Full text: Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Der Preußische Staat. (4)

IV. 5. Landesverwaltungsgesetz 30. Juli 83. 415 
und des Lauenburgischen Gesetzes vom 7. Januar 1870 209) für mehrere Orts- 
polizeibezirke oder für den ganzen Umfang des Kreises gültige Polizeivor- 
schriften zu erlassen und gegen die Nichtbefolgung derselben Geldstrafen bis 
zum Betrage von dreißig Mark anzudrohen. 
§. 143. Ortspolizeiliche Vorschriften (§§. 5 ff. des Gesetzes vom 
11. März 1850 beziehungsweise der Verordnung vom 20. September 1867 
und des Lauenburgischen Gesetzes vom 7. Januar 1870) 209), soweit sie nicht 
zum Gebiete der Sicherheitspolizei gehören 13), bedürfen in Städten der Zu- 
stimmung des Gemeindevorstandes?14). Versagt der Gemeindevorstand die 
Zustimmung, so kann dieselbe auf Antrag der Behörde durch Beschluß des 
Bezirksausschusses ergänzt werden 210). 
Fn Fällen, welche keinen Aufschub zulassen, ist die Ortspolizeibehörde 
befugt, die Polizeivorschrift vor Einholung der Zustimmung des Gemeinde- 
vorstandes zu erlassen. Wird diese Zustimmung nicht innerhalb vier Wochen 
nach dem Tage der Publikation der Polizeivorschrift ertheilt, so hat die Be- 
hörde die Vorschrift außer Kraft zu setzen. 
§. 144. In Stadtkreisen ist die Ortspolizeibehörde befugt, gegen die 
Nichtbefolgung der von ihr erlassenen polizeilichen Vorschriften Geldstrafen 
bis zum Betrage von dreißig Mark anzudrohen. Im Uebrigen steht die Er- 
theilung der Genehmigung zum Erlasse ortspolizeilicher Vorschriften mit einer 
Strafandrohung bis zum Betrage von dreißig Mark gemäß §. 5 der im 
§. 137 angezogenen Gesetze dem Regierungspräsidenten zu. 
Ingleichen hat der Regierungspräsident über die Art der Verkündigung 
orts= und kreispolizeilicher Vorschriften?15), sowie über die Form, von deren 
Beobachtung die Gültigkeit derselben abhängt, zu bestimmen. 
§. 145. Die Befugniß, orts= oder kreispolizeiliche Vorschriften außer 
Kraft zu setzen, steht dem Regierungspräsidenten zu. Mit Ausnahme von 
ꝛus) In diesem Falle bedarf es der An- 
hörung Anl. K § 5 Abs. 1. — Die 
Sicherheitspolizei umfaßt den Schutz 
des Gemeinwesens, der Person u. des 
Eigenthums, im Gegensatz zum Schutze 
der Ordnung u. Sitte u. der wirthschaft- 
lichen Thätigkeit (Wohlfahrtspolizei). Der 
Kön. Bef. 24. April 12 (GS. 43) bestimmt 
die Sicherheitspolizei als „Aufsicht auf die 
innere Ruhe des Staats, auf verdächtige 
Fremde, auf das Paßwesen, ingleichen 
Obsorge für die Sicherheit des Lebens, 
der Freiheit u. des Eigenthums gegen 
Gewalt u. List.“ — Wo der Sicherheits- 
polizei die ein bestimmtes Sachgebiet um- 
fassende Polizei (Bau-, Feuer-, Gesund- 
heits= u. s. w. Polizei) gegenübergestellt 
wird, gehören zu letzteren auch die zur 
Sicherung des Lebens u. der Gesundheit 
  
auf diesem Gebiete ergriffenen Maßregeln 
Besch. O. 1. April 0l1 (XXXIX 39). 
23) Für den Amtsbezirk oder eine oder 
mehrere Gemeinden (Gutsbezirke) in diesem 
bedarf es der Zustimmung des Amts- 
ausschusses (in den aus einer Gemeinde 
bestehenden Amtsbezirken der Gemeinde- 
vertretung) Kr O. f. d. östl. Prov. 81 
(GS. 180) § 62, 512, u. f. Schl. Holstein 
26. Mai 88 (GS. 139) § 54 u. 382. 
In den übrigen Landestheilen bedarf es 
auf dem Lande der Berathung mit dem 
Gemeindevorstande Anl. K u. Unteranl. K 1 
§ 5, in landwirthschaftlichen Angelegen- 
heiten der Zustimmung der Gemeinde- 
vertretung das. § 7. 
218) Kostenfreie Veröffentlichung in den 
Amtsblättern Vf. 18. Mai 96 (MB. 112). 
 
	        
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