Full text: Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Der Preußische Staat. (4)

234 III. 4. Anl. A. Regul. für den Geschäftsgang 22. Feb. 92. 
des Artikels 1 Absatz 2 des Gesetzes vom 27. Mai 1888 (Gesetz-Samml. 
S. 226)3). 
§. 7. [Berathung und Abstimmung.] Der Vorsitzende leitet die 
Verhandlungen und die Berathungen in den Sitzungen des Gerichtshofes; er 
stellt die Fragen und sammelt die Stimmen. Meinungsverschiedenheiten über 
die Fragestellung oder über das Ergebniß der Abstimmung entscheidet der 
Gerichtshof. Die Berathung erfolgt ohne Zuziehung eines Protokollführers. 
Die Abstimmung der einzelnen Mitglieder darf keinen schriftlichen Aus- 
druck finden; jedes Mitglied ist jedoch berechtigt, seine abweichende Ansicht mit 
Gründen in einem dem Vorsitzenden überreichten Schriftstücke niederzulegen. 
Die Sondervota werden mit den Urschriften und den vorbereitenden Arbeiten 
der Berichterstatter aufbewahrt. 
Bei der Abstimmung stimmt der Berichterstatter zuerst, nach ihm der 
zweite Berichterstatter, der Präsident zuletzt, vor diesem die Senatspräsidenten 
und vor ihnen die sonstigen Mitglieder, beide letztgedachten Gruppen in der 
durch das Dienst= oder Lebensalter bestimmten Reihenfolge (vergl. S. 4). 
§. 8. [Im mündlichen Verfahren zu erledigende Spruchsachen.] 
Bei den im mündlichen Verfahren zu erledigenden Spruchsachen wird von dem 
Vorsitzenden ein — nach Befinden ein zweiter — Berichterstatter ernannt 
und der Verhandlungstermin nach Eingang des Referates, in schleunigen 
Sachen nach dem Ermessen des Vorsitzenden aber auch vor dessen Anfertigung 
anberaumt. 
Die anstehenden Sachen werden der Regel nach in der durch den Vor- 
sitzenden bestimmten, durch Aushang vor dem Sitzungszimmer bekannt zu 
machenden Reihenfolge erledigt. 
Die mündliche Verhandlung beginnt mit dem Vortrage des Sachverhaltes 
durch den Berichterstatter. Der Vortrag kann bei dem Erscheinen beider 
Parteien diesen überlassen werden. 
Ein etwa erschienener Kommissar (§. 74 Absatz 2 des Landes-Ver- 
waltungsgesetzes vom 30. Juli 1883) wird am Schlusse der Verhandlung 
gehört. 
§. 9. Der Vorsitzende verkündigt die ergangene Eutscheidung durch Ver- 
lesung der Urtheilsformel. Wird die Verkündigung der Gründe für angemessen 
erachtet, so erfolgt sie durch mündliche Mittheilung des wesentlichen Inhaltes 
oder durch Verlesung der Urtheilsgründe. 
Nach Befinden des Gerichtshofes kann die Verkündigung der Entscheidung 
bis zu einer der nächsten Sitzungen ausgesetzt werden; zu letzterer werden die 
Parteien mündlich geladen. Einer Vorladung der ausgebliebenen Parteien 
bedarf es nicht. 
Aus besonderem Anlaß kann der Gerichtshof beschließen, die mit Gründen 
versehene Ausfertigung der Entscheidung den Parteien und dem Kommissar zur 
") Bildet jetzt Abs. 4 des § 29 des Verwer G.
	        
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