Full text: Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Der Preußische Staat. (4)

388 IV. 5. Landesverwaltungsgesetz 30. 
Juli 83. 
Er kann einem Mitgliede des Gerichts gestatten, das Fragerecht auszuüben. 
Eine Frage ist zu stellen, wenn das Gericht diese für angemessen erachtet. 
§. 72101). Die mündliche Verhandlung erfolgt in öffentlicher Sitzung 
des Gerichts. 
Die Oeffentlichkeit kann durch einen öffentlich zu verkündigenden Beschluß 
ausgeschlossen werden, wenn das Gericht dies aus Gründen des öffentlichen 
Wohls oder der Sittlichkeit für angemessen erachtet 102). 
Der Vorsitzende kann aus der öffentlichen Sitzung jeden Zuhörer entfernen 
lassen, der Zeichen des Beifalls oder des Mißfallens giebt oder Störung 
irgend einer Art verursacht. 
Parteien, Zeugen, Sachverständige, welche den zur Aufrechterhaltung der 
Ordnung erlassenen Befehlen des Vorsitzenden nicht gehorchen, können auf 
Beschluß des Gerichts aus dem Sitzungszimmer entfernt werden. Gegen die 
bei der Verhandlung betheiligten Personen wird sodann in gleicher Weise ver- 
fahren, wie wenn sie sich freiwillig entfernt hätten. 
§. 73. Die Parteien sind in der Wahl der von ihnen zu bestellenden 
Bevollmächtigten nicht beschränkt 103). 
Das Gericht kann Vertreter, welche, ohne Rechtsanwalte zu sein, die 
Vertretung vor dem Gerichte geschäftsmäßig betreiben, zurückweisen. Eine 
Anfechtung dieser Anordnung findet nicht statt. 
Gemeindevorsteher, welche als solche legitimirt sind, bedürfen zur Ver- 
tretung ihrer Gemeinden einer besonderen Vollmacht nicht. 
§. 74 104). Liegt einer öffentlichen Behörde als Partei die Wahrnehmung 
des öffentlichen Interesses ob, so kann auf deren Antrag der Regierungs- 
präsident für die mündliche Verhandlung vor dem Bezirksausschusse, und der 
Ressortminister für die mündliche Verhandlung vor dem Oberverwaltungs- 
gerichte einen Kommissar zur Vertretung der Behörde bestellen. 
Der Regierungspräsident beziehungsweise der Ressortminister kann in 
geeigneten Fällen auch ohne Antrag einer Partei einen besonderen Kommissar 
von Amtswegen ist der Vorsitzende nicht 
verpflichtet UOV. 19. März 85 (Pr. 
Verw Bl. VI 231), auch bildet der Um- 
stand, daß er von seinem Fragerecht keinen 
ausreichenden Gebrauch gemacht hat, keinen 
Revisionsgrund 2. Okt. 96 (das. XVIII 
89 
h Im Disziplinarverfahren nicht an- 
wendbar § 1577 u. Disz G. 21. Juli 52 
(GS. 465) § 35. 
10„) In Gewerbesachen (Anm. 3) findet 
GVG. 8§ 173—176 entsprechende An- 
wendung GewO. 8 215. 
1) Auch Beistände sind zuzulassen UO V. 
1. Juni 81 (VII 393). Als Partei be- 
theiligte Beamte u. Behörden können sich 
  
durch Rechtsanwälte vertreten lassen Vf. 
OV. 22. Nov. 76 (1.443); dies gilt auch 
von Gemeindevorstehern UO V. 6. Dez. 84 
(Pr. Verw Bl. VI 196). 
1) Der Kommissar hat im Falle des. 
Abs. 1 die Behörde als Partei zu ver- 
treten, in dem des Abs. 2 neben dieser 
das öffentliche Interesse in der münd- 
lichen Verhandlung wahrzunehmen Vf. 76 
(vor. Anm.); im Falle des Abs. 3 tritt 
er an Stelle der Partei für das ganze 
Verfahren. Soweit er nur für die münd- 
liche Verhandlung bestellt wird, ist er zur 
Empfangnahme der Urtheilsausfertigung 
u. zur Einlegung von Rechtsmitteln nicht 
ermächtigt UO V. 12. Juni 82 (VIII 426).
	        
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