fullscreen: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

462 Abschnitt VI. Schadenersatz der Gemeinden. 
Die Staatsregierung ist jedoch berechtigt, die Entfernung der Polizei- 
gefangenen der Gemeinden aus den Kantongefängnissen binnen einer von ihr 
angemessen zu bestimmenden Frist zu verlangen. Den Gemeinden ist in diesem 
Falle für die durch Beschaffung eines anderweitigen Polizeigefängnisses er- 
wachsenden Kosten eine von den Ministern des Innern, der Justiz und der 
Finanzen unter Vorbehalt des Rechtsweges festzustellende Pauschalentschädigung 
zu gewähren. Bei Normirung dieser Entschädigung ist die tägliche Durch- 
schnittszahl der Polizeigefangenen während der letzten drei Jahre zu Grunde zu 
legen, jedoch mit der Maßgabe, daß die den Gemeinden zu gewährende Ent- 
schädigung den Taxwerth des Kantongefängnisses zur Zeit der Uebernahme des 
Gebäudes nicht übersteigen darf. 
§. 4. Den Gemeinden verbleibt das Eigenthum derjenigen Kanton- 
gefängnisse: 
a) gien sich in gleichzeitig anderen Zwecken dienenden Gemeindegebäuden 
efinden; 
b) welche die Staatsregierung bis zum Tage des Inkrafttretens dieses 
Gesetzes den Gemeinden belassen zu wollen erklärt. 
Dem Staate steht, bis für das Bedürfniß anderweitig gesorgt ist, die 
Mitbenutzung auch solcher Kantongefängnisse gegen Zahlung der Heizungs- 
Reinigungs= und Verpflegungskosten zu. " 
§. 5. Die wegen Vergehen oder Uebertretungen gerichtlich erkannten oder 
durch amtsrichterlichen Strafbefehl endgültig festgesetzten Geldstrafen fließen 
soweit sie bisher gemäß der Allerhöchsten Ordre vom 27. Dezember 1822 dem 
Polizei= und Zuchtpolizei= Strafgelderfonds zukommen, oder den Gemeinden 
direkt zuflossen, zur Staatskasse. 
Die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtskräftig erkannten, beziehungs- 
weise endgültig festgesetzten Geldstrafen sowie der alsdann vorhandene Kapital-- 
bestand des Polizei= und Zuchtpolizei-Strafgelderfonds verbleiben nach Maßgabe 
des §. 15 des Dotationsgesetzes vom 8. Juli 1875 zur Verfügung des Pro- 
vinzialverbandes der Rheinprovinz. 
§. 6. Der Staat verzichtet auf Rückforderung der den Gemeinden für 
Unterbringung von Haftgefangenen in Kantongefängnissen ohne rechtlichen Grund 
erstatteten Kosten. 
Den Gemeinden werden die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes von ihnen 
seit dem 1. April 1878 verauslagten Kosten für Unterbringung von Haft- 
gefangenen, soweit dieselben wegen Uebertretungen verurtheilt sind, welche nach 
dem code pénal nicht zu den contraventions de simple police gehörten, aus 
der Staatskasse erstattet. 
8. 7. Die vorstehenden Bestimmungen finden auf die den Kreisverbänden 
gehörigen Kantongefängnisse sinngemäße Anwendung. 
§. 8. Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. April 1888 in Kraft. 
  
Gesetz vom 11. März 1650 (G. S. S. 199), betr. die Verpflichtung 
der Gemeinden zum Ersatz des bei öffentlichen Aufläufen 
verursachten Schadens. 
Einer Gemeinde, die nach dem Gesetze vom 11. März 1850 wegen eines auf 
ihrem Gebiete bei einem öffentlichen Auflauf an Personen oder Eigenthum mit Ge- 
walt verübten Schadens in Anspruch genommen wird, kommt nicht der Einwand zu 
statten, daß sie den Auflauf oder den Schaden nicht habe verhindern können, Erk. 
O. Trib. 15. Febr. 1875 (E. B. 74 S. 124) (in casu handelte es sich um eine 
Stadt, in welcher die Polizei vom Staate verwaltet wird). 
Für Beschädigung von Sachen, welche bei Tumulten vorfallen, haften laut §. 11 
Vd. 17. Aug. 1835 (G. S. S. 170) nicht nur die Urheber derselben, sondern auch 
alle diejenigen solidarisch: # 
a) welche sich bei einem Auflaufe irgend eine gesetzwidrige Handlung haben zu 
Schulden kommen lassen, und
	        
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