Full text: Handbuch der Politik.Dritter Band. (3)

Martin Weigert, Die liberalen Berufe im Allgemeinen. 
  
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Vorbilde des kaufmännischen und gewerblichen Unterrichtswesens ein. Überdies wünschen sie eine 
Verbesserung des Urheber- und Erfinderrechts zugunsten der Angestellten und Gewährleistung 
eines angemessenen ÄAnteiles an dem Nutzen und der praktischen Verwertung der Erfindungen. 
Das gleiche, was von den freischaffenden Vertretern der bildenden Künste gesagt ist, gilt im 
grossen und ganzen auch von den Solisten ım Musikerberufe. Die soziale Stellung und die 
Höhe des Einkommens der letzteren hängt im wesentlichen von dem durch ihre künstlerischen 
Leistungen bedingten guten Klang ihres Namens, sowie von Ihrer Beliebtheit ım Publikum ab. 
Ihnen steht die grosse Masse der Örchestermusiker gegenüber, die zwar ıhr Instrument be- 
herrschen müssen, aber solistisch nicht soweit ausgebildet sind, um innerhalb des Orchesters eine 
bevorzugte Stellung einzunehmen. Das Gehalt eines ständigen Mitglieds einer grossen Kapelle 
schwankt zwischen 1500 und 3000 Mark im Jahre, wovon jedoch ın vielen Fällen Abzüge für die 
Pensionskasse usw. gemacht werden. Konzertmeister- und Solistenstellen beginnen meist mit einem 
Anfangsgehalt von etwa 3000 Mark, das sich in grossen Orchestern auf 5—6000 Mark steigert. 
— Bei kleinen Orchestern, sogenannten Saison-Orchestern, städtischen Kapellen u. a. wırd meist 
eine monatliche Honorierung abgemacht. Die Gage schwankt in solchen Orchestern zwischen 70 und 
150 Mark monatlich, oder wenn Beköstigung und Wohnung geboten wird, zwischen 30 und 100 Mark 
monatlich. Bei vielen kleinen Salonorchestern wird meist auf Teilung gespielt, die dann allwöchent- 
lich reguliert wird. 18 500 deutsche Musiker sind zur Zeit ın Standesvereinen organisiert, von denen 
der 184 Untervereine umfassende ‚Allgemeine Deutsche Musikerverband mit ca. 1650 Mit- 
gliedern (1913, die grösste Bedeutung erlangt hat. Die hauptsächlichsten Forderungen dieser Kreise 
beziehen sich auf ein völliges Verbot gewerblichen Musizierens für Militär- und Beamtenkapellen. 
Sie sind ferner bestrebt, eine reichsgesetzliche Regelung der Verhältnisse der Musiker durch 
Nutzbarmachung der Gewerbeordnung (Kranken- und Invalidenversicherung, Arbeiterschutz, 
Gewerbegericht, Fortbildungsschulzwang, Verbot der Nachtarbeit für Lehrlinge) herbeizuführen. 
Auch suchen sie mit Hilfe ihrer Organisationen unbillige Bedingungen aus den Anstellungsverträgen 
zu beseitigen, eine zeitgemässe Erhöhung und tarifliche, den lokalen Verhältnissen entsprechende 
Festsetzung der Gagen für alle Musikerleistungen herbeizuführen, sowie durch Rechtsschutz, Ein- 
richtung einer Musikerbörse und verschiedene Unterstützungskassen die materielle Lage der 
Musiker zu heben und zu sichern, 
Auch beı den schaffenden Musikern, den Tonsetzern oder Komponisten, haben sich 
gemeinsame sStandesinteressen herausgebildet, welche sie zur Örganisierung in Berufs- 
vereinen, als deren bedeutendste die Genossenschaft deutscher Tonsetzer anzusprechen ist, geführt 
haben. Diese Standesinteressen beziehen sich hauptsächlich auf die wirksame Wahrnehmung aller 
musikalischen Urheber- und Verlagsrechte und die Beratung gemeinsamer, die soziale und wirt- 
schaftliche Hebung des Standes berührender Angelegenheiten durch Erteilung von Rat, Auskunft, 
Begutachtung, Rechtsschutz und Unterstützung bedürftiger und alter Standeskollegen. Von der 
Grenossenschaft ist eine Anstalt für musikalisches Aufführungsrecht ins Leben gerufen worden, 
dıe es sıch zur Aufgabe gemacht hat 1. die musikalischen Aufführungsrechte für die Berechtigten zu 
erwerben und unberechtigte Aufführungen zu verfolgen, 2. den Veranstaltern musikalischer Auf- 
führungen die durch das Urheberrechtsgesetz vorgeschriebene Aufführungsgenehmigung zu erteilen. 
Ihre Tätigkeit besteht darin, dass sie sich von den ihr angeschlossenen Komponisten und Verlegern 
das Aufführungsrecht abtreten lässt, um es in deren Interesse durch Verträge mit Kapellen, Konzert- 
lokalen, Badeverwaltungen, Gastwirten etc. finanziell zu verwerten. 
Die technischen Disziplinen stellen ein verhältnismässig geringes Kontingent zu den 
lıberalen Berufen. Die bei weitem überwiegende Mehrzahl der Ingenieure, Techniker und 
Architekten sind teils als Unternehmer, teils als leitende und mittlere Angestellte industrieller Be- 
triebe, sogenannte Privatbeamte, tätig oder werden als „öffentliche Beamte‘ in den Verwaltungs- 
behörden und Betrieben des Staates und der Kommunen (insbesondere im Hoch- und Tiefbau, im 
Eisenbahnwesen, in der Marine, den kaiserlichen Werften etc.) beschäftigt. Zu den liberalen Berufen 
zählen im wesentlichen nur Zivilingenieure und selbständig künstlerisch schaffende Architekten. 
Sie sind zum Teil in grossen Berufs- und Fachvereinen organisiert (Bund deutscher Architekten, 
Verein deutscher Ingenieure, Verband deutscher Architekten- und Ingenieurvereine, Berliner 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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