Fritz Zadow, Der deutsche Kolonialbestand.
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stattgefunden hat, oder ob daneben noch Verträge mit den Häuptlingen der eingeborenen Stämme
oder mit Kolonialgesellschafiten abgeschlossen worden sınd. Derartige Vertragsschlüsse haben bei
dem Erwerbe der Marshall-Inseln sowie der sämtlichen afrıkanischen Besitzungen mit Ausnahme
eines kleinen Küstenstrichs in Ostafrika stattgefunden, und wenn sie auch an und für sich als
rechtsverbindlich zu betrachten sind, so kann ihnen die rechtliche Bedeutung eines Erwerbs-
titels doch nicht beigemessen werden. Besonders die sogenannten „Schutzverträge” mit den ein-
heimischen Häuptlingen hatten nur die Bedeutung, gegenüber diesen einen Rechtstitel zu schaffen
und für das Deutsche Reich ein Vorzussrecht hinsichtlich der Besitznahme gegenüber anderen
Staaten der Völkerrechtsgemeinschaft zu begründen. Die Häuptlinge konnten nicht durch Vertrag
Rechte übertragen, die sıe > selbst nicht besassen, da ein völkerrechtlich gültiger Vertrag zwei Staaten
voraussetzt, die der Völkerrechtsgemeinschaft angehören. Von Staatscewalt und ‘Staaten kann
aber bei den Häuptlingen keine Rede sein; denn die Staatsgewalt muss territorialen Charakter haben,
während die Häuptlinge nur persönliche Herrschaftsrechte besıtzen d. h. solche, die sıch lediglich
auf die Personen der Eıingeborenen erstrecken, nicht aber auf das Gebiet und die innerhalb des-
selben wohnenden oder sıch aufhaltenden Europäer. Mithin konnten die Besitzrechte des Reiches
allein auf dem Wege der Okkupation begründet werden, weil das Land der eingeborenen Stämme
als herrenlos anzusehen ıst. Da die sogenannten Schutzverträge fast neben Jeder kolonialen
Erwerbung durch Okkupatıon einherzugehen ptlegen, so kann man eine Besitzergreifung, wle sie
zunächst bei den westafrıkanıschen Schutzgebieten stattfand, eine „Okkupation auf Grund
einer vorhergehenden Vertragschliessung‘ ”) oder eine „vertraglich modifizierte Okkupation” ?)
nennen. In ähnlicher Weise vollzog sich auch die Okkupation' von Deutsch-Ostafrika,
wo die deutsch-ostafrikanische Gesellschaft mit den Häuptlingen ähnliche Verträge abgeschlossen
hatte, und diejenige der Marshall-Inseln, wo die mit einzelnen besonders mächtigen
Häuptlingen geschlossenen Verträge den gleichen Inhalt und dieselbe Bedeutung wie die Verträge
ın Afrika hatten, nur dass den Häuptlingen auf den Marshall-Inseln keinerlei Herrschaftsrechte
verblieben.
Durch ‚‚reine Okkupation“ ist die Herrschaft des Reiches n Neu-Guinea auf dem
Bismarck-Archıpelund den Salomons-Inseln begründet worden, da sich hier
noch nicht einmal Stämme gebildet hatten, mit denen man hätte Verträge schliessen können.
Schwieriger liegen die Okkupationsverhältnisse n Samoa, wo sıch die Entwickelung
ler deutschen Staatsgewalt ın drei Stadien vollzog:
«) Das erste Stadıum hat zur Grundlage die Freundschaftsverträge vom 3. und 5. Juni 1877
und 24. Januar 1879, ın welchen vereinbart wurde, dass alle Rechtsnormen, welche die ın
Samoa ansässigen Deutschen beträfen, gemeinsam vom deutschen Konsul und von Beamten
der samoanischen ‚Regierung‘ festgesetzt werden und zur Gültigkeit der Bestätigung des
Deutschen Reiches bedürfen sollten. Gleiche Verträge schlossen England und die Vereinigten
Staaten von Nordamerika ab.
B) Die zweite Epoche beginnt mit der von den drei vorgenannten Mächten vereinbarten
Samoa-Generalakte vom 14. Juni 1889, wodurch ein sogenanntes gemeinschaftliches Protektorat
geschaffen wurde. Dem Wortlaute dieser Samoa-Generalakte nach kann es keinem Zweifel
unterliegen, dass die drei vertragschliessenden Mächte Samoa als herrenloses Gebiet betrachteten,
das ohne den Vertrag jede der drei Mächte an und für sıch hätte okkupieren können.
Y) Der heutige Zustand wurde herbeigeführt durch Aufteilung des gemeinschaftlichen
Protektorats durch den deutsch-englischen Vertrag vom 14. November 1899, ın welchem
England alle seine Rechte auf dıe zur Samoagruppe gehörigen Inseln Upolu und Sawaiıı zugunsten
Deutschlands aufgab. In gleicher Weise verzichteten in Artikel 2 des Abkommens vom’
2. Dezember 1899 zwischen Deutschland, den Vereinigten Staaten und Grossbritannien die Ver-
einigten Staaten zugunsten Deutschlands auf alle ihre Rechte und Ansprüche auf UÜpolu und
Sawaii und alle anderen westlich des 171. Längengrades von Greenwich gelegene Inseln der
Samoagruppe.
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20, Georg Meyer».3l.
1) Köbner, Kolonialrecht S. 1083.