Dreizehntes Hauptstück.
Selbsthilfe und Soziıalschutz.
64. Abschnitt.
Arbeiter-, Angestellten- und Arbeitgeber-Organisationen.
Von
Dr. Adolf Günther,
Privatdozent an der Universität Berlin.
Literatur:
Kessler, Die deutschen Arbeitgeberverbände, Schr. d. Ver. £. Soz.-Pol., Bd. 124. — Kulemann, Die Gewerk-
schaftsbewegung. — Bueck, Die Organisation der Arbeitgeber. — Stresemann, Der Zusammenschluss der deutschen
Arbeitgeber. — Zahn, Die Organisation der Prinzipale und Gehilfen im deutschen Buchdruckgewerbe. — Auf-
sätze in den beteilieten Fachorganen, Schriften des D. H. V.D.T. V., B. t.-. B. — Soziale Praxis. — Artikel
im Handwörterbuch der Staatswissenschaft, Wörterbuch der Volkswirtschaft. — Günther, Die soz. Bewegung der
Angestellten, Braun’s Annalen 1912. — Ders, Die deutschen Techniker, München und Leipzig 1912. —
W. Kulemann, Die Berufsvereine, Jena 1908. — Brentano, Die Arbeitergilden der Gegenwart. — Reichs-Arbeits-
blatt. — Die Verbände der Arbeitgeber, Angestellten und Arbeiter. Sonderhefte (alljährlich neu erscheinend)
zum Reichs-Arbeitblatt, zuletzt für 1912. — Lederer, Wirtschaftliche Organisationen, Leipzig 1913.
Die gewerkschaftliche Organisation der gewerblichen Arbeiter-
schaft ist die erste Etappe auf dem Wege zur sozialen Organisation aller Berufsstände
gewesen; ihr schlossen sich, durch gleiche Bedürfnisse veranlasst, zunächst das Unter-
nehmertum und die Angestellten trotz der viel bedeutenderen Schwierigkeiten, die
sich ihnen entgegenstellten, an. Was wir heute in allen Kulturstaaten, vornehmlich auch in
Deutschland, an machtvollen Gebilden wahrnehmen, ist noch neueren Datums, obwohl Fäden
von hier zur früheren Zeit, die unter dem Zeichen der Zunft stand, hinüberführen und ob-
wohl gerade die jüngste Entwicklung wieder gewisse zünftige Gedankengänge wachruft.
Die alten Gesellenvereinigungen des Zunftwesens beruhten in erster Linie auf der mit
seinem Grundprinzip so eng verwachsenen gegenseitigen Unterstützung. Insofern standen sie voll
auf dem Boden der Zunftordnung, die sie allerdings verliessen, wenn sie — häufig genug — zur
Koalition gegen die Meister wurden. Hierüber, wie auch über die Gesetzgebung, die diesen Über-
griffen zu wehren bemüht war, ist hernach in dem Abschnitt: ‚Streik, Aussperrung und Boykott“
berichtet. — Im übrigen ist der Zusammenhang der heutigen Arbeiterorganisation mit der früheren
in den einzelnen Ländern ein sehr verschiedener, insbesondere abhängig von der Koalitionsgesetz-
gebung, die hier einen Übergang vom zünftigen Unterstützungsverein zur modernen Kampf-
Handbuch der Politik. II. Auflage. Band II. l