Full text: Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Der Preußische Staat. (4)

2. Verfassungsurkunde 31. Jan. 50. 11 
liche Erlaubniß friedlich und ohne Waffen in geschlossenen Räumen zu ver— 
sammeln 43). 
Diese Bestimmung bezieht sich nicht auf Versammlungen unter freiem 
Himmel, welche auch in Bezug auf vorgängige obrigkeitliche Erlaubniß der Ver- 
fügung des Gesetzes unterworfen sind “). 
Art. 30 12). Alle Preußen haben das Recht, sich zu solchen Zwecken, welche 
den Strafgesetzen 45) nicht zuwiderlaufen, in Gesellschaften zu vereinigen. 
Das Gesetz regelt, insbesondere zur Aufrechterhaltung der öffentlichen 
Sicherheit, die Ausübung des in diesem und in dem vorstehenden Artikel (29). 
gewährleisteten Rechts ). 
Politische Vereine können Beschränkungen und vorübergehenden Verboten 
im Wege der Gesetzgebung unterworfen werden 4). 
Art. 31. 
Die Bedingungen, unter welchen Korporationsrechte ertheilt 
oder verweigert werden, bestimmt das Gesetz). 
hat sich darauf beschränkt, die Vereins= u. 
Versammlungsfreiheit bei den Reichstags- 
wahlen zu sichern Wahl G. 31. Mai 69 
(BGl. 145) § 17 u. das landesgesetzliche 
Verbot der Verbindung gleichartiger Ver- 
eine mit einander aufzuheben. G. 11. Dez. 
99 (RG. 699). Sonst gilt die preuß. 
V. 11. März 50 (GS. 277), die, obwohl 
unter Zustimmung der Kammern erlassen, 
als V. bezeichnet ist; Einf. in die neuen 
Prov. V. 5. Juni 67 (GS. 921) Art. IIA 
u. Lauenburg G. 23. Juni 76 (GS. 169) 
10 
“) Art. 30 Abs. 2. — Versammlungen, 
in denen öffentliche (staatliche, kommunale, 
religiöse u. soziale) Angelegenheiten er- 
örtert oder berathen werden sollen, sind 
24 Stunden vorher der Ortspolizeibehörde 
anzuzeigen V. 50 (vor. Anm.) § 1—7, 
21 Abs. 1 u. (Strafe) 12, 14, 15, 18, 19. 
Daneben sind polizeiliche Anordnungen im 
Interesse der Sicherheit, Ordnung u. Sitt- 
lichkeit (LCR. 11 17 § 10) zulässig UO. 
26. u. 28. Juni 80 (VI 370 u. 372) u. 
3. Dez. 87 (XVI 387), öffentliche Lustbar- 
keiten 24. Sept. 88 (XVIII 422), Polizei- 
stunde 9. Juli 92 (XXIII 399) u. 21. Mai 
(XXXII 391). 
") Diese Versammlungen, denen öffent- 
liche Aufzüge — mit Ausnahme gewöhn- 
licher Leichenbegängnisse, hergebrachter 
Hochzeitszüge u. in hergebrachter Art statt- 
findender Prozessionen, Wallfahrten u. 
Bittgänge — geeichgesteltt sind, bedürfen 
der polizeilichen Genehmigung V. 50 
(Anm. 42) § 9—11 u. (Strafe) 17. 
  
"5) StGB. § 128, 129. 
)) Vereine, die eine Einwirkung auf 
öffentliche Angelegenheiten (Anm. 43) be- 
zwecken, haben Satzungen und Mitglieder- 
verzeichniß der Ortspolizeibehörde einzu- 
reichen V. 50 (Anm. 42) § 2 u. (Strafe) 
§ 13. 
") Politische sind Vereine, die in ihren 
Versammlungen die Erörterung staatlicher 
Angelegenheiten oder Einrichtungen be- 
zwecken UO V. 1. Okt. 90 (XX 432). Der 
Begriff ist weiter als der der in Anm. 46 
erwähnten Vereine, weil eine Einwirkung 
nicht bezweckt zu werden braucht, aber 
enger, weil er nicht alle öffentlichen Ange- 
legenheiten (Anm. 43) umfaßt. Politische 
Vereine dürfen Frauenspersonen, Schüler 
u. Lehrlinge nicht aufnehmen V. 50 (Anm. 
42) § 8, (Strafe) § 16 u. (Ausnahme der 
Wahlvereine) § 21 Abs. 2. Das Ver- 
bindungsverbot für gleichartige Vereine 
ist aufgehoben Anm. 42. 
") Die Korporationsrechte um- 
fassen neben der in Art. 32 erwähnten 
Befugniß die Rechtsfähigkeit für Vereine, 
Anstalten und Stiftungen. Religions- 
gesellschaften können sie nur durch beson- 
dere Gesetze erlangen Art. 13; anderen 
Gattungen von Vereinen sind sie durch 
Reichs= oder Landesgesetze allgemein er- 
theilt, so dem Reichs= u. dem preuß. Fiskus, 
den Kommunal-, Armen-, Schul= u. Deich- 
verbänden, den Landwirthsschafts-, Hand- 
werks= u. Handelskammern, Kolonial-, 
Aktien= u. sonstigen Handelsgesellschaften, 
den Erwerbs= u. Wirthschaftsgenossen-
	        
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