H. Edler von Hofmann, Kolonialverwaltung.
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örtlichen Verhältnissen ab. Wo die farbigen Machthaber nur geringen Einfluss besitzen, werden
sie abhängige Beamte der Regierung sein, die ihnen vielfach erst durch ihre Anerkennung eine feste
Stellung unter ihren Untergebenen sichert. Den Gegensatz bilden solche Fälle, in denen die Häupt-
linge über ansehnliche Gemeinwesen herrschen, wie im Innern von Ostafrika und Kamerun. In
solchen Fällen hat das Herrschaftsverhältnis ausgesprochen protektoratischen Charakter. Wenn
auch das Völkerrecht diese Verhältnisse nicht als Protektorate betrachtet, so ändert das an der
tatsächlichen Lage doch nichts. Zwischen den beiden Extremen: farbiger Beamter und Protek-
toratshäuptling ist eine Reihe von Zwischenstufen denkbar und in den deutschen Schutzgebieten
vorhanden.
Wenden wir uns von den prinzipiellen Fragen der Gliederung der Behörden zu.
Unter dem Träger der gesamten Schutzgewalt, dem Kaiser, ‚steht an der Spitze der Kolonial-
verwaltung der Reichskanzler. Unter ihm gliedert sich die Verwaltung ın zwei Teile. Auf der
einen Seite steht die Verwaltung der afrikanischen und der Südseeschutzgebiete unter dem Staats-
sekretär des Reichskolonialamtes, auf der anderen Seite Kıautschou unter dem Staatssekretär
des Reichsmarineamtes. Träger der Unterregierung im einzelnen Schutzgebiete ist der Gouverneur,
ein Einzelbeamter, dem eine Reihe von Hilfsbeamten (Referenten u. a.) untersteht. Sein Vertreter
ist der erste Referent. Dem (Gouverneur steht, wie schon früher erwähnt, in allen Schutzgebieten,
bei Ausübung der Verordnungsgewalt und bei der Aufstellung der Etatsvorschläge beratend eine
Schutzgebietsvertretung zur Seite, deren Vorsitz der Gouverneur führt. Der sogen. Landesrat in
Südwestafrika besteht zur Hälfte aus von Kommunalverbänden Gewählten, zur Hälfte aus Per-
sonen, die der Gouverneur ernennt. Er kann hierzu Beamte nehmen, jedoch ist das in der Praxis
nur in beschränktem Umfange der Fall. Auch in den übrigen Schutzgebieten überwiegt kraft
Rechtssatzes das nıchtamtliche Element in den sogen. Gouvernementsräten; nur in Kıiautschou
bilden die Beamten eine erhebliche Mehrheit, jedoch legen die sogen. Bürgerschaftsvertreter auch
keinen Wert auf dıe Vermehrung ihrer Sitze, solange dem Gouvernementsrat nicht das Recht,
bindende Beschlüsse zu fassen, gegeben ist. Soweit die Gouvernementsräte aus Nichtbeamten zu-
sammengesetzt sind, zeigen sie praktisch, in Kiautschou auch kraft Rechtssatzes, den Charakter von
berufsständischen Vertretungen der Pflanzer, Kaufleute, städtischen Grundbesitzer, Missionare.
Nur Weisse sind Mitglieder der Vertretungen.
Unterhalb des Gouvernements haben sich mit der Zeit allgemeine Verwaltungsbehörden
in den afrıkanıschen Gebieten und in Neuguinea entwickelt. Die Erschliessung der Schutzgebiete
vollzog sich durch Expeditionen der Schutz- oder der Polizeitruppen, die an geeigneten Stellen
Regierungs- oder Militärstationen, oder selbständige Distriktsämter (Südwestafrika) anlegten.
Diese provisorischen Organisationen werden in dauernde umgewandelt, sobald sich die Möglich-
keit einer regelmässigen Verwaltung findet. Die gewöhnliche Form ist die des Bezirksamtes, dem
nach Bedarf detachierte Hilisbehörden für Teile des Bezirkes gegeben werden (Stationen, Neben-
stationen, Distriktsämter usw.). Ausnahmsweise werden nicht Bezirksämter, sondern Resıiden-
turen eingerichtet; dies geschieht in Gebieten mit ausgesprochen protektoratischem Charakter.
Der Resident ıst hier In gewissem Sinne ein diplomatischer Vertreter der Kolonialregierung, der
die ihm zugewiesenen Häuptlinge im Sinne der deutschen Regierung zu beeinflussen, in der Regel
aber nicht unmittelbar die Herrschaft der deutschen Regierung über die Eingeborenen auszu-
üben hat.
Unter den allgemeinen Verwaltungsbehörden bestehen dann besondere, die nur für die Ein-
geborenen zuständig sind. Es sind dies in Kıautschou die europäischen Bezirksamtmänner. Im
übrigen sınd die besonderen Eingeborenenbehörden der allgemeinen Verwaltung nicht europäisch;
es sind, wie oben dargelegt, dieeinheimischen Gewalten und Organe, deren sich die Kolonialregierung
zur Beherrschung der Farbigen bedient.
Ausser dem staatlichen Behörden-Örganismus besteht in zwei Schutzgebieten eine
kommunale Selbstverwaltung. Von besonderer Bedeutung ist die in Südwestafrika, die sich in
zwei Stufen gliedert. Es bestehen Gemeindeverbände und Bezirksverbände. Die Gewalt der Ge-
meinde ist organisiert in dem gewählten Gemeinderat und dem gewählten Vorsteher oder Bürger-
meister. Der Gemeinde ist die örtliche Förderung von Wohlfahrt und Wirtschaft zugewiesen, sıe