H. Edler von Hoffmann, Kolonialverwaltung.
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zu betrachten. Sie berührt nicht das Recht der Verwaltung, polizeiliche Massnahmen zu treffen,
deren Grundlage nicht die Absicht der Beschränkung der Kultusfreiheit ist, wie z. B. sicherheits-,
gesundheitspolizeiliche usw. Das Schulwesen ist einstweilen noch nicht sehr entwickelt.
IV. Landwesen.
Unter den Fragen wirtschaftlicher Natur, welche die Kolonialverwaltung zu lösen hat, steht
die Landfrage obenan. Für ihre Lösung sind verschiedene Gesichtspunkte von Bedeutung.
Es ıst zunächst von der Regierung den Kolonisten Land zu sichern, welches ihnen neue wirt-
schaftliche Möglichkeiten bietet. Es ıst aber dafür Sorge zu tragen, dass eine wirkliche wirtschaftliche
Benutzung stattfindet und damit Werte in der Kolonie geschaffen werden, welche der Gesamtheit
zugute kommen. Es wird daher bei der Überlassung von sogen. Kronland die Bedingung gestellt,
dass das Land in angemessener Zeit kultiviert wird, widrigenfalls eine Konventionalstrafe verhängt
wird oder auch das Land an den Fiskus zurückfällt. Ob für die Verschaffung des Grundbesitzes
von dem Erwerber eine entsprechende Gegenleistung zugunsten des Fiskus gefordert werden soll
oder nicht, das hängt von den Umständen ab. Die Regel ist die entgeltliche Überlassung auf dem
Wege des Verkaufs oder der Verpachtung. Gelegentlich kann auch eine bessere Förderung der
Kolonisation von der sich der Schenkung nähernden Konzession zu erwarten sein.
In den deutschen Schutzgebieten ist eine Reihe von Konzessionenan Gesellschaften
erteilt worden, die aber nıcht einheitlich charakterisiert werden können. Ihr Inhalt kann der sein,
dass bestimmte, bereits vom Fiskus in Besitz genommene Grundstücke Eigentum der Landgesell-
schaft werden. Insoweit handelt es sich um ein Rechtsgeschäft, welches den Regeln des bürger-
lichen Rechtes untersteht und nur nach diesen Regeln seine Wirksamkeit verlieren kann. Oder
aber es wird der Gesellschaft die Inbesitznahme herrenlosen Landes gestattet. Diese Erlaubnis
bemisst sich nicht nach bürgerlichem, sondern nach Verwaltungsrecht. Als einseitiger Hoheitsakt
kann sie jederzeit zurückgenommen werden, solange die Entziehbarkeit nicht gesetzlich ausge-
schlossen ist. Die Zurücknahme hat aber selbstverständlich keine Kraft, soweit der Konzessions-
inhaber bereits auf Grund seiner Konzession Land zu Eigentum erworben hat. Die Entziehbarkeit
dieser Konzessionen wird nicht dadurch beeinflusst, dass dıe Landgesellschaften Leistungen zu-
gunsten des Staates übernommen haben, die sich als Gegenleistung für die Konzession darstellen.
Die Konzessionen entbehren daher der absoluten Rechtssicherheit. Eine relativ grosse ist ihnen aber
dadurch gegeben, dass im Interesse der wirtschaftlichen Entfaltung der Schutzgebiete sich die Re-
gierung nicht wulkürlich zur Entziehung einer Konzession entschliessen wird, sondern nur dann,
wenn die Gesellschaft ihren Verpflichtungen nicht oder nur ungenügend nachkommt. Selbst dann
aber wird die Gesellschaft insoweit zu entschädigen sein, als sie ihren Verpflichtungen nachgekommen
ıst. Auf diesen Standpunkt hat sich die deutsche Kolonialregierung bei der Entziehung der Kon-
zession der Gesellschaft Nordwestkamerun 1910 gestellt. — Im Zusammenhang mit der Frage der
Konzessionen steht die der Landgesellschaften. Es sind Gesellschaften, die in einem
Schutzgebiete in beträchtlichem Umfange Grundeigentum oder auf Grund einer Konzession das
Recht haben, herrenloses Land in Besitz zunehmen. Die Lage der Landgesellschaften ist zum grossen
Teil nicht sehr glänzend, andererseits werden sie stark angefeindet, da man ihre Konzessionen als
Hindernis für die wirtschaftliche Entwickelung der Schutzgebiete betrachtet und sie beschuldigt,
sich ıhrer nur zur Bodenspekulation zu bedienen. Die Regierung befolgt die Politik, die Konzes-
sıonen, welche in den Jahren, als das europäische Kapital schwer für die Schutzgebiete zu haben war,
in erheblichem Umfange erteilt werden mussten, jetzt möglichst einzuschränken. Dies ist in der
Regel auf dem Wege des Vertrages erfolgt, nur in dem oben erwähnten Falle hat eine einseitige
Entziehung stattgefunden.
Eine Aufgabe der Landpolitik ist es, zu verhüten, dass den Eingeborenen ihr Land und damit
dıe Grundlage ihrer Existenz genommen wird. Hierzu dient zunächst die Feststellung der Besitz-
verhältnisse. Es wird in den tropischen Schutzgebieten Afrikas und in Neu-Guinea amtlich der
Umfang des von den Eingeborenen nicht benutzten Landes festgestellt. Der Staat kann dann über