Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten. Erster Band. 1905. (1)

184 III. Strafgesetzbnch. — Zweiter Teil. 
Anzeige ist die direkte Strafanzeige wegen Meineids. Unter— 
suchung ist auch das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren. Rechts- 
nachteil ist die üble Folge, welche aus der falschen Aussage bereits, z. B. 
im Zivilprozeß oder im Strafprozeß, erwachsen ist. Widerruf ist die 
Zurücknahme einer früheren Aussage, nicht die Abgabe einer der früheren 
bloß widersprechenden Aussagen. Staatsanwaltschaft und Gericht sind nicht 
dieselbe Behörde. 
Verleitung zum Meineid. 
§ 159. (L.) Wer es unternimmt, einen anderen zur Begehung eines 
Meineides zu verleiten, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren, und wer es 
unternimmt, einen anderen zur wissentlichen Abgabe einer falschen Versicherung 
an Eidesstatt zu verleiten, mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft. 
Der Unternehmer muß also wollen, daß der andere bewußt wider die 
Wahrheit aussagt und schwört. Auch ein Eidesunmündiger kann zum Meineid 
verleitet werden. Der Unternehmer ist strafbar, auch wenn er irrtümlich 
glaubt, was der andere beschwören solle, sei unwahr, während es wahr ist, 
oder wenn der andere gutgläubig die Unwahrheit beeidet. Daß der andere 
überhaupt zur Aussage und zum Eide kommt, ist nicht nötig. Der Unter- 
nehmer muß aber wollen und damit rechnen, daß der andere zum Eide kommt. 
Verleiten, d. i. den Willen eines anderen bestimmen. 
Verleitung zum Falscheid. 
§ 160. (L.) Wer einen anderen zur Ableistung eines falschen Eides 
verleitet, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft, neben welchem auf 
Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, und (L. bez. A.) 
wer einen anderen zur Ableistung einer falschen Versicherung an Eidesstatt 
verleitet, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. 
Der Versuch ist strafbar. 
Hier muß im Gegensatze zu § 159 der andere den Eid wirklich leisten 
und etwas Falsches entweder gegen seinen eigenen Willen, also gutgläubig, 
oder fahrlässig beeiden. Wer einen anderen verleitet, etwas Falsches wissent- 
lich zu beeiden, ist Anstifter. Beim Versuche ist die Verleitung ohne Erfolg 
geblieben, weil der andere aus eigenem Antrieb einen Meineid geleistet hat 
dder von einem Dritten angestiftet worden ist. 
Nebenstrafen. 
§ 161. Bei jeder Verurteilung wegen Meineides, mit Ausnahme der 
Fälle in den §§ 157 und 158, ist auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte 
und außerdem auf die dauernde Unfähigkeit des Verurteilten als Zeuge oder 
Sachverständiger eidlich vernommen zu werden, zu erkennen.
	        
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