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Franz Dochow, Gesundheitspolizei.
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vermöge ihrer ungünstigen Lebenshaltung auch bei gutem Willen nicht in der Lage sein. Absonder-
ung und Desinfektion, die bei anderen übertragbaren Krankheiten mit Erfolg angewendet werden
können, genügen hier nicht, da man den Erreger nicht kennt. Auf die Impfung kann demnach zu-
nächst nicht verzichtet werden.
III. Leichenbestattung. Unbestattete Leichen gefährden die menschliche Gesund-
heit, auch wemm der Tod nıcht infolge einer übertragbaren Krankheit erfolgt ist. Deshalb hat die
Gesundheitspolizei für eine zweckentsprechende Bestattung Sorge zu tragen. Die Beisetzung hat
im allgemeinen auf Kriedhöfen, ausnahmsweise in Familiengrüften, in Kirchen oder an anderen
Plätzen zu erfolgen. Die Begräbnisplätze müssen so angelegt sein, dass den Umwohnern und den
Besuchern der Friedhöfe kein gesundheitlicher Nachteil aus der Verwesung der Leichen erwachsen
kann. Die Friedhöfe dürfen erst nach einiger Zeit wieder neu angelegt oder anderweit verwendet
werden. Die obligatorische Leichenschau ist bisher nur in einigen deutschen Staaten eingeführt.
Bei der Regelung der Feuerbestattung handelt es sich vorwiegend um die Berücksichtigung sicher-
heitspolizeilicher Massregeln.
IV. Übertragbare Krankheiten der Tiere. Was oben (unter I) über die
übertragbaren Krankheiten der Menschen gesagt ist, gilt auch im wesentlichen von denen der Tiere
(Viehseuchen).!?) Die Gesundheitspolizei (Veterinärpolizei) muss einer Verschleppung der Seuchen
über die Grenzen vorbeugen und die staatlichen Massregeln zur Bekämpfung im Inlande durchführen.
Die reichsrechtliche Grundlage für die Bekämpfung der Viehseuchen bildet neben dem Rinderpest-
gesetz vom 7. Aprıl 1869 das Viehseuchengesetz vom 26. Juni 1909.15)
l. Gegen dıe Einschleppung kommen Einfuhrverbote, Beschrän-
kungenim Grenzverkehr, Revisionen und Kontrollen zur Anwendung.!)
Esistverboten, Tiere einzuführen, die an einer übertragbaren Seuche leiden und verdächtige
Tiere, sowie Erzeugnisse solcher Tiere. Ebenso ist es untersagt, Kadaver und Teile von Tieren ein-
zuführen, dıe an einer übertragbaren Seuche gefallen sind oder zur Zeit des Todes an einer solchen
gelitten haben oder seuchenverdächtig gewesen sind; ebenso dürfen Gegenstände jeder Art nicht
eingeführt werden, von denennachden Umständendes Falles anzunehmen ist, dass
sie Träger des Ansteckungsstoffes sınd.1?) Die Einfuhr lebender oder toter Tiere, tierischer Er-
zeugnisse oder Rohstoffe sowie der Gegenstände, die Träger des Ansteckungsstoffessseinkönnen,
kann allgemeinoderfür bestimmte Grenzstrecken verboten oder beschränkt
werden. Ferner kannimGrenzbezirk der Verkehr mit Tieren Bestimmungen unterworfen
werden, die geeignet sind, ım Falle der Einschleppung einer Weiterverbreitung der Seuche vorzu-
beugen. Auch diese Bestimmungen können auf tierische Erzeugnisse und Rohstoffe, sowie auf
Gegenstände ausgedehnt werden, die Träger von Ansteckungsstoffen sein können. In den Grenz-
bezirken kann auch eine Re vision.des vorhandenen Viehbestandes und eneregelmässige
Kontrolle über den Ab- und Zugang von Vieh angeordnet werden.!®)
Diese Bestimmungen des neuen Viehseuchengesetzes gestatten im Vergleich mit dem bisher
geltenden Recht einen ziemlich weitgehenden Schutz gegenüber dem Auslande. Es versteht sıch
von selbst, dass die zuständigen Verwaltungsbehörden sich bei der Regelung des Grenzverkehrs
nur von gesundheitspolizeilichen Gesichtspunkten leiten lassen.
15) Vgl. Meyer-Dochow * $ 43 S. 188.
14) Vol. Anm. 2.
15) Übersicht über die Materialien und Literatur bei Ebermayer in Stengleins Strafr. Nebengesetzen 4
(1911) 1, 842, 845 u. 849; Laband, Staatsrecht ? 3, 258, Meyer-Dochow ? 8 44 S. 190. Zum Viehseuchengesetz
sind umfangreiche Ausführungsbestimmungen vom 25. Dezember 1911 erlassen.
16) Vjiehseuchengesetz $$ 6—8.
17) Bisher bezog sich das Verbot nur auf die Einfuhr von Tieren, die von einer übertragbaren Seuche
befallen waren.
18) Diese Massregeln hatten bisher den bedrohlichen Ausbruch einer Seuche im Auslande zur Voraus-
SOtZUng.