Full text: Handbuch der Politik.Dritter Band. (3)

  
162 Cart Johannes Fuchs, Denkmalpflege und Heimatschutz. 
  
  
sie bezog sich zunächst auf das Einzelobjekt, nicht auf Gesamtwirkungen, und ihr Ziel war wo- 
möglich die museale Verwahrung. Die Erhaltung der Kunst ım Leben und für das Leben des Alt- 
tags, das war die neue Forderung des Heimatschutzes” (Glannoni). 
Es dauerte noch 7 Jahre, bis die Anregungen Rudorfis im Jahre 1904 zur Gründung des 
deutschen „Bundes Heimatschutz” führten; inzwischen war die Sache schon seit Jahren 
besonders von Paul Schultze-Naumburg in seinen „Kulturarbeiten”, von Avenarius 
ım „Kunstwart” und ‚„Dürerbund’”, von Sohnrey ın seiner ländlichen Wohlfahrtspflege und 
von lokalen Vereinen wıe dem bayrischen ,‚‚Verein für Volkskunde und Volkskunst‘, dem 
Hannoverschen Verein Niedersachsen“ u. a. theoretisch und praktisch betrieben worden. 
Die Arbeitsgebiete des Bundes Heimatschutz sind: ‚Denkmalpflege; Pflege der über- 
lieferten ländlichen und bürgerlichen Bauweise; Schutz des Landschaftsbildes, ein- 
schliesslich der Ruinen; Rettung der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt, sowie der 
geologischen Eigentümlichkeiten; Volkskunst auf dem Gebiet der beweglichen Gegenstände; 
Sitten, Gebräuche, Feste und Trachten.‘“ Er ist heute eine mächtige Organısation mit vielen 
Einzelmitgliedern und 18 Landesvereinen (der grösste der württembergische mit 3300 Mit-. 
gliedern). Ausserhalb desselben stehen heute in Deutschland nur noch der genannte ältere bayrısche 
Verein und der später begründete „Rheinische Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz.” 
Dagegen ist seine Organisation auch im Auslande, insbesondereinder Schweiz und in Öster- 
reich, nachgebildet worden, während in Frankreich die nur auf den Naturschutz sich erstrekt 
kende,schon genannte ‚„Societe pour la protection des paysages de France” besteht, undiın England 
der aus Ruskins Lehren hervorgegangene, schon 1894 gegründete „National Trust for Places of 
Hıstorice Interest or Natural Beauty“ die Sammlung von Geldmitteln zur Erwerbung solcher ge- 
fährdeter Objekte und ihre Verwandlung in Nationaleigentum zu seiner Hauptaufgabe gemacht und 
auf diesem Gebiete auch schon sehr bedeutende Erfolge erzielt hat. Im Jahre 1909 hat, von der 
genannten französischen Gesellschaft einberufen, auch schon ein erster Internationaler 
KongressfürHeimatschutzin Paris stattgefunden, ein zweiter, vom deutschen Bund 
Heimatschutz veranstaltet, ist 1912 in Stuttgart gefolgt, und im Jahre 1911 hat zum erstenmal 
ene „gemeinsame Tagung für Denkmalpflege und Heimatschutz” 
als gemeinschaitliche Veranstaltung des Denkmaltages und des Bundes Heimatschutz in Salzburg 
stattgefunden und wird ın Zukunft alle zwei Jahre wiederholt werden. (Die 2. fand 1913 ın 
Dresden statt.) 
Diese so rasch angewachsene Kulturbewegung des Heimatschutzes ist auch von den deut- 
schen Staatsregierungen zum Teil, so zuerst in Sachsen, eifrig aufgegriffen und unter- 
stützt worden; n Bayern und Württemberg sind besondere staatliche oder halbstaat- 
liche „Landesausschüsse für Naturschutz” bezw. ‚„Natur- und Heimatschutz“ (in Bayern als 
Ergänzung für den genannten Verein, welcher den Naturschutz nicht umfasst, in Württemberg 
ın Konkurrenz mit dem Landesverein des deutschen Bundes) geschaffen und in Preussen (und 
Hohenzollern) die schon erwähnte aus dem Heimatschutz hervorgegangene „Staatliche Stelle für 
Naturdenkmalpflege’’ errichtet worden. Ferner aber ist es auch in Preussen und Sachsen bereit- 
zu besonderen Heimatschutzgesetzengekommen. Das preussische Gesetz vom 15. Juni 
1907 „gegen die Verunstaltung von Ortschaften und landschaftlich hervorragenden Gegenden”, 
eine Fortsetzung eines früheren Gesetzes von 1902, hat zunächst in Preussen wirksame Hand- 
haben für die Ausübung des Heimatschutzes (einschliesslich der Denkmalpflege) geschaffen, aber 
allerdings den Schwerpunkt vielleicht zu sehr auf von den Gemeinden zu erlassende, aber nicht 
erzwingbare Ortsstatute gelegt. Aufseiner Grundlage beruht auch dassächsische „Gesetz gegen 
Verunstaltung von Stadt und Land” vom 10. März 1909, aber es hat den Vorzug, dass es eine Er- 
zwingung solcher Ortsstatute bezw. ihren Erlass durch das Ministerium des Innern vorsieht und 
den Landschaftsschutz auf das ganze Land, nicht nur auf einzelne landschaftlich hervorragende 
Gegenden ausdehnt. Damit ist in beiden Ländern auf diesem Gebiet (insbesondere also auch dem der 
Reklame) wenigstens den schlimmsten Missständen vorläufig gesteuert. In den anderen deutschen 
Staaten wird ein gleiches zum Teil durch die Polizeiordnungen oder durch Spezialverordnungen 
oder durch die erwähnten neuen Landesbauordnungen ermöglicht. In Frankreich hat man 
  
  
  
    
  
 
	        
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