2. Verfassungsurkunde 31. Jan. 50. 21
Die näheren Bestimmungen über die Fälle der Verantwortlichkeit, über
das Verfahren und über die Strafen werden einem besonderen Gesetze vor-
behalten 102).
Titel V.
Von dem Landtage 105).
Art. 62. Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich durch den König
und durch die zwei Häuser des Landtags08) ausgeübt.
Die Uebereinstimmung des Königs und beider Häuserb3) ist zu jedem
Gesetze erforderlich 104).
Finanzgesetz-Entwürfe 105) und Staatshaushalts-Etats werden zuerst dem
Hause der Abgeordneteno5) vorgelegt; letztere werden von dem Herren-
hause 103) im ganzen angenommen oder abgelehnt.
Art. 63. Nur in dem Falle, wenn die Aufrechterhaltung der öffent-
lichen Sicherheit, oder die Beseitigung eines ungewöhnlichen Nothstandes es
dringend erfordert, können, insofern die Häuser #6) nicht versammelt sind,
unter Verantwortlichkeit des gesammten Staatsministeriums, Verordnungen, die
½3) Art. 44 u. 49 Abs. 2. — Bestechung
u. Verrath werden jetzt nach Reichsgesetz
strafrechtlich verfolgt St GB. § 80— 93,
331 u. ein oberster Gerichtshof für Preußen
besteht nicht mehr Anm. 140. Auch der
danach in Geltung gebliebene Theil des
Abs. 1
langt, da das Abs. 2 verheißene G. nicht
ergangen ist.
10) G. 30. Mai 55 (ES. 316) § 1
(§ 2 zu Anm. 120) bestimmt:
Die Erste Kammer wird fortan
das Herrenhaus, die Zweite
Kammer das Haus der Abge-
ordneten genannt.
Für beide Häuser ist die Gesammt-
bezeichnung „Landtag“ gebräuchlich.
Strafrechtlicher Schutz gegen Gewaltthätig-
keiten StGB. § 105. Zur Berfolgung
von Beleidigungen bedarf es keines An-
trags, jedoch der Ermächtigung § 197. —
Titel V betrifft die Gesetzgebung Art.
62—64, das Herrenhaus Art. 65—68,
das Abgeordnetenhaus Art. 69—75, beide
Häuser gemeinsam Art. 76—82 u. die
Mitglieder des Landtags Art. 83—85.
Die Vorschriften über Bildung des Herren-
hauses (Art. 65—68) sind aufgehoben
G. 7. Mai 53 (GS. 181) u. durch V.
12. Okt. 54 (GS. 541) ersetzt; die wegen
der Wahl zum Abgeordnetenhause (Art.
hat keine praktische Bedeutung er-
70—72 u. 74 Abs. 1) finden nur An-
wendung, insoweit die V. 30. Mai 49
(G . 205) nebst Ergänzungen — die gem.
Vll. Art. 115 bis zum Erlaß des ver-
heißenen, aber noch nicht ergangenen Wahl-
gesetzes in Kraft geblieben ist — nicht
anderweite Bestimmung enthält. Diese
Vorschriften nebst den für beide
Häuser erlassenen Geschäftsord-
nungen sind in Abschn. II d. W. zu-
sammengefaßt.
½) Vor Erlaß der Vll. war der König
alleiniger Gesetzgeber. — Gesetze sind er-
forderlich zur Feststellung des Staatshaus-
haltsetats Art. 99 Abs. 2 u. zur Auf-
nahme von Anleihen Art. 103 — Ver-
kündigung u. Rechtsverbindlichkeit der Ge-
setze Art. 45 u. 106. — Nach der Art
des Zustandekommens unterscheiden sich
die ordentlichen Gesetze (Verordnungen mit
Gesetzeskraft Art. 63) in * „Gesete
Finanzgesetze Art. 62 Abft. 3 Ver-
fassungsänderungsgesetze Art. 1. —
Fleischmann, der Weg der Gesetzgebung
in Preußen (Bresl. 98).
18) Finanzgesetze sind nach herrschen-
der Ansicht die die Finanzen unmittelbar
beeinflussenden, nicht die nur mittelbar
mit Ausgaben verbundenen Gesetze. —
Dümmler, Finanzgesetzentwürfe nach der
Pr. Verf. (Halle 94).
400) Als Vertreter der steuerzahlenden
Bevölkerung. Verb. Anm. 103.