Josef Grunzel, Die Industrie. N
Deutschland seinen Export von Steinkohle nach Österreich durch einen fast gleich hohen Import
von Steinkohle aus England und Braunkohle aus Österreich ausgleicht. Bei einem so gewichtigen
Produkt wie Kohle ist die Frachtlage für das Ausland leicht günstiger wie für das Inland, besonders
dort, wo billige Wasserfracht ausgenützt werden kann. So kommt es, dass der böhmische Braun-
kohlenbergbau rund 40 % seiner Produktion in Deutschland absetzt und in Berlin englische Stein-
kohle mit der deutschen konkurriert. Die gesamte Kohlenversorgung Deutschlands war im Jahre
1910 folgende:
in Steinkohlen in Braunkohlen
in Mill. t (1000 kg)
Förderung .......... 152.8 Förderung ........... 69.5
Einfuhr von Kohle .. 11.2 Einfuhr von Kohle ... 7.4
Einfuhr von Koks .... 0.6 Einfuhr von Briketts . 0.1
Einfuhr von Biiketts 0.1
164.7 7709
Ausfuhr von Kohle ... 24.3 Ausfuhr von Kohle ... 0.1
Ausfuhr von Koks ... 4.l Ausfuhr von Briketts . 0.5
Ausfuhr von Briketts . 1.5 .
Verbrauch .......... 134.8 : Verbrauch _.......... 76.4
Die Förderung von Braunkohle konzentriert sich fast zu zwei Dritteln im Oberbergamts-
bezirk Halle, während sich die Förderung der Steinkohle auf folgende Gebiete verteilt:
Förderung 1910 in Mill. t. in Prozent der
Gesamtförderung
Ruhrbezirk 89.1 58.3
Oberschlesien 34.5 22.6
Saarbezirk 14.4 94
Niederschlesien (Waldenburger Revier) 5.5 3.6
Sachsen 5.4 3.5
Ein interessantes Bild bietet auch ein Vergleich des Kohlenverbrauches der verschiedenen
Staaten, doch sind zwei grosse Fehlerquellen nicht ausser Betracht zu lassen. Vor allem ist der
Massstab unsicher, weil es beider Kohle nicht bloss auf das Gewicht, sondern auch auf den Heizwert
ankommt und der Kaloriengehalt der schlesischen oder gar englischen Steinkohle ein weit höherer
ist als beispielsweise der Braunkohle. Dann deckt sich auch der Kohlenverbrauch nicht mit dem
Heizmaterialverbrauch der Industrie. Als Brennstoff konkurrieren mit der Kohle doch auch Holz,
Holzhohle, Torf, Petroleum, ferner konkurriert in verschieden hohem Masse mit der Dampfkraft
die Wasserkraft und schliesslich findet ein sehr grosser Teil der Kohle als Hausbrandkohle Ver-
wendung, deren Bedarf sich wieder nach rein klimatischen Einflüssen richtet. Unter die Länder mit
dem relativ stärksten Kohlenverbrauch fällt ausser den drei grössten Produktionsländern auch
Belgien, doch haben in den letzten Dezennien die Vereinigten Staaten von Amerika und
Deutschland die meiste Zunahme zu verzeichnen. Es betrug nämlich
der Kohlenverbrauch auf den Kopf der Bevölkerung
in Tonnen (1000 kg)
187175 1908
. durchschnittlich
In den Vereinigten
Staaten von Amerika 1.09 5.04
Grossbritannien 3.52 4.38
Belgien 1.99 3.54
Deutschland (1872—75) 1.08 3.47