298 Josef Grunzel, Die Industrie.
Die Maschine setzt Massenabsatz voraus und drängt zum Grossbetriebe. Wie sehr die Gross-
betriebe in Industrie und Bergbau zugenommen haben, zeigt folgende Übersicht:
Kleinbetriebe Mittelbetriebe Grossbetriebe
(1—5 Personen) (6—50 Personen) 5] und mehr Personen
Betriebe Personen Betriebe Personen Betriebe Personen
1882 3,175.857 3,270.404 85.001 1,109.128 9.481 1,554.133
1895 1,989.572 3,191.125 139.459 1,902.049 17.941 2,907329
1907 1,870.261 3,200.282 187.074 2,714.664 23.033 4,937.927
Daher Abnahme (—) oder Zunahme (+) in Prozent:
1895 — 86 — 24 + 64.1 + 715 + 89.3 + 87.2
1907 — 6.0 + 0.3 + 34.1 + 42.7 + 618 + 69.8
Die augenfälligste und heute fast selbstverständliche Tatsache ist die gewaltige Zunahme
des Grossbetriebes. In der letzten Zeitperiode hat sich das Tempo etwas verlangsamt, weil in vielen
Fällen ein gewisser Sättigungspunkt erreicht wurde und überdies die Industrie mehr durch eine
Konzentration als durch eine Vermehrung der Betriebe ihre Leistungsfähigkeit zu erhöhen sucht.
Überraschender ist die Tatsache, dass das Kleingewerbe nicht verdrängt wurde, sondern nach.der
letzten Gewerbezählung sogar eine kleine Zunahme zeigt. Heute können wir den Siegeszug des
Grossbetriebs schon überblicken und sagen : er hat sich mehr an die Seite als an die Stelle des Klein-
betriebes gesetzt. Im ersten Ansturm musste zwar mancher Zweig des Kleingewerbes unterliegen,
aber andererseits hat die Grossindustrie selbst wieder durch Zuweisung verschiedener Hilfs- und Re-
paraturarbeiten einige Zweige vergrössert und neue geschaffen. .
Die Maschine hat auch den Arbeiter nicht verdrängt. Wie häufig wurden neue Maschinen
von revoltierenden Arbeitern zerstört, die ihr Brot zu verlieren fürchteten! Die vermeintliche Fein-
din war in Wahrheit eine stumme Helferin. Es hat sich das Bedürfnis nach menschlicher Arbeitskraft
verzaehrt, aber auch gleichzeitig verfeinert, denn die Maschinen werden immer rationeller, aber auch
komplizierter, und ersetzen die physische Arbeitsleistnug durch geistigen Arbeitsaufwand, wie dies
namentlich an den selbsttätigen Maschinen für Massenartikel, wie Schrauben, Drahtstifte, Nadeln
usw., an den Setzmaschinen, an der Owen’schen Flaschenblasmaschine usw. zu sehen ist. Manche
Fabriksgründung im Orient scheiterte ledielich daran, dass der heimische Arbeiter zwar Handgriffe
lernen konnte, aber die für die moderne Fabriksarbeit notwendige Intelligenz nicht besass. Auch
die Statistik gewährt uns einen Einblick in diesen Vorgang, indem sie uns zeigt, dass der Bedarf nach
qualifizierten Mitarbeitern viel rascher steigt als der nach gewöhnlichen Arbeitern. Von den in In-
dustrie und Bergbau beschäftigten Personen waren:
Arbeiter Verwaltungs-, Kontor- und Technisches Betriebs- und
und Gehilfen Aufsicht personal Bureaupersonal
1895 5,550.205 Steigerung 158.714 Steigerung 109.248 Steigerung
1907 7,950.418 43.2% 322.612 103.3% 292.208 167.6%
„Der Anteil der Selbständigen an der erwerbstätigen Bevölkerung ist freilich gesunken und
zwar in der Industrie rascher als in anderen Erwerbsgruppen. Nach der amtlichen Statistik kamen
auf je 100 Erwerbstätige
Selbständige Angestellte und Arbeiter
in der Industrie: 1882 34.4 65.6
1895 24.9 75.1
1907 17.6 82.4
in der Landwirtschaft: 1882 27.8 12.2
1835 31.0 69.0
1907 25.3 74.7
im Handel: 1882 44.7 55.3
1895 36.1 63.9
1907 292 70.8