361) u. 13. Juni 73 (REB.
129), Wegebaustoffe Enteign.G. § 50—53.
20) Beide Strafen sind auch dem jetzt
maßgebenden Reichs St G. fremd; zuge-
lassen sind jedoch die Einziehung (Konfis-
kation) einzelner Gegenstände das. 840—42
u. die Vermögensbeschlagnahme zur Sicher-
stellung von Strafe u. Kosten bei Hoch-
u. Landesverrath § 93 u. bei Verletzung
der Wehrpflicht § 140; Verfahren St PO.
* 470—476.
»ꝛl) Die Auswanderung ist jetzt gem.
NVerf. Art. 41 durch RG. 9. Juni 97
(R#B. 463) geregelt, das bei grundsätz-
licher Aufrechterhaltung der Auswande-
rungsfreiheit (G. 1. Juni 70 RGB. 351
§ 15 u. 17) neben der Wehrpflicht noch
einige andere Einschränkungen zuläßt
§ 23, 24 u. 36. — Die Erhebung von
Abzugsgeldern (gabella Abfahrtsgeld
für Auswandernde u. Abschoß für ins
Ausland gehende Erbschaften), die in
Preußen auf Fälle der Retorsion be-
schränkt (KO. 11. April 22 GS. 181)
u. durch Art. 11 Abs. 2 unbedingt aus-
geschlossen war, ist jetzt eine Frage der
Reichsgesetzgebung; gegenüber Dänemark
wurde sie durch Vtr. 5. Feb. 91 (Rö.
346) aufgehoben.
22) Die Religionsfreiheit war be-
reits durch M. II 11 §9 1—8 (bestätigt
Pat. 30. März 47 GS. 121) anerkannt;
die staatliche Genehmigung zur Religions-
übung (8 10) ist jedoch erst durch die Vll.
beseitigt. Die Religionsfreiheit (Art. 12
Satz 1) wird in Art. 12 Satz 3, Art. 13,
14 u. in dem reichsgesetzlichen Ausschlusse
des Jesuitenordens vom Gebiete des
Reichs G. 4. Juli 72 (RE. 253) ein-
geschränkt, während sie in Art. 12 Satz 2,
Art. 17, 19, 24 Abs. 2 u. das G.