Willibald Stavenhagen, Das Deutsche Volksheer.
nn n m u EEE nn EO > 0 Z 4 VE
u un
280
nen
— el
Elemente ımmer die nächsten Stammesgenossen und Landsleute gemeinsam dienen und ein alle
Staatsbürger umfassendes gleichartiges Heer von hoher Kultur entsteht.
Die Armee ist nach Moltkes wahrem Wort die vornehmste aller Institu-
tionen in jedem Lande, denn sıe ermöglicht das Bestehen aller bürgerlichen Einrichtungen, alle
politische und bürgerliche Freiheit, alle Schöpfungen der Kultur, dıe Finanzen stehen und fallen
mit dem Heer. Dass ferner das Deutsche Reich mächtig ım Rate der Völker dasteht und für die
Interessen des Deutschtums überall da, wo sıe bedroht werden, eintreten kann, ist vor allem seiner
starken Armee zu verdanken.
Das Heer ist zugleich die wichtigste Schule für das ganze Deutsche Volk,
bildet und erzieht vor allem das höchste Pflichtideal des Menschen, den Charakter, und zwar des
grössten und besten Teils der erwachsenen männlichen Jugend. Sıe wırd dadurch zum tätigen
Ausdruck für alle Tugenden, Gemüts- und Verstandeskräfte des Bürgers, den sıe mıt staatlichem und
kriegerischen Geist erfüllt.
Alle bei der heute in allen Grossmachtheeren ziemlich gleichen Ausbildung, Rüstung und
inneren Fertigkeit, zumal bei schwieriger offensiver Kriegsführung, den Ausschlag gebenden
geistigen und ethischen Kräfte werden entwickelt und dadurch das Volksaufgebot
erst zum nationalen Heer befähigt. Der ıdeale Beruf des vorzugsweise dem Vaterlande dienenden
Kriegers ist für jeden Staatsbürger eine Auszeichnung, des „Königs Rock“ sein Ehrenkleid. Jeder
Deutsche ıst ein geborener Verteidiger seines Landes, der dann ın der Heeresschule durch
eine die Dienstfreudigkeit mehr als der Drill fördernde Erziehung zur Waffenführung aus-
gebildet werden soll.
Neben diesen moralischen Potenzen und der Zahlenstärke wird es vor allem eine hervor-
ragende Führung sein, die dem mit allen intellektuellen und materiellen Mitteln des Staats ge-
schaffenen Deutschen Volksheere, dieser gewaltigsten Offenbarung der inneren und äusseren
Macht unseres Landes, die Ueberlegenheit über seine Gegner zu geben vermag. Daher ist auch die
Heranbildung verantwortungsfreudiger, wagemutiger, urteilsfähiger und selbsttätiger Führer,
besonders für die Schlachten schlagende, daher kriegerisch gewandteste Feldarmee, eine Haupt-
gabe unseres Heeres. Es erzieht sen Offizierkorps selbst, d. h. einen eigenen homogenen
Stand dem obersten Kriegsherrn in gegenseitiger Treue ergebener wirklicher Berufssoldaten mit
höchsten Pflichten und daher auch besonderen Vorrechten, zugleich so reicher militärischer Er-
fahrung, dass er von der Neuheit der Erscheinungen des Krieges nicht überrascht werden kann.!)
Diese bleibenden Träger der besten Überlieferung und des Fortschritts mit ihrem esprit de corps,
ihrem auf gründliches Wissen aufgebauten militärischen Können, ihrer aus der Kriegsgeschichte
wie der eigenen Praxis geschöpften Kriegstechnik im umfassendsten Sinne des Worts bilden das
Rückgrat der Armee und den festen Kitt zwischen den natürlichen Kräften der nur kurze Zeit
dienenden, ım Gegensatz zu den alten Berufsheeren zwar weniger erfahrenen, aber aus Unkenntnis
der Kriegsgefahren sich umso tapferer für eine heilige Sache schlagenden Mannschaften des Volks-
heeres. Das Offizierkorps ist der Kern und Kristallisationspunkt aller kriegerischen Tugenden, ın
ıhm steckt der Geist der Armee, es sichert dem Volksheere die Vorzüge des Berufsheeres ohne dessen
Nachteile. Verantwortungsfreudig setzt es in allen Lagen, auch den aussergewöhnlichsten, seine
ganze Persönlichkeit ein und wird daher schon im Frieden zu einem Lehrer und dem militärischen
Erzieher der ganzen Nation, ein hohen sittlichen Ernst, vollste Hingabe und Liebe zur Sache er-
fordernder wahrhaft ‚adliger“ Beruf: Den Vorgesetzten gegenüber kennt es nur schweigenden
Gehorsam, und die zersetzende Politik bleibt seinen Reihen fern. Im Kriege aber, wo heute schon
jeder Unterführer in den Vordergrund treten kann, ist der Offizier der Führer des Volks in Waffen,
dessen kriegerische Erfolge von der Tüchtigkeit und Leistungsfähigkeit des Offizierkorps zunächst
„bhängen. Besonders hohe Charaktereigenschaften und eine auf der Höhe der Zeit stehende all-
nn on u a LEE nn ul
!) Darf man den Grossen Kurfürsten als den Begründer des stehenden Heeres bei uns bezeichnen, so ist
König Friedrich Wilhelm I. der Gründer des Preussischen Offizierkorps, das er auf die Grundlage des peinlichsten
Ehrbegriffs stellte, und das zum Vorbild für die Offizierkorps Europas allmählich geworden ist. ‚‚Den deutschen
Offizier macht uns niemand nach‘‘ (Bismarck).