Full text: Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Der Preußische Staat. (4)

242 III. 4. Anl. B. G., betr. Konflikte bei gerichtl. Verfolgungen. 13. Feb. 54. 
§. 3. Befindet der Gerichtshof (§. 2), daß dem Beamten eine zur ge- 
richtlichen Verfolgung geeignete") Ueberschreitung seiner Amtsbefugnisse 
oder Unterlassung einer ihm obliegenden Amtshandlung nicht zur Last fällt, 
so entscheidet er, daß der Rechtsweg gegen den Beamten unzulässig sei, im 
entgegengesetzten Falle aber, daß derselbe zulässig seilt). — Ein Urtheil der 
letztern Art präjudizirt weder dem Beamten in seiner weiteren Vertheidigung 
vor dem Gerichte, noch dem Gerichte in seiner rechtlichen Entscheidung der 
Sache. 
§. 4. Vorstehende Bestimmungen sind auch anwendbar, wenn eine ge- 
richtliche Verfolgung wegen Amtshandlungen (§. 1) gegen einen aus dem 
Dienste bereits ausgeschiedenen Beamten oder gegen die Erben eines Beamten 
anhängig wird. 
§. 5. Unter den Beamten (5§. 1) sind auch diejenigen, welche in mittel- 
barem Staatsdienste stehen, einbegriffen?). 
§. 6. Das gegenwärtige Gesetz findet anch Anwendung, wenn Personen 
des Soldatenstandes wegen Handlungen, welche von ihnen bei Ausübung oder 
in Veranlassung der Ausübung ihrer Dienstverrichtungen vorgenommen sind, 
oder wegen Unterlassung ihrer Dienstverrichtungen •2) bei anderen als Militär- 
gerichten belangt werden. — In diesen Fällen steht dem vorgesetzten Divisions- 
kommandeur oder kommandirenden General die Befugniß zu, den Kouflikt zu 
erheben. Die Verrichtungen des Gerichtshofes zur Entscheidung der Kom- 
petenzkonflikte?) werden durch das Militär-Justizdepartement ausgeübt, welches 
unter Mitwirkung dreier höheren Offiziere, die von dem Könige jedesmal auf 
11) Der Unterschied zwischen Kon- 
flikten u. Kompetenzkonflikten, die 
beide die Voraussetzung für den Eintritt 
der richterlichen Thätigkeit bilden, besteht 
darin, daß bei den Kompetenzkonflikten in 
Frage steht, ob ein Privatrechtstreit seinem 
Gegenstande nach dem Rechtswege unter- 
liegt, bei dem Konflikte, ob bei einem an 
sich dem Rechtswege unterliegenden Ge- 
genstande die privat= oder strafrechtliche 
Verfolgung eines Beamten zu unter- 
bleiben hat, weil ihm keine Amtspflicht- 
verletzung zur Last fällt. — Wenn der 
Konflikt hiernach regelmäßig die Zulässig- 
keit des Rechtswegs voraussetzt, ist dieses 
doch nicht nothwendig der Fall UO#. 
8. Mai 96 (PrVBl. XVIII 164). Er 
kann auch in Sachen erhoben werden, 
in denen der Kompetenzkonflikt verworfen 
ist UOV. 11. Feb. 93 (XXIV 415), 
während umgekehrt die Erhebung des 
Kompetenzkonflikts auch nach Verwerfung 
des Konfliktes möglich erscheint § 3 Satz 2 
des Ges. — Für die sachliche Beur- 
  
theilung der Konflikte kommen außer 
den bereits bei der Konflikterhebung 
(Anm. 7) angeführten noch folgende Ent- 
scheidungen in Betracht. Eine Amts- 
überschreitung liegt nicht nur vor, wenn 
Gesetze, sondern auch wenn Anweisungen 
der zuständigen Aufsichtsbehörden (Grenzen 
des Züchtigungsrechts der Lehrer) über- 
schritten werden 22. Okt. u. 26. Nov. 87 
(XV 444 u. 453). Gegenstand der Ent- 
scheidung ist auch die Frage, ob der Be- 
amte seine Anordnung aus sachlicher Er- 
wägung oder böswillig (aus Chikane) oder 
fahrlässig getroffen hat 7. März 91 (Pr- 
VBl. XIII 139). Auch die Abwehr un- 
berechtigter Störung in der Ausübung 
des Dienstes gegenüber einem anderen in 
der Ausübung des Amtes begriffenen 
Beamten (einem mit Zustellung betrauten 
Gerichtsvollzieher) bildet keine Amtsüber- 
schreitung 9. Nov. 87 (XV 439). 
!?) Dabei ist an Verrichtungen des 
Militärdienstes gedacht UOV. 22. Dez. 
96 (Anm. 5).
	        
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