Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten. Erster Band. 1905. (1)

242 III. Strafgesetzbuch. — Zweiter Teil. 
Offenbarung von Privatgeheimnissen. 
8 300. (L. bez. A.) Rechtsanwälte, Advokaten, Notare, Verteidiger 
in Strafsachen, Aerzte, Wundärzte, Hebammen, Apotheker, sowie die Gehülfen 
dieser Personen werden, wenn sie unbefugt Privatgeheimnisse offenbaren, die 
ihnen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes anvertraut sind, mit Geld— 
strafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit Gefängnis bis zu drei 
Monaten bestraft. 
Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. 
Privatgeheimnisse sind Geheimnisse, deren Bekanntwerden nicht 
im Interesse der betroffenen Person liegt und dem Ansehen, der Ehre oder den 
Familienverhältnissen derselben Eintrag tun und Schaden zufügen kann. Das 
Geheimniß ist anvertraut, wenn die Verschwiegenheit ausdrücklich bedungen 
worden ist oder sich aus den Umständen der Mitteilung stillschweigend ergibt. 
Ein Verteidiger darf das Geständnis eines Angeklagten ihm gegenüber nicht 
preisgeben, ein Arzt in der Regel nicht ihm bekannt gewordene Geschlechts- 
krankheiten seines Patienten. Antragsberechtigt ist der Verletzte, bei 
Verletzung der Familie der Ehemann oder Vater. 
Ausnutzung Minderjähriger. 
§ 301. (I.) Wer in gewinnsüchtiger Absicht und unter Benutzung des 
Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Minderjährigen sich von demselben 
Schuldscheine, Wechsel, Empfangsbekenntnisse, Bürgschaftsinstrumente oder eine 
andere, eine Verpflichtung enthaltende Urkunde ausstellen oder auch nur 
mündlich ein Zahlungsversprechen erteilen läßt, wird mit Gefängnis bis zu 
sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark bestraft. 
Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. 
Gewinnsüchtig ist jede Absicht, welche auf günstigere Gestaltung der 
Vermögenslage des Täters abzielt, also auch die Absicht, für eine bereits 
bestehende begründete Forderung gegen den Minderjährigen von diesem eine 
Sicherstellung durch Wechsel usw. zu erlangen. Leichtsinn ist die Sorg= 
losigkeit oder der Mangel an Ueberlegung, welche die Folgen einer Handlung 
nicht ermessen. Unerfahrenheit, d. h. in Geschäften der vorliegenden Art. 
Die Volljährigkeit tritt mit dem vollendeten 21. Lebensjahre ein. Sich 
erteilen lassen, d. h. auch entgegen= und annehmen. Antrags- 
berechtigt ist der Minderjährige, für welchen aber die Bestimmungen in 
§ 65 Platz greifen. Gleichzeitige Genehmigung des Vaters oder Vormundes 
bei der Verpflichtungserklärung des Minderjährigen schließt den Tatbestand aus. 
Erschwerungen. 
§ 302. (L.) Wer in gewinnsüchtiger Absicht und unter Benutzung 
des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Minderjährigen sich von dem-
	        
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