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H. Edler von Hofmann, Kolonialverwaltung.
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hat eigene Finanzverwaltung und das Recht Abgaben aufzuerlegen. Es kann ihr die Ortspolizei-
verwaltung übertragen werden. Nzch dem Vorbilde des britischen Südafrika ist der Gemeinde
auch ein wirkliches Gesetzgebungsrecht in besonders genannten Angelegenheiten, z. B. Abgaben-
wesen, zuerkannt worden. — Kommunalverband höherer Ordnung ist der Bezirksverband, dessen
Organe der Bezirksamtmann und der gewählte Bezirksrat sind. Die Verbandsaufgaben entsprechen
denen der Gemeinden und sınd vom Verbande zu erfüllen, soweit nicht Gemeinden zuständig sind.
Der Bezirksrat beschränkt seine Tätigkeit nicht auf die kommunalen Angelegenheiten des Bezirkes,
er steht auch in den Dingen der reinen Staatsverwaltung dem Bezirksamtmann beratend zur Seite.
In ihrer Doppelstellung in staatlicher und kommunaler Verwaltung ähneln Bezirksamtmann und
Bezirksrat dem Landrat und dem Kreisausschuss. — Über die südwestafrikanischen Kommunal -
verbände wird eine Staatsaufsicht ausgeübt, es bedarf in manchen Fällen der Bestätigung kommu-
naler Massnahmen, Zwangsetatisierung ist zulässig, u. a. m. — In Ostafrika gibt es, nach der Ost-
afrikanischen Städteordnung von 1910, nur Gemeinden, deren Organe der städtische Rat und der
Bezirksamtmann sınd. Die Befugnisse und die Selbständigkeit dieser Gemeinden sind erheblich
geringer als die der südwestafrikanischen und ihre Selbstverwaltung steht einstweilen noch auf
sehr schwachen Füssen.
III. Die Verwaltung der inneren Angelegenheiten nichtwirtschaftlicher Natur.
Die deutsche Kolonialverwaltung hat aus dem preussischen Rechte den Begriff der
Polızeiherübergenommen. Die Verfügungen, die sie auf Grund ihrer allgemeinen polizeilichen
Befugnisse und über diese hinausgehend auf Grund besonderer Ermächtigungen trifft, kann sie
im Notfalle mittels ds Verwaltungszwanges durchsetzen. Er hat für Weisse 1905 ın
Afrika und der Südsee seine Regelung gefunden. Dem Betroffenen ist ein Rechtsschutz gegen die
polizeilichen Massnahmen gegeben. In einigen Fällen der Vollstreckung wegen Geldforderungen
besteht er darin, dass das Verfahren ein gerichtliches ist, in anderen Fällen ist ein Beschwerdever-
fahren gegeben, welches ın letzter Instanz bis zum Reichskanzler geht.
Die Sıcherheitspolize! in den deutschen Schutzgebieten wird durch die Regeln
des mutterländischen Rechtes nur soweit bestimmt, als für die Europäer eingeführte strafrechtliche
Normen des Reichsrechtes auch nebenbei für die Sicherheitspolizei Bedeutung haben. Im übrigen
aber haben die mutterländischen Bestimmungen, insbesondere diejenigen, welche das Verhältnis
zwischen Verwaltung und Untertan auf dem Gebiete der Freizügigkeit, des Niederlassungs-, des
Vereins- und Versammlungswesens regeln, keine Kraft. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass zu
einer Handlung auf diesen Gebieten der weisse oder farbige Untertan einer Erlaubnis bedürfte,
sondern er hat volle Freiheit des Handelns, sıe ıst nur beschränkt, wenn die Polizei kraft ıhrer all-
gemeinen Zuständigkeit einzuschreiten befugt ist oder auf dem Wege der Rechtssetzung Schranken
geschaffen sind. Diese Schranken können, wie früher dargelegt, durch Verordnung errichtet werden.
Daraus ergibt sich, dass die grundsätzlich vorhandene Bewegungsfreiheit in den Schutzgebieten
leichter und ın weitergehendem Masse beschränkt werden kann, als im Mutterlande. Von be-
sonderer Bedeutung sınd die internationalen sicherheitspolizeilichen Normen, welche Waffen- und
Munitionseinfuhr und -handel in ' Afrika beschränken.
Ebenfalls teils auf internationalen Abmachungen beruhen die Massnahmen der Gesund-
heiıtspolizei, die im Interesse der Eingeborenen sich gegen Einführung und Vertrieb von
Spirituosen, Opium, Kokain usw. richten. Ist im übrigen die Sanitätspolizei der Schutzgebiete
naturgemäss nicht entfernt so ausgebildet wie die mutterländische, so sind doch manche Massregeln
der letzteren gelegentlich übernommen, so der Impfzwang für farbige Arbeiter in einigen Gegenden
von Kamerun und Togo, Schlachthauszwang u. a. m.
Auf dem Gebiete des Kultuswesens ist von höchster Bedeutung die volle Kultus-
und Missionsfreiheit, welche den Angehörigen der im Deutschen Reiche anerkannten Religions-
gesellschaften durch das Schutzgebietsgesetz gewährt worden ist. Mit Beschränkung auf die zum
Kongobecken gehörenden Teile der Schutzgebiete steht dies gesetzliche Recht auf Grund der
Kongoakte den Anhängern aller Kulte zu. Die so gewährte Freiheit ist nicht als eine unbeschränkte